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16. Oktober 2025 - Oktober-Plenum

Kinderreiche Familien sollen besser unterstützt werden

Laut SSW wird Familien mit drei oder mehr Kindern politisch und gesellschaftlich zu wenig Beachtung geschenkt. Die Landesregierung zählt in einem Bericht zum Thema ihre Erfolge auf und sieht sich auf dem richtigen Weg.

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SSW-Fraktionschef Christian Dirschauer: „Kinderreiche Familien müssen stärker in unseren Fokus und brauchen Unterstützung.“
© Foto: Thomas Eisenkrätzer

In Schleswig-Holstein gelten Familien mit drei oder mehr Kindern als kinderreich – und davon gibt es rund 40.000 im Land. Sie stehen häufig vor größeren finanziellen und organisatorischen Herausforderungen als kleinere Familien. In der Debatte machte SSW-Fraktionschef Christian Dirschauer deutlich: „Kinderreiche Familien sind überproportional von Armut betroffen und in vielen Bereichen benachteiligt – sie müssen stärker in unseren Fokus und brauchen Unterstützung.“ Aus Sicht des SSW müsse sich das ändern – daher habe man den Bericht gefordert: „Egal ob in der frühkindlichen Bildung, beim Ganztag, im Wohnungsbau oder bei der Mobilität – überall sollte die Perspektive kinderreicher Familien mitgedacht werden.“

Laut Bericht der Landesregierung ist die Armutsgefährdung in Familien mit drei oder mehr Kindern doppelt so hoch wie bei kleineren Familien. Nur 78 Prozent bestreiten ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigener Erwerbstätigkeit, ein Viertel bezieht Bürgergeld. Zugleich sinkt das Pro-Kopf-Einkommen deutlich – auf 1.488 Euro monatlich. Viele Familien kämpfen mit steigenden Lebenshaltungskosten, eingeschränkter Mobilität und dem Mangel an passendem Wohnraum.

Zustimmung von der Ministerin

 

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Sozialministerin Aminata Touré (Grüne): „Wir brauchen eine Gesellschaft, die Kinderreichtum nicht als Belastung sieht, sondern als Bereicherung.“
© Foto: Thomas Eisenkrätzer

Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) dankte dem SSW für die Initiative und hob hervor, dass viele der nun vorliegenden Daten bislang nicht auf Landesebene erhoben worden seien. Es sei eine „bittere Realität“, dass das Armutsrisiko mit jedem Kind steige: „Wir brauchen eine Gesellschaft, die Kinderreichtum nicht als Belastung sieht, sondern als Bereicherung.“ Der Bericht zeige deutlich, dass Kinder „einen erheblichen Einfluss auf die finanzielle Situation einer Familie“ hätten. „Für uns ist klar: Kinder zu bekommen darf keine Armutsfalle sein“, sagte Touré. Schleswig-Holstein biete zwar bereits eine breite Unterstützung – vom Kita-Beitragsdeckel über Geschwisterermäßigungen bis zu Zuschüssen für Freizeit- und Wohnungsbauprogramme. Künftig wolle man aber kinderreiche Familien stärker in die Sozialberichterstattung einbeziehen.

Von der CDU kam Unterstützung. Dagmar Hildebrand unterstrich, dass Mehrkindfamilien „ein Gewinn für unsere Gesellschaft“ seien und weiter gestärkt werden müssten. Schleswig-Holstein habe in den letzten Jahren viele Schritte unternommen, um Familien zu entlasten – etwa bei Kitagebühren, beim Schulticket und beim Wohnungsbau. Catharina Nies (Grüne) stellte heraus, dass Eltern mit mehreren Kindern genauso viel arbeiteten wie andere, ein großer Teil ihrer Leistung – die sogenannte Care-Arbeit, also Sorgearbeit für Kinder und Familie – jedoch oft nicht ausreichend wahrgenommen werde. Diese Arbeit brauche mehr gesellschaftliche Wertschätzung. „Es kann nicht nur darum gehen, dass beide Elternteile Vollzeit arbeiten“, so Nies.

Weitere Beratung im Sozialausschuss

Kritische Töne kamen von der SPD. Sophia Schiebe lobte zwar die Datengrundlage, bemängelte aber, der Bericht bleibe „bei der Beschreibung stehen, ohne eine Strategie zu liefern“. Er liste Zahlen, „aber er übersieht das Leben dahinter“. Viele Mehrkindfamilien jonglierten mit steigenden Kosten, Betreuungslücken und zu wenig Wohnraum. Förderprogramme würden zu selten überprüft, und oft fielen Familien „knapp über der Förderlinie“ durch jedes Raster.

Heiner Garg (FDP) erklärte, es gehe weniger um neue Programme, sondern um verlässliche Rahmenbedingungen: „Meine Zielvorstellung ist, dass Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen und drei oder mehr Kinder haben, davon gut leben können.“ Dazu gehöre auch, dass Kinderbetreuung perspektivisch kostenfrei werde und jedes Kind „in der Kita oder in der Grundschule eine warme Mittagsmahlzeit bekommen sollte“. Der Bericht wurde einstimmig zur weiteren Beratung in den Sozialausschuss überwiesen.

Kinder kosten Geld, die ganz besonderen Herausforderungen für Familien mit drei oder mehr Kindern hat die SSW-Fraktion bei ihrem Antrag auf schriftlichen Bericht der Landesregierung zur Situation kinderreicher Familien im Blick. Politisch und gesellschaftlich werde ihnen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet, heißt es zur Begründung. 

Die acht Fragen des Antrags reichen von Informationen zur sozialen und wirtschaftlichen Situation über die Unterstützung in den Bereichen Kita und Schule bis hin zu Wohnungserwerb und -bau sowie Mobilität und von der Landesregierung bereitgestellten Haushaltsmitteln.

Stärkeres politisches Augenmerk

Viele Zwei-Kind-Familien würden sich mehr Kinder wünschen und sich trotzdem dagegen entscheiden, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmten. „Der Wohnraum wird teurer, die Mobilität herausfordernder, es wird schwieriger, die Familie und das Arbeitsleben unter einen Hut zu bringen“, heißt es im Antrag. Kinderreiche Familien leisteten aber einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag in einer schrumpfenden Gesellschaft, darum solle die Politik ein stärkeres politisches Augenmerk auf diese Gruppe richten.

In ihrem Bericht betont die Landesregierung, dass sie Familien mit vielen Kindern gezielt fördern möchte. Kinderreichtum sei wichtig für die Gesellschaft, könne aber auch eine Belastung sein, deshalb solle verhindert werden, dass viele Kinder zu finanziellen Problemen führen. Kinderreiche Familien sollten gute Startchancen und faire Lebensbedingungen bekommen.

Bei einigen Problemen Bundesebene gefragt

Dafür gebe es bereits viele Maßnahmen. Kita-Beiträge seien gedeckelt, es gebe Geschwisterermäßigungen und Unterstützung bei Ferien- und Freizeitangeboten. Auch Themen wie Wohnen, Arbeit, Mobilität und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stünden bereits im Fokus. Ziel sei, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern und die Hilfe transparent und planvoll zu gestalten.

Einige Probleme können laut Bericht nur auf Bundesebene gelöst werden, etwa finanzielle Fragen. Deshalb setze sich die Landesregierung auch im Bundesrat und in Fachkonferenzen für bessere Gesetze ein. Sie prüfe regelmäßig, ob ihre Maßnahmen wirken, und verbessere sie bei Bedarf. Durch Zusammenarbeit verschiedener Ministerien solle die Unterstützung kinderreicher Familien dauerhaft gesichert werden.

Top 38:

Antrag der SSW-Fraktion:

Drucksache 20/2935

Regierungsbericht:

Drucksache 20/3360