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15. Oktober 2025 - Oktober-Plenum

Breite Mehrheit will AfD-Verbot prüfen

CDU, Grüne, SPD und SSW lassen prüfen, ob die AfD gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstößt. Ergibt die Prüfung belastbare Hinweise, soll sich Schleswig-Holstein für ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht starkmachen.

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Birte Glißmann (CDU): „Wir müssen und dürfen nicht darauf warten, dass sich die Gefahren für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung erst verwirklicht haben.“
© Foto: Thomas Eisenkrätzer

Nach dem Willen einer breiten Mehrheit im Landtag soll die AfD auf ihre Verfassungstreue überprüft werden. Falls diese Prüfung „belastbare“ Ergebnisse erbringt, soll die Landesregierung ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anstoßen. Das sieht ein Antrag von CDU, Grünen, SPD und SSW vor, den das Parlament mit großer Mehrheit beschlossen hat. Die AfD sei völkisch-nationalistisch, rassistisch und rechtsextremistisch, sagte SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli: „Wenn eine Partei planvoll die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen will, dann darf die wehrhafte Demokratie nicht nur kritisieren, dann muss sie handeln.“ Lediglich die FDP zeigte sich skeptisch und enthielt sich in der Abstimmung. 

„Wir müssen und dürfen nicht darauf warten, dass sich die Gefahren für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung erst verwirklicht haben“, betonte Birte Glißmann (CDU). Stimmen aus den Unionsparteien auf Bundesebene, die Ausgrenzung der AfD zu beenden, erteilte sie eine Absage: Diskussionen über mögliche Formen der Zusammenarbeit „verkennen unsere historische Verantwortung“, so Glißmann. Lasse Petersdotter (Grüne) verwies auf das „Potsdamer Treffen“, bei dem Ende 2023 Berichten zufolge auch AfD-Vertreter die massenhafte „Remigration“ von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gefordert hatten. Gegen derartige Bestrebungen „legen wir die Werkzeuge der wehrhaften Demokratie auf den Tisch“. 

Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird abgewartet

Nach den Plänen der vier Landtagsfraktionen soll zunächst eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln abgewartet werden. Dort wird derzeit über einen Eilantrag der AfD entschieden. Die Partei fordert, ihre Einstufung als gesichert rechtsextrem durch den Bundesverfassungsschutz zurückzunehmen. Das Bundesamt hatte die Alternative für Deutschland im Mai insgesamt als rechtsextremistisch eingestuft, dieses Urteil aber ausgesetzt, bis das Gericht entschieden hat. Nach dem Richterspruch „soll unter Federführung des Bundes eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt werden, um Anhaltspunkte und Belege für ein Feststellungsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zusammenzutragen“, heißt es in dem Kieler Antrag. „Dabei sind neben einem Verbot die Möglichkeit eines Teilverbots einzelner Landesverbände sowie der Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung in die Prüfung einzubeziehen.“ 

„Wir machen das, weil wir wissen, was uns blüht, wenn die AfD an die Macht kommt“,  unterstrich Christian Dirschauer (SSW). Gerade der SSW als Minderheitenvertretung sei sich der Gefahr bewusst. „Diese Partei ist nicht eine unter vielen“, So Dirschauer: „Sie ist nicht einfach sehr konservativ oder reaktionär. Sie ist rechtsextrem.“ Auch Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) unterstützte den Antrag. Die AfD sei eine Partei, die sich „in vielen Bereichen längst jenseits der demokratischen Kräfte positioniert“ habe. „Wir haben die Instrumente des Grundgesetzes, um unsere Demokratie vor ihren Feinden zu schützen“, so die Ministerin. 

FDP lehnt Arbeitsgruppe ab

„Bei der politischen Einschätzung der AfD sind wir uns weitgehend einig“, merkte Christopher Vogt (FDP) an. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, um die Partei zu bewerten, lehnten die Liberalen jedoch ab: „Wir sollten die Verfassungsschutzbehörden ihre Arbeit machen lassen“, denn auch daraus könne ein Verbotsverfahren folgen. Im Zentrum müsse die politische Auseinandersetzung stehen: „Der größte Teil ihrer Wähler sind Menschen, die von den etablierten Parteien massiv enttäuscht sind.“ Grund für die jüngsten AfD-Erfolge seien „Abstiegsängste der breiten Mittelschicht und das nachlassende Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unseres Staates“. 

Nach dem Willen einer breiten Mehrheit im Landtag soll die AfD auf ihre Verfassungstreue überprüft werden. Falls diese Prüfung „belastbare“ Ergebnisse erbringt, soll die Landesregierung ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anstoßen. Das sieht ein Antrag von CDU, Grünen, SPD und SSW vor, der nun im Landtag beraten wird. Es gehe darum, „die Mittel der wehrhaften Demokratie sorgfältig abgewogen aber entschlossen anzuwenden, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen“.

Zunächst soll aber eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln abgewartet werden. Dort wird derzeit über einen Eilantrag der AfD entschieden. Die Partei fordert, ihre Einstufung als gesichert rechtsextrem durch den Bundesverfassungsschutz zurückzunehmen. Das Bundesamt hatte die Alternative für Deutschland im Mai insgesamt als rechtsextremistisch eingestuft, dieses Urteil aber zunächst ausgesetzt, bis das Gericht entschieden hat. Mehrere Landesverfassungsämter haben zudem einzelne AfD-Landesverbände als rechtsextrem verortet, etwa in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. In allen anderen Bundesländern gilt die Partei als Verdachtsfall. Für den Fall, dass die Einstufung vor Gericht Bestand hat, solle ein Verbotsverfahren eingeleitet werden, betonen die vier Fraktionen in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Bislang fünf Parteiverbotsverfahren in der Bundesrepublik

Falls aber die AfD vor dem Kölner Gericht Recht bekommt, „soll unter Federführung des Bundes eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt werden, um Anhaltspunkte und Belege für ein Feststellungsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zusammenzutragen“, heißt es in dem Antrag der Landtagsfraktionen. „Dabei sind neben einem Verbot die Möglichkeit eines Teilverbots einzelner Landesverbände sowie der Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung in die Prüfung einzubeziehen.“ Sollten entsprechende Erkenntnisse vorliegen, fordern die Fraktionen, ein Verbotsverfahren beim BVerfG zu starten.

In der Geschichte der Bundesrepublik hat es bislang fünf Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gegeben. 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei, die als Nachfolgeorganisation der NSDAP galt, verboten. Ebenfalls mit einem Verbot endete 1956 das Verfahren gegen die kommunistische KPD. Die Verfahren gegen die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei und die Nationale Liste scheiterten 1994 daran, dass das BVerfG beide Gruppierungen als Vereine und nicht als Parteien betrachtete. Das 2001 von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung eingeleitete Verfahren gegen die NPD wurde in Karlsruhe 2003 eingestellt, weil V-Leute des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der Partei tätig waren. 2013 beantragte der Bundesrat erneut ein Verbot der NPD. Auch dies blieb erfolglos, weil die Richter keine „Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele“ feststellten. Sprich: Die Partei galt zwar als rechtsextrem und verfassungsfeindlich, gleichzeitig aber auch als unbedeutend.

TOP 31:

Antrag der Fraktionen von CDU, Grünen, SPD, SSW:

Drucksache 20/3694