Rund 80 Schülerinnen und Schüler, Azubis und FSJ’ler aus ganz Schleswig-Holstein sind auch in diesem Jahr für ein Wochenende im Landeshaus zusammengekommen, um im Rahmen von „Jugend im Landtag“ zu diskutieren, Kompromisse zu suchen und ihre Interessen vorzubringen. „Die Ideen und Beschlüsse von ‚Jugend im Landtag‘ haben in den letzten Jahren die Arbeit der Abgeordneten immer wieder inspiriert“, sagte Landtagsvizepräsidentin Beate Raudies in ihrem Grußwort: „Machen Sie uns auf Ihre Sicht der Dinge aufmerksam, teilen Sie uns Ihre Meinungen mit und stellen Sie Ihre Forderungen!“
Eine breite Mehrheit wandte sich gegen die geplante Wiederbelebung der Wehrpflicht. „Ich will ein freies Leben führen, aber ich will keine Menschen töten“, sagte Teilnehmer Thilo in einer emotionalen Debatte. Pauline sah das ähnlich: „Junge Menschen gehören in die Ausbildung oder an die Uni, aber nicht in einen Pflichtdienst.“ Colins Gegenrede („Wir müssen verteidigungsfähig bleiben“) fand nur wenig Unterstützung. Der vom Landtag im Oktober angeregte Weg zu einem AfD-Verbotsverfahren erhielt grundsätzlichen Zuspruch. JiL möchte „sofort“ eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einrichten, die eine wasserdichte Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ anbahnt.
Kostenlose „Party-Busse“ im ländlichen Raum
In der „Stadtbild“-Debatte über öffentliche Angsträume verwiesen die Jugendlichen auf die „Safe now“-App, die bereits erfolgreich am Hamburger Hauptbahnhof erprobt werde: Per Handy könnten dort im Notfall Sicherheitsdienst und Sanitäter „diskret und niedrigschwellig“ herbeigerufen werden. Dies sei insbesondere für Frauen eine große Hilfe. Im ländlichen Raum regten die Jugendlichen kostenlose „Party-Busse“ an – für den sicheren Heimweg nach der Disco. Menstruation sei nach wie vor ein „Tabuthema“, so Teilnehmerin Sternchen. Sie fand breiten Zuspruch für ihre Forderung nach kostenlosen Hygieneprodukten auf öffentlichen Toiletten. Auch die Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetzbuch steht in dem Wunschkatalog, denn „Selbstbestimmung ist kein Verbrechen“, wie Antragstellerin Jette betonte.
Zudem sieht die „Jugend im Landtag“ Reformbedarf an den Schulen. Künftig soll es dort „verpflichtende Präventionsmodule“ geben, um Mobbing, Gewalt und Diskriminierung zurückzudrängen. Bereits in der vierten Klasse soll das Thema nach dem Willen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Rolle spielen, danach sollen jährlich neue Aspekte wie digitales Mobbing, Suchtprobleme, Leistungsdruck und Stressbewältigung dazukommen. Neue Schwerpunkte wie Medienkompetenz, Verbraucherbildung, ein jährlicher „Klimabildungstag“, regelmäßige „Demokratietage“, mehr Zeit für individuelles Lernen sowie Erste-Hilfe-Kurse stehen ebenfalls auf der Liste. Der Unterricht soll an weiterführenden Schulen „frühestens um 8:30 Uhr“ beginnen, und für Kinder aus einkommensschwachen Familien sollen „notwendige Schulmaterialien“, inklusive digitaler Ausstattung und Klassenfahrten, kostenfrei werden. Das Mittagessen soll gratis für alle sein. Und: Hip-Hop-Songs gehören für „Jugend im Landtag“ in den Deutsch- und den Musikunterricht, denn „Lyrik kann auch Spaß machen“, so Rap-Fan Tristan.
Abschlussdiskussion im kommenden Frühjahr
Die insgesamt 90 Vorschläge der Teilnehmenden im Alter von 14 bis 21 Jahren werden nun den Fraktionen, den Landesministerien und den schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten vorgelegt. Deren Stellungnahmen bilden die Grundlage einer Abschlussdiskussion im kommenden Frühjahr. Es war das 38. Treffen der „Jugend im Landtag“. Geleitet wurde die Tagung von einem neu gewählten Präsidium. Es besteht aus der 16-jährigen Julia Schachl, Schülerin aus Itzehoe, Jette Spinger (16), Schülerin aus Schleswig, Justus Hartmann (17), Schüler aus Kiel, und Jan Langeloh, 21- jähriger Student aus Wedel.
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