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11. Dezember 2025 - Dezember-Plenum

Vertrauliche Northvolt-Akten: „Berlin muss liefern“

Der Landtag wirft dem Bund vor, Schleswig-Holstein unzureichend über zentrale Entwicklungen im Northvolt-Verfahren informiert zu haben. Ohne volle Transparenz könne das Parlament keine verantwortbaren Entscheidungen treffen.

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Bernd Buchholz (FDP) beklagte ein „höchst unwürdiges Schauspiel“.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Kiel kontra Berlin: Der Landtag ruft die Bundesregierung auf, ihre „unrechtmäßige restriktive Informationspolitik“ beim Thema Northvolt zu beenden „und das Land wieder vollumfänglich zu informieren“. Das forderten alle Fraktionen in einem gemeinsamen Antrag.

Bernd Buchholz (FDP), der die Debatte angestoßen hatte, beklagte ein „höchst unwürdiges Schauspiel“. Die Bundesregierung habe zu akzeptieren, dass ihre Pflichten gegenüber den Verfassungsorganen Landtag und Landesregierung „auf Augenhöhe zu erfüllen sind“. 

Vertrauliche Dokumente öffentlich

 

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Die Weitergabe vertraulicher Akten sei eine Straftat, unterstrich Lukas Kilian (CDU).
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Das Land Schleswig-Holstein und der Bund hatten den schwedischen Batteriehersteller jeweils mit einer Bürgschaft über 300 Millionen Euro unterstützt, um den Bau einer Fabrik bei Heide zu ermöglichen. Inzwischen ist Northvolt insolvent, und sowohl Schleswig-Holstein als auch die Bundesregierung mussten dafür finanziell geradestehen.

Unterdessen kamen vertrauliche Dokumente über die Medien an die Öffentlichkeit, und das Bundeswirtschaftsministerium vermutet die undichte Stelle im Norden. Konsequenz: Berlin hat seinen Informationsfluss an Landtag und Landesregierung gedrosselt. 

Details unbekannt

 

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Lasse Petersdotter (Grüne): „Wir haben ein Problem, wenn Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind, in der Öffentlichkeit landen.“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Dies widerspreche der Verwaltungsvereinbarung zur gemeinsamen Northvolt-Hilfe, moniert nun das Landesparlament. Man sei auf vollständige Einsicht angewiesen, um die geplante Übernahme des Projekts durch den US-Konzern Lyten beurteilen zu können. Kianusch Stender (SPD) erinnerte daran, dass die Abgeordneten Entscheidungen über Millionen Euro treffen müssten, ohne derzeit alle Details zu kennen.

Die „immer wieder auftretenden Indiskretionen“ kritisierten die Abgeordneten ausdrücklich. „Wir haben ein Problem, wenn Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind, in der Öffentlichkeit landen“, betonte Lasse Petersdotter (Grüne). Die Weitergabe vertraulicher Akten sei eine Straftat, unterstrich Lukas Kilian (CDU). 

Land zur Klage bereit

 

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Kianusch Stender (SPD) erinnerte daran, dass die Abgeordneten Entscheidungen über Millionen Euro treffen müssten, ohne derzeit alle Details zu kennen.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Trotz des Daten-Lecks: Die Landesregierung soll in der Hauptstadt Druck machen, „zunächst auf politischem Wege“. Auch juristische Schritte gegen die „Informationsblockade“ wurden nicht ausgeschlossen. „Nun muss Berlin liefern“, sagte Sybilla Nitsch (SSW): „Wenn Berlin nicht liefert, müssen wir andere Wege finden.“ Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) nannte den Wunsch des Parlaments „verständlich“. Sein Ministerium sei bereits aktiv geworden: „Es bewegt sich etwas im Bund.“ Im Notfall sei das Land bereit zu klagen.    
 

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„Nun muss Berlin liefern“, sagte Sybilla Nitsch (SSW).
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Schleswig-Holstein hat 2024 mit dem Bund eine Vereinbarung zur Absicherung der Northvolt-Wandelanleihe über 600 Millionen Euro geschlossen. Diese Vereinbarung verpflichtet den Bund, das Land über wichtige Änderungen im Projektablauf zu informieren. Die FDP-Fraktion sieht genau dieses Recht verletzt. In ihrem Antrag verweisen die Liberalen auf neue Fragen zur Mittelverwendung nach der Insolvenz von Northvolt AB und der geplanten Übernahme durch das amerikanische Unternehmen Lyten. Der Bund hätte das Land über diese Änderungen vollständig informieren müssen, heißt es im Antrag. Dies sei nicht geschehen.

Die FDP kritisiert, dass der Landtag trotz der fehlenden Informationen Entscheidungen bezüglich Northvolt treffen solle. Ein Parlament könne nur auf Basis voller Transparenz handeln. „Diese Art der Informationspolitik erlaubt keine angemessene parlamentarische Beurteilung“, hatte der frühere Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) vergangene Woche in einer Sitzung von Wirtschafts- und Finanzausschuss betont. Die Landesregierung müsse nun bei der Bundesregierung auf vollständige Auskunft drängen und ihre Rechte notfalls gerichtlich durchsetzen, um alle nötigen Unterlagen zu erhalten.

Entscheidung über weitere Mittel und finanzieller Hintergrund

Die beiden Ausschüsse hatten in der vergangenen Woche über die Verwendung noch verfügbarer Millionen aus einer Wandelanleihe zur Rettung der bislang nicht von der Northvolt-Insolvenz betroffenen deutschen Tochter beraten. Die Koalitionsfraktionen CDU und Grüne hatten einer Freigabe weiterer Mittel zugestimmt, die drei Oppositionsfraktionen SPD, FDP und SSW lehnten dies ab.

Im Gegensatz zur schwedischen Muttergesellschaft ist die deutsche Northvolt-Tochter nicht insolvent. Das Unternehmen hatte von der staatlichen Förderbank KfW für den geplanten Fabrikbau bei Heide über eine Wandelanleihe rund 600 Millionen Euro erhalten. Bund und Land bürgten für die Wandelanleihe jeweils zur Hälfte. Hinzu kamen 20 Millionen Euro für Zinsen und Verfahrenskosten. Davon soll noch 264 Millionen Euro erhalten sein. Das übrige Geld wurde dort bereits verbaut oder beispielsweise für den Kauf von Maschinen und Land eingesetzt. Eine Wandelanleihe ist keine Förderung im eigentlichen Sinn. Sie ermöglicht es dem Empfänger, das Geld zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise in Unternehmensanteile umzuwandeln.

Anhaltende Finanzierungsprobleme

Northvolt galt als Hersteller von Batterien für E-Autos lange Zeit als große Hoffnung der europäischen Automobilbranche. Wegen anhaltender Finanzierungsprobleme stellte das Unternehmen Mitte März Insolvenzantrag für den Betrieb in Schweden. Im August kündigte das US-Unternehmen Lyten an, alle verbliebenen Standorte zu übernehmen, darunter auch die im Bau befindliche Fabrik bei Heide in Schleswig-Holstein. Der Deal ist aber noch nicht abgeschlossen.

Antrag der FDP-Fraktion:

Drucksache 20/3855