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§ 55

Persönliche Bemerkungen

(1) Persönliche Bemerkungen sind erst nach Schluß der Beratung eines Gegenstandes oder im Falle der Vertagung am Schluß der Sitzung zulässig. Wer das Wort zu einer persönlichen Bemerkung erhält, darf nur Angriffe auf die eigene Person zurückweisen oder eigene Ausführungen berichtigen.

(2) Auch außerhalb der Tagesordnung kann die Präsidentin oder der Präsident das Wort zu einer persönlichen Erklärung erteilen, die ihr oder ihm vorher schriftlich mitzuteilen ist.

Kommentar

1. Persönliche Bemerkung und persönliche Erklärung

§ 55 eröffnet die Möglichkeit, im Wege der persönlichen Bemerkung bzw. der persönlichen Erklärung Angelegenheiten zur Sprache zu bringen, die inhaltlich weder als Sachbeitrag noch als Bemerkung zur Geschäftsordnung bezeichnet werden können oder zulässig wären.

2. Die persönliche Bemerkung (Absatz 1)

Die persönliche Bemerkung nach Absatz 1 ist ihrem Inhalt nach insoweit beschränkt, als die Rednerin oder der Redner mit ihr nur während der Beratung erfolgte Angriffe auf die eigene Person zurückweisen oder eigene im Rahmen der Beratung vorgetragene Ausführungen berichtigen darf. Persönliche Bemerkungen und Erklärungen sind daher keine Debattenbeiträge und dürfen sich „nicht mit der von einem anderen Redner vorgetragenen Auffassung in der Sache auseinandersetzen“ (Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, § 30 GO-BT, Erl. 2).

Weil die persönliche Bemerkung der unmittelbaren Klarstellung und damit oftmals dem ungestörten Tagungsablauf und dem Beratungsklima dienen soll, ist sie nicht nur dem Wortlaut des Absatzes 1 Satz 1 entsprechend zulässig; die oder der einzelne Abgeordnete hat vielmehr nach ständigem Parlamentsbrauch einen Anspruch darauf, dass ihr oder ihm das Wort zu einer persönlichen Bemerkung erteilt wird, und zwar nach Schluss der Beratung des jeweiligen Gegenstandes oder im Fall der Vertagung am Schluss der Sitzung.

3. Die persönliche Erklärung (Absatz 2)

3.1  Der Inhalt der persönlichen Erklärung nach Absatz 2 muss nicht mit der Beratung eines bestimmten Tagesordnungspunktes in Verbindung stehen. Die persönliche Erklärung ist vielmehr thematisch grundsätzlich nicht begrenzt. Man wird allerdings verlangen müssen, dass sich die persönliche Erklärung auf Angelegenheiten bezieht, von denen die oder der Erklärende selbst – möglicherweise auch nur als Mitglied einer Personengruppe, etwa einer politischen Partei – betroffen ist und deren Ansprache gerade im Parlament für die parlamentarische Arbeit der oder des Erklärenden von Bedeutung ist.

3.2  Damit diese Möglichkeit, im Plenum gegebenenfalls auch außerhalb der Tagesordnung zu Wort zu kommen, nicht missbraucht werden kann, steht es im pflichtgemäßen Ermessen der oder des Präsidenten, ob sie oder er eine persönliche Erklärung zulässt oder nicht. Damit die Präsidentin oder der Präsident dieses Ermessen sachgerecht ausüben kann, ist ihr oder ihm der Wortlaut der persönlichen Erklärung nach der Geschäftsordnung vorab schriftlich mitzuteilen. In der Praxis hat die Präsidentin oder der Präsident allerdings zumeist auf die vorherige schriftliche Vorlage der beabsichtigten Erklärung verzichtet. Damit hat sie oder er sich dann aber auch der Möglichkeit begeben, einem eventuellen Missbrauch der persönlichen Erklärung dadurch zuvorzukommen, dass sie gar nicht erst zugelassen wird. Ein solcher Missbrauch könnte vorliegen, wenn der beabsichtigten Erklärung der persönliche Bezug zum Erklärenden fehlt oder ihre vorgesehene Länge (vgl. nachfolgend Erl. 4) die Missbrauchsgrenze überschreitet.

4. Zeitliche Begrenzung

Weder für die persönliche Bemerkung noch für die persönliche Erklärung sieht die Geschäftsordnung eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung etwa entsprechend § 54 Abs. 2 vor. Dieser Umstand ist bei der persönlichen Erklärung nach Absatz 2 unbedenklich, weil es hier die Präsidentin oder der Präsident in der Hand hat, sich diese Erklärung vor ihrer Abgabe schriftlich vorlegen zu lassen und sie gegebenenfalls nicht zuzulassen, wenn sie ihr oder ihm etwa zu umfangreich erscheint. Die persönliche Bemerkung nach Absatz 1 dagegen liegt der Präsidentin oder dem Präsidenten nicht vor ihrer Abgabe vor. Sie oder er kann deshalb nur während der Abgabe selbst eingreifen, wenn dieses parlamentarische Mittel für zu umfangreiche Ausführungen missbraucht wird. Hierbei wird die Missbrauchsgrenze im Interesse eines geregelten und zügigen Ablaufs der Sitzung nicht zu weit hinauszuschieben sein. Schwerpunkt der parlamentarischen Beratungen soll nach dem Gesamtinhalt aller Vorschriften über die Beratung die Sachdebatte sein. Aus diesem Grunde wird die Redezeitbegrenzung auf drei Minuten nach § 54 Abs. 2 entsprechend angewandt.

5. Persönliche Bemerkung von Mitgliedern der Landesregierung

§ 55 beschränkt die Möglichkeit, persönliche Bemerkungen und persönliche Erklärungen abzugeben, nicht auf die Abgeordneten. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich alle im Landtag Redeberechtigten, also auch die Mitglieder der Landesregierung, dieses Instruments bedienen können (vgl. Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, § 30 GO-BT, Erl. 9).

Spricht im Rahmen einer persönlichen Bemerkung das Mitglied der Landesregierung ausschließlich, um Angriffe auf die eigene Person zurückzuweisen, greift § 58 mit der Eröffnung weiterer Redezeiten nicht ein, weil das Mitglied der Landesregierung nicht „zum Gegenstand“ (der Beratung) gesprochen hat. Sinn des § 58 ist, der Landesregierung in der Debatte um die Sache nicht das letzte Wort zu lassen.

Spricht dagegen das Mitglied der Landesregierung zur Sache, entweder um im Rahmen einer persönlichen Bemerkung eigene Ausführungen zum Beratungsgegenstand zu berichtigen oder im Rahmen einer persönlichen Erklärung einen anderen Sachgegenstand zu behandeln, finden die Regelungen des § 58 Anwendung, damit die Abgeordneten des Landtags auf Wunsch in einer Sachdebatte auf jeden Fall das letzte Wort haben können.

Da die Geschäftsordnung als Binnenrecht des Parlaments nur den Abgeordneten, nicht aber den Mitgliedern der Landesregierung Pflichten auferlegen kann, kann sie diese auch angesichts ihres verfassungsrechtlichen Rederechts aus Artikel 21 Abs. 3 LV nicht verpflichten, beabsichtigte persönliche Erklärungen vorher der Präsidentin oder dem Präsidenten schriftlich vorzulegen.

6. Weitere Erklärungen im Nachgang zu einer persönlichen Erklärung

Nach Troßmann (Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 36 GO-BT, RN 12.2) darf die Präsidentin oder der Präsident auch Erklärungen zu einer abgegebenen persönlichen Erklärung zulassen, seien es Gegenerklärungen oder auch Erklärungen mit der gleichen Zielrichtung. Die Präsidentin oder der Präsident sollte bei dieser Entscheidung jedoch restriktiv handeln, weil grundsätzlich eine Aussprache über eine persönliche Erklärung nicht zulässig ist.

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 6. Januar 2023

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