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400 Lehrerstellen mehr statt 200 weniger

Ich schreibe im Namen von betroffenen Eltern, deren Kinder Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein sind. Diese Kinder sind bereits heute in einem staatlich verantworteten Schulsystem unterwegs, das sich auszeichnet durch diversen Unterrichtsausfall bis hin zu gar nicht erteiltem Lehrplan-Unterricht, da es an besetzten Planstellen in vielen Schulen mangelt. Im Durchschnitt mag man konstatieren, dass alle Planstellen besetzt sind und es zudem noch eine wenn auch minimale Ausfallreserve gibt. Im Einzelfall bedeutet das, dass Unterricht oft nicht oder sporadisch stattfindet und die Eltern mehr und mehr Sorge dafür tragen müssen, dass der fehlende Unterricht aufgeholt wird. Das fordert Familien zeitlich und finanziell bereits heute teilweise enorm. Viele Familien können dies gar nicht leisten und die Kinder sind benachteiligt. Die Landesregierung möchte in dieser Situation Lehrerstellen streichen. Das bedeutet, dass die Situation sich noch verschärfen wird. Deutschland befindet sich in einem weltweiten harten wirtschaftlichen Wettbewerb. Fachkräftemangel ist bereits heute ein Thema, das von vielen Unternehmen beklagt wird. Da liegt es auf der Hand, dass wir gesellschaftlich ein überragendes Interesse daran haben müssen, die heranwachsende Generation zumindest mit einem guten Bildungsstand in diesen Wettbewerb zu entsenden. Das staatliche Schulsystem wird aber stetig mehr geschwächt. Jüngst mit dem Vorhaben, 200 Lehrerstellen in SH zu streichen. Dies ist der falsche Weg, um Deutschland zukunftsfest aufzustellen.
Der Unterzeichner dieser Petition fordert daher als Sofortmaßnahme, um das schleswig-holsteinische Schulsystem zu stabilisieren und eine Trendwende einzuleiten, dass nicht 200 Stellen gestrichen sondern 400 neue Stellen geschaffen und umgehend besetzt werden.
Der Unterzeichner fordert betroffene Eltern auf, diese Petition mit ihrer Unterschrift zu unterstützen, um dem schleswig-holsteinischen Landtag deutlich zu machen, dass die haushaltspolitischen Schwerpunktsetzungen dringend verändert werden müssen.
Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die öffentliche Petition, die von 10.055 Personen unterstützt wird, auf der Grundlage der von dem Petenten auch im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vorgetragenen Gesichtspunkte sowie einer Stellungnahme des Ministeriums für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur beraten.
Der Petent kritisiert die Entscheidung des Landes, durch den Abbau von Stellen Einsparungen im schleswig-holsteinischen Schulsystem vorzunehmen. Er unterstreicht, dass sich Deutschland in einem harten weltweiten wirtschaftlichen Wettbewerb befinde. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen und junge Menschen beim Start in die Erwerbstätigkeit zu unterstützen, sei es zentral, sie mit einem möglichst guten Bildungsstand in diesen Wettbewerb zu entsenden. Um das schleswig-holsteinische Schulsystem zu stärken, fordert der Petent daher, dass nicht 200 Stellen gestrichen, sondern 400 neue Stellen geschaffen werden.
Der Petitionsausschuss verweist zum Hintergrund der Entscheidung auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Sie soll die Staatsfinanzen stabil halten und zukünftige Generationen vor übermäßigen Schulden schützen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) hat auch für die Anwendung der in der Landesverfassung möglichen Abweichungen vom Grundsatz der Schuldenbremse enge Grenzen gesetzt und damit für den schleswig-holsteinischen Landeshaushalt Einsparungen und Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich gemacht. Dem Petitionsausschuss ist bewusst, dass daher im Ergebnis umfangreicher parlamentarischer Beratungen spürbare und auch schmerzhafte Eingriffe in verschiedenen Bereichen vorzunehmen waren. Der Ausschuss kann nachvollziehen, dass auch das Bildungsministerium als größtes Fachressort zur Erbringung des gesetzten Einsparziels einen Beitrag leisten musste. Er unterstreicht jedoch, dass die besondere Bedeutung des Bildungssystems im Rahmen dieser Konsolidierung nicht unberücksichtigt geblieben ist. So ist die Einsparung mit Blick auf den sehr großen Anteil, den Bildung im Haushalt einnimmt, unterproportional ausgefallen.
Das Bildungsministerium betont, dass die Reduzierung von Stellen für Lehrkräfte durch Maßnahmen erreicht werden konnte, welche nicht zu vermehrtem Unterrichtsausfall führen werden. So wurde die Unterrichtsversorgung in der Hinsicht reduziert, dass Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein – wie im Bereich der Oberstufe explizit gewünscht – weniger Unterrichtsstunden als vorher erhalten, aber noch immer mehr als in den Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz der Bundesländer vorgesehen sind. Damit wird zugunsten der Qualität an der Quantität gespart, um guten Unterricht von gut ausgebildeten Lehrkräften zu gewährleisten und gleichzeitig den möglichen finanziellen Rahmen einzuhalten. Zu diesem Zweck wurden beispielsweise trotz des Erfordernisses für Einsparungen an den Grundschulen zusätzlich zwei Stellen für Deutsch und Mathematik mit dem Ziel geschaffen, die grundlegenden Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken.
Hinsichtlich der vor dem Hintergrund eines leichten Anstieges der Schülerzahlen (+0,1 Prozent) an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen zur Verfügung stehenden Stellen nimmt der Ausschuss zur Kenntnis, dass zum Schuljahr 2025/2026 mit 24.065 Stellen nunmehr 163 weniger im Vergleich zum Vorjahr vorhanden sind. Beinahe alle bestehenden Stellen konnten besetzt werden. Zum Stichtag am 1. September 2025 waren an den allgemeinbildenden Schulen nur noch 51 Stellen im laufenden Bewerbungsverfahren. Insgesamt sind 3.552 Personen zum neuen Schuljahr eingestellt worden. Das bedeutet, dass 99,75 Prozent der Stellen besetzt werden konnten. Das Ministerium betont, dass Unterrichtsausfälle durch Krankheit oder Schwangerschaften unvermeidbar auch in Zukunft auftreten werden. Eine dies kompensierende Unterrichtsversorgung von deutlich über 100 Prozent der Stellen kann sich das Land aufgrund der angespannten Haushaltslage gegenwärtig aber nicht leisten. Der steigende Bedarf an Lehrkräften durch einen Aufwuchs bei der Anzahl der Schülerinnen und Schüler zunächst insbesondere an Grundschule und in der Folge an den weiterführenden Schulen ist vorausschauend bereits einkalkuliert.
Der Petitionsausschuss stellt jedoch fest, dass die Unterrichtsversorgung im Land unterschiedlich ausgeprägt ist. Gerade in ländlichen Regionen ist der Lehrermangel und die damit verbundenen Unterrichtsausfälle deutlicher spürbar. Er begrüßt, dass das Bildungsministerium der Herausforderung, eine gleichmäßige und gute Lehrkräfteversorgung in allen Regionen Schleswig-Holsteins sicherzustellen, bereits mit dem „Abordnung Plus" Modell begegnet. Lehrer erhalten dabei an ihrer Wunschschule eine Stelle, wenn sie zuvor im Rahmen einer Abordnung drei Jahre an einer Schule in einer Bedarfsregion arbeiten. Das Modell wird nach Auffassung des Bildungsministeriums durch die Lehrkräfte gut angenommen.
Dem Petitionsausschuss ist bewusst, dass Lehrkräfte durch die zunehmende Vielfalt der ihnen zusätzlich übertragenen Aufgaben an den Schulen belastet werden, die sie nicht allein bewältigen können und die sinnvollerweise von anderen Professionen wahrgenommen werden. Er begrüßt, dass bereits jetzt Unterstützungssysteme an den Schulen existieren, um Lehrkräften in diesen Bereichen zu entlasten. Schulische Assistenzen übernehmen etwa die Aufgabe, Inklusion zu gewährleisten. Sie begleiteten täglich vor Ort jene Schülerinnen und Schüler, die besonderen Unterstützungsbedarf haben. Zudem gibt es – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß – Schulsozialarbeit an den Schulen. Der Ausschuss nimmt jedoch zur Kenntnis, dass es weiterhin eine Herausforderung bleibt, die verschiedenen Professionen optimal in die schulischen Abläufe und Entscheidungsprozesse einzubinden und notwendige Bedarfe auch in diesen Bereichen zu decken.
Der Ausschuss teilt die Auffassung des Petenten, dass eine gute Schulbildung zweifelsfrei gesamtgesellschaftlich und individuell für jeden jungen Menschen von herausragender Bedeutung ist. Er ist der Ansicht, dass durch die Landesregierung bereits sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden, um bestehenden Herausforderungen im Schulsystem zu begegnen. Ziel muss es sein, den Lehrkräften zu ermöglichen, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, nämlich Wissen zu vermitteln und Lernprozesse zu begleiten.
Angesichts der aktuellen Haushaltslage des Landes kann sich der Ausschuss aber nicht für das Anliegen des Petenten aussprechen.
Die Veröffentlichung des Beschlusses erfolgt vorbehaltlich der Bestätigung der Erledigung der Petition durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Die Bestätigung erfolgt in einer der nächsten Tagungen.