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Diskriminierung durch den Selbstbehalt bei der Beihilfe analysieren

Die Landesregierung hat just ( 24.09.2024 ) eine Pressemitteilung zum Haushaltsentwurf 2025 vorgelegt; in beiden ist eine Erhöhung des Selbstbehalts bei der Beihilfe enthalten, d.h. Beamte sollen künftig einen höheren Teil der Gesundheitskosten selbst tragen ( wenn sie welche verursachen ).
Ich rege an, dass die Landesregierung beauftragt wird, systematische Analysen des Selbstbehalts wie folgend beschrieben vorzulegen, damit den Abgeordneten eine Ersteinschätzung ermöglicht wird, ob der Selbstbehalt bei der Beihilfe dem AGG zuwiderläuft und folglich eine Erhöhung des Selbstbehalts eine Erhöhung der Haushaltsrisiken zur Folge hat.
Folgende Analysen / Auswertungen rege ich konkret unter Berücksichtigung aller Beamten des Landes an:
Auswertung 1 - gruppiertes Säulendiagramm ( die Jahre 2019-2023 als Gruppe, damit erkennbar ist, ob einzelne Jahre Besonderheiten aufweisen ), Y-Achse durchschnittliche prozentuale In-Anspruchnahme des Selbstbehalts, X-Achse ( also Kategorien ) Besoldungstufe, Geschlecht, Behinderung ja/nein
Auswertungen 2a-2s ( pro Laufbahngruppe also eh. mittlerer Dienst, eh. gehobener Dienst, eh. höherer Dienst sowie politische Beamte und pro Jahr 2019-2023 ) - gestapelte Säulendiagramme mit dem Geburtsjahr auf der X-Achse ( an den oberen und unteren Grenzen zusammengefasst, damit nicht zu wenige Datensätze in einem Jahr vorhanden und damit Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind ), dem Geschlecht als Differenzierungsmerkmal ( Legende ) und die durchschnittliche prozentuale Inanspruchnahme des Selbstbehalts auf der Y-Achse.
Zentrale Größe ist die prozentuale In-Anspruchnahme des Selbstbehalts. Hiermit ist gemeint, wie viel vom individuellen Selbstbehalt durch beihilfefähige Aufwendungen vom jeweiligen Beamten für die betroffenen Jahre "verbraucht" wurde. Personen ohne Kosteneinreichung haben mithin einen Anteil von 0%, wer den eigenen Selbstbehalt übersteigende beihilfefähige Aufwendungen hat, käme mithin auf 100%. Eigentlich müssten die Auswertungen nach Zeitanteilen etc. differenziert werden, da viele Faktoren Einfluss auf den absoluten Selbstbehalt haben, die vorgeschlagenen Auswertungen sind bewusst i.R.d. Petition etwas grob gehalten.
Gleichwohl wäre meine Erwartung, dass sowohl Frauen einen höhere durchschnittliche prozentuale In-Ansprachnahme des Selbstbehalts aufweisen als Männer, als auch Menschen mit Behinderung eine höhere als ohne und zuletzt auch Ältere eine höhere Jüngere.
Drei Zielgruppen i.S.d. § 1 AGG wären -wenn die Erwartung zutrifft- daher betroffen.
Nach § 3 Abs. 2 AGG wäre auch eine mittelbare Benachteiligung umfasst.
Während die Regierung also ausführt ( Zitat Pressemitteilung ), dass "sozial verträglich" vorgegangen werden soll, wird die avisierte faktische Gehaltskürzung vermutlich vorrangig Frauen, Ältere und/oder Menschen mit Behinderung ( sowie chronisch Kranke ) betreffen.
Wenn die Auswertungen das zu erwartende Ergebnis bestätigen, hätten die Abgeordneten eine fundierte Entscheidungsgrundlage, ob sie dem Haushaltsentwurf zustimmen können oder bereits beim bestehenden Selbstbehalt Handlungsbedarf sehen.
Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die öffentliche Petition, die von 13 Mitzeichnern unterstützt wird, auf der Grundlage der von dem Petenten vorgetragenen Gesichtspunkte und einer Stellungnahme des Finanzministeriums beraten.
Der Petent befürchtet durch die im September 2024 angekündigte Erhöhung des Selbstbehalts bei der Beihilfe insbesondere eine Diskriminierung von bestimmten Beamtengruppen wie Frauen oder Menschen mit Behinderungen zur Folge haben könnte. Um den Abgeordneten eine sachliche Entscheidungsgrundlage zu ermöglichen, fordert er die Erstellung systematischer Analysen durch die Landesregierung. Er geht davon aus, dass durch die Analysen das Vorliegen einer Diskriminierung durch den Selbstbehalt bei der Beihilfe ersichtlich wird. Zur Durchführung der Analysen gibt er konkrete Vorschläge hinsichtlich der zu untersuchenden Parameter.
In der Stellungnahme weist das Finanzministerium auf die gesetzliche Grundlage des Selbstbehalts in der Beihilfe in § 80 Absatz 8 Landesbeamtengesetz hin. Die konkreten Selbstbehalte sind in § 16 Beihilfeverordnung festgelegt. Die errechnete Beihilfe ist je Kalenderjahr, in dem die Aufwendungen entstanden sind, um die festgelegten Selbstbehalte zu kürzen. Die Selbstbehalte sind nach den Besoldungsgruppen und sozialen Gesichtspunkten zusammengefasst und gestaffelt. Bestimmte Lebenssituationen, wie Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung, die familiäre Situation oder die Ausnahme für bestimmte Pflege- und Versorgungsleistungen werden bei dem festgelegten Selbstbehalt berücksichtigt. Insoweit werden verschiedene Lebensumstände bereits mit bedacht.
Der Petitionsausschuss betont, dass die bestehenden Regelungen höchstrichterlich bestätigt worden sind. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit Langem eine Kürzung der Beihilfeansprüche mittels Eigenbeteiligungen oder Selbstbehalte durch den parlamentarischen Gesetzgeber anerkannt. Dabei wird dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zugestanden.
Hinsichtlich der von dem Petenten konkret vorgeschlagenen Auswertungen schließt sich der Petitionsausschuss der Bewertung des Finanzministeriums an, dass diese nicht geeignet für den Willensbildungsprozess der Abgeordneten erscheinen. Bei den verschlagenen Auswertparametern wird einseitig der Fokus auf beihilfeberechtigte Beamtinnen und Beamte gelegt. Jedoch gibt es daneben auch beihilfeberechtigte Angehörige beziehungsweise situative Kürzungen wie beispielsweise zu berücksichtigende Kinder.
Daneben ergibt sich aus der vorliegenden Datenlage das weitere Problem, dass über einzelne Parameter bisher keine gesonderten Daten erhoben beziehungsweise vorgehalten oder im Zusammenhang gespeichert werden. Insgesamt wäre durch die gewünschten Statistiken auch die Erhebung zusätzlicher personenbezogener Daten notwendig beziehungsweise müssten diese mit dem Personalkonto neu verknüpft werden, obwohl sie mit der unmittelbaren Beihilfeberechtigung nicht im Zusammenhang stünden. Insoweit würden sich neue datenschutzrechtliche Probleme ergeben.
Der Ausschuss kann nachvollziehen, dass Haushalte unterschiedlich stark durch eine Erhöhung des Selbstbehaltes in der Beihilfe belastet werden. Die Thematik wurde im Rahmen der Haushaltsberatungen 2025 im parlamentarischen Raum diskutiert. Durch die Erhöhung der Selbstbehalte soll ein Beitrag zur Entlastung des Landeshaushaltes erreicht werden. In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss insbesondere auf den Hinweis aus der Stellungnahme hin, dass in den höchstrichterlichen Entscheidungen Aspekte des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum bisher nicht entgegenstanden.
Der Petitionsausschuss nimmt zur Kenntnis, dass der Petent sich intensiv mit Möglichkeiten zur Auswertung des geänderten Selbstbehalts beschäftigt hat. Es fällt jedoch nicht in den Aufgabenbereich des Ausschusses, darüber zu entscheiden, welche Informationen die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages für ihren Willensbildungsprozess heranziehen. Darüber entschieden diese in eigener Verantwortung. Im Ergebnis hat der Landtag bereits mehrheitlich für den Haushaltsentwurf 2025 gestimmt.
Die Veröffentlichung des Beschlusses erfolgt vorbehaltlich der Bestätigung der Erledigung der Petition durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Die Bestätigung erfolgt in einer der nächsten Tagungen.