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Deponie stoppen!
Direkt an der Stadtgrenze zu Eckernförde auf dem Gebiet der Gemeinden Kosel und Gammelby will die Unternehmensgruppe Glindemann ihre Kiesgrube zu einer Bauschuttdeponie umwandeln. Dabei soll nicht nur die Kiesgrube verfüllt, sondern es soll eine Hügeldeponie aufgeschüttet werden. Da dort viel Gelände zur Verfügung steht, ist mittelfristig mit einer der größten Deponien überhaupt zu rechnen der zweitgrößten, vielleicht auch der größten Deponie Schleswig-Holsteins. Wir fordern die verantwortlichen Entscheider auf, diese Deponie zu stoppen.
1. Der Deponiestandort befindet sich in einem äußerst sensiblen Grundwassergebiet, direkt angrenzend an den Bültsee und die Schnaaper Seen. Hier befinden sich große Grundwasserseen von der Schlei bis zum Windebyer Noor. Dies ist durch zahlreiche Fachgutachten belegt. Die Flächen rund um die Deponie sind als Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen.
2. Die Nutzung einer leeren Kiesgrube für eine Deponie ist nicht mehr Stand der Technik: Hier wird der Abfall in unmittelbarer Nähe des Grundwassers verfüllt.
3. Darüber hinaus bleibt es nicht bei der Verfüllung, sondern es soll noch eine Halde aufgeschüttet werden. Eine Hügeldeponie könnte auch gleich an einem anderen Standort entstehen.
4. Die Standortsuche wurde mittels eines Raumordnungsverfahrens durchgeführt. Dieses hat den Standort ermittelt durch Vergleich mit einigen anderen Kiesgruben der Unternehmensgruppe Glindemann. Es wurde also nicht nach einem nach Umweltaspekten geeigneten Standort gesucht, sondern nur aus wenigen (nicht einmal allen) Standorten der Firma ein Standort ausgewählt.
5. Die Genehmigung der Kiesgrube sah eine Renaturierung nach Abschluss der Ausbeutung vor. Stattdessen jetzt den Betrieb einer Deponie zu erlauben, stört den Rechtsfrieden.
Die Notwendigkeit der Einrichtung einer Deponie wird in der Regel im Verfahren mit dem öffentlichen Interesse an der Entsorgung begründet und das Verfahren entsprechend unterstützt. Zusammenfassend kann hier festgestellt werden, dass kein öffentliches Interesse an einer Bauschuttdeponie an diesem Standort bestehen kann, da von falschen Voraussetzungen ausgegangen wurde: Es sind nicht vorrangig Kiesgruben geeignet, sondern aufgrund der Grundwassernähe nachrangig. Daher stehen auch Flächen und Betreiber in weniger sensiblen Gebieten zur Verfügung, die nicht in die Auswahl einbezogen wurden. Das Raumordnungsverfahren ist in seiner derzeitigen Form nicht geeignet, einen Standort zu bestimmen; die Planungen etwa zu Freiflächen-Photovoltaikanlagen zeigen einen neuen Weg. Es wird deutlich, dass das Staatsziel Umweltschutz der Landesverfassung in den relevanten Gesetzen und ihrer Umsetzung noch nicht ausreichend berücksichtig wird, wenn eine Planung in einem derart sensiblen Grundwasser-Gebiet betrieben wird.
Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die von 3.192 Personen unterstützte öffentliche Petition mehrfach beraten. Bei seiner Entscheidungsfindung hat der Ausschuss die von dem Petenten vorgetragenen Gesichtspunkte, Stellungnahmen des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur sowie die Erkenntnisse einer öffentlichen Anhörung berücksichtigt.
Der Petent wendet sich gegen die Planung für eine Bauschuttdeponie. Er kritisiert, dass bei der Standortsuche im Raumordnungsverfahren nur Vorschläge des Unternehmens, dass die Deponie betreiben will, berücksichtigt worden seien. Umweltaspekte seien nicht hinreichend beachtet worden. Der nunmehr ermittelte Standort auf dem Gebiet der Gemeinden Kosel und Gammelby sei aus mehreren Gründen ungeeignet. So seien die Flächen rund um die ehemalige Kiesgrube als Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Der vorgesehene Deponiestandort befinde sich in einem äußerst sensiblen Grundwassergebiet. Durch die Nutzung einer leeren Kiesgrube als Deponie werde der Abfall in unmittelbarer Nähe des Grundwassers verfüllt. Darüber hinaus habe die ursprüngliche Genehmigung der Kiesgrube eine Renaturierung vorgesehen. Der Petent fordert die Behörden daher auf, die geplante Deponie zu stoppen.
Der Petitionsausschuss nimmt zunächst zur Kenntnis, dass in Schleswig-Holstein ein Bedarf an weiteren Deponien besteht. Dies geht aus einer vom Umweltministerium beauftragten Studie zur „Prognose des Deponiebedarfs für die Klassen DK 0 bis II im Land Schleswig-Holstein“ hervor. Die Studie wurde Anfang Juni auf der Internetseite der Landesregierung veröffentlicht. Aus den verschiedenen Szenarien der Studie für Schleswig-Holstein geht hervor, dass die bestehenden Deponien der Klassen I und II absehbar zwischen 2027 und 2031 keinen weiteren Abfall mehr aufnehmen können. Neuer Deponieraum wird damit erforderlich sein. Der Ausschuss unterstreicht, dass bei der Ausweisung geeigneter Standorte selbstverständlich die negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur berücksichtigt werden müssen.
Hinsichtlich des Genehmigungsprozesses für Deponien weist der Ausschuss darauf hin, dass der Entsorgungsauftrag nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht beim Land liegt. Die Abfallbeseitigung in Schleswig-Holstein ist Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städten als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, welche dafür auch privat betriebene Deponien nutzen können. Eine Ausweisung geeigneter Deponiestandorte von Seiten des Landes erfolgt hingegen nicht. Daher kommen überhaupt nur solche Standorte für eine Prüfung in Frage, welche dem jeweiligen Vorhabenträger zur Umsetzung der Deponie auch zur Verfügung stehen.
Vor diesem Hintergrund bittet der Ausschuss das Umweltministerium im Nachgang des Petitionsverfahrens zu klären, ob gegebenenfalls die gesetzlichen Rahmenbedingungen so geändert werden könnten, dass eine Prüfung geeigneter Deponiestandorte durch das Land erfolgt und diese dann für mögliche Vorhabenträgern ausgewiesen werden.
Im vorliegenden Raumordnungsverfahren sind nur Standortalternativen gegenübergestellt worden, die vom Vorhabenträger vorgeschlagen worden sind und die sich nach einer überschlägigen Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Umstände zur Umsetzung des Vorhabens als dem Grundsatz nach geeignet erwiesen haben.
Im nächsten Schritt ist nun durch den Vorhabenträger ein Antrag auf Planfeststellung einzureichen. Die entsprechende Prüfung obliegt dem Landesamt für Umwelt. Diese beinhaltet unter anderem auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit durch die Auslegung von Unterlagen im UVP-Portal des Landes im Internet und vor Ort. Direkt von einer Maßnahme Betroffene sowie Umweltverbände können dann Einwände erheben. Durch das Planfeststellungsverfahren legen die Behörden schließlich fest, ob und unter welchen Bedingungen das Vorhaben genehmigt werden könnte.
Im vorliegenden Fall wurde für zwei Standortalternativen der in der Petition benannten Firma – das Kieswerk Gammelby und das ehemalige Kieswerk Langwedel – im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Dabei wurden die Schutzgüter Menschen (insbesondere die menschliche Gesundheit), Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Fläche, Wasser, Klima, Luft, Landschaft, kulturelles Erbe sowie Wechselwirkungen zwischen diesen Schutzgütern untersucht. Als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wurde festgestellt, dass die Deponiefläche am Standort Gammelby und Kosel mit den Erfordernissen der Raumordnung grundsätzlich vereinbar ist und den Anforderungen an die Umweltverträglichkeit des Vorhabens entspricht, wenn bestimmte Maßgaben beachtet werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auf der Planfeststellungsebene nicht noch weitere Details geprüft werden, was zu einer abschlägigen Entscheidung führen kann. Ein entsprechender Antrag auf Planfeststellung wurde bisher jedoch noch nicht gestellt.
Hinsichtlich der ursprünglich vorgesehenen Renaturierung der Kiesanlage weist das Ministerium darauf hin, dass diese in der Kiesabbaugenehmigung festgelegt worden sei. Die Vorgabe ließe sich durch eine Folgegenehmigung aufheben und es würden neue Auflagen für die Beendigung einer möglichen Deponie erfolgen. Vermutlich werde es sich um eine Deponie der Klasse I für leicht belastete mineralische Abfälle handeln.
Dem Petitionsausschuss ist bewusst, dass zunächst ein Antrag auf Planfeststellung der Vorhabenträgerin abzuwarten ist, bevor eine abschließende Bewertung der Geeignetheit des Standortes durch die Behörde erfolgen kann. Der Ausschuss kann das Anliegen des Petenten und der zahlreichen Unterstützer der Petition jedoch nachvollziehen. Die potentielle Lage zwischen den zwei Teilen des FFH-Gebietes Großer Schnaaper See, Bültsee und angrenzende Flächen in unmittelbarer Nähe zum Naturschutzgebiet Bültsee und in der Achse mehrerer unterirdisch miteinander verbundener Grundwasserseen lässt nach Ansicht des Ausschusses eine Beeinträchtigung ihrer Erhaltungsziele befürchten.
Dem Petitionsausschuss ist bekannt, dass auch der Landesnaturschutzbeauftragte und der Landesnaturschutzbeirat in ihrer Funktion als Beratung der obersten und oberen Naturschutzbehörde diesen Standort als ungeeignet bewerten. Der Petitionsausschuss spricht sich daher dafür aus, einen Antrag für eine Deponie in dieser Lage einer kritischen Prüfung daraufhin zu unterziehen, ob das vorgelegte Konzept angemessen auf die besonderen Herausforderungen des Standortes eingeht. Hierbei sollten all die im Rahmen der Petition sowie durch den Landesnaturschutzbeauftragten vorgetragenen Kritikpunkte berücksichtigt werden.
Auch sind in diesem Zusammenhang weitere Deponien in Planung in den Blick zu nehmen.
Unabhängig davon begrüßt der Petitionsausschuss, dass das Ministerium Fördermittel für die Weiterentwicklung von Recyclingtechnologien zur Verfügung stellt und dass der Landtag daran arbeitet, bürokratische Hürden beim Recycling von Bauschutt abzubauen (Drucksache 20/2314). Die Deponien werden in erheblichem Maße mit Bauschutt und Abrissmaterialien belastet. Ein effektives Recycling gebrauchter Gebäudeteile und ein Wiederverwenden von Bauschutt würde den Bedarf an Deponien verringern und dem Klimaschutz zugutekommen. Die Organisation und Optimierung der Abfallwirtschaft im Land wird daher weiterhin im parlamentarischen Raum zu diskutieren sein.
Die Veröffentlichung des Beschlusses erfolgt vorbehaltlich der Bestätigung der Erledigung der Petition durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Die Bestätigung erfolgt in einer der nächsten Tagungen.