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Umfassende Reform des Kinder- und Jugendhilfesystems

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Kinder und Jugend

Die gegenwärtige Situation im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ist besorgniserregend. Das bestehende System ist nicht mehr in der Lage, seiner Schutzverantwortung in angemessener Weise nachzukommen, was gravierende lebenslange Konsequenzen für die betroffenen Kinder zur Folge hat. Die gegenwärtigen Probleme im Kinder- und Jugendhilfesystem manifestieren sich nicht lediglich in oberflächlichen Symptomen, sondern weisen auf tiefgreifende strukturelle Mängel hin. Ein chronischer Personalmangel, ineffiziente Verwaltungsstrukturen und mangelnde Ressourcen verhindern, dass Kinder die dringend benötigte Unterstützung erhalten. Langfristig müssen daher Analysen und Reformen erfolgen, um diese Probleme zu lösen. Zudem ist es erforderlich, erbrachte Studien/Analysen zu veröffentlichen und entsprechende Verantwortliche darauf hinzuweisen. Hierzu bietet sich der Aufbau einer zentralen Datenbank an, um Missstände systematisch zu erfassen und Verbesserungen messbar zu machen.
Ein weiterer zentraler Aspekt der erforderlichen Reform betrifft die Finanzierungsstrukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Derzeit obliegt die Verantwortung für die Mittelvergabe den Kommunen, was zu signifikanten Ungleichheiten führt. Wohlhabendere Kommunen sind in der Lage, mehr Ressourcen für den sozialen Bereich bereitzustellen, während finanzschwächere Kommunen häufig nicht in der Lage sind, ausreichende Mittel für Jugendämter, Wohngruppen und Pflegefamilien bereitzustellen.
Die Kinder- und Jugendhilfe muss ihrem eigentlichen Zweck gerecht werden: Kinder zu schützen, zu fördern und ihnen eine sichere und stabile Zukunftsperspektive ermöglichen. Die derzeitigen Missstände zeigen, dass dringender Reformbedarf besteht. Eine gerechte Finanzierung, bessere Betreuung, qualitativere Kontrollen und mehr Beteiligung der betroffenen Kinder/Jugendlichen sind entscheidende Schritte um das System grundlegen zu verbessern. Es ist unsere gesellschaftliche Verantwortung, diesen Kindern eine realistische Chance auf ein sicheres und würdevolles Leben zu geben. Jetzt ist die Zeit zu handeln.

Beschluss des Petitionsausschusses
17.06.2025

Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die öffentliche Petition, die von 242 Personen unterstützt wird, auf der Grundlage der von der Petentin vorgetragenen Gesichtspunkte unter Beiziehung einer Stellungnahme des Ministeriums für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung beraten.

Die Petentin problematisiert, dass aufgrund ihrer Ansicht nach vorhandener tiefgreifender struktureller Mängel im Hilfesystem Kinder und Jugendliche die dringend benötigte Unterstützung nicht erhalten. Grund hierfür seien der chronische Personalmangel, ineffiziente Verwaltungsstrukturen und mangelnde Ressourcen. Sie fordert zur Lösung dieser Situation Analysen und Reformen, die veröffentlicht und den Verantwortlichen zur Kenntnis gegeben werden sollten. Missstände sollten in einer zentralen Datenbank erfasst und so Verbesserungen messbar gemacht werden. Darüber hinaus kritisiert sie, dass aufgrund der bei den Kommunen liegenden Verantwortung für die Mittelvergabe signifikante Ungleichheiten in diesem Bereich auszumachen seien. Finanzschwache Kommunen seien in geringerem Umfang in der Lage, Mittel für auf Unterstützung angewiesene Kinder und Jugendliche zur Verfügung zu stellen.

Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass das Sozialministerium ebenso wie die zuständigen Stellen auf Bundes-, Länder und kommunaler Ebene in diesem Bereich aktuell viele Herausforderungen und kritische Entwicklungen sehen und daher im intensiven Austausch stehen, um angemessene Lösungen zur qualitativen Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe zu entwickeln. Er stimmt der Petentin ebenso wie das Ministerium zu, dass finanzielle Ressourcen für Studien und Analysen der Prozesse bereitgestellt werden müssen, damit fachpolitisch zuständige Stellen ihre Aufgabenerfüllung auf qualitativ fundierte Grundlagen stützen können. Das Ministerium verweist darauf, dass in Schleswig-Holstein unter anderem in jeder Legislaturperiode ein Sozialbericht erstellt wird. Der aktuelle Bericht vom 11. März 2025 kann auf der Internetseite des Schleswig-Holsteinischen Landtages eingesehen werden (Drucksache 20/2993). Darüber hinaus erstellt die Landesregierung alle fünf Jahre einen Bericht zur Situation von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr körperliches, geistiges und seelischen Wohl (Drucksache 20/3802), der auch als Basis für die inhaltliche und konzeptionelle Weiterentwicklung des Kinderschutzes im Land dient und Perspektiven zur Umsetzung der rechtlichen Vorgaben im Kinderschutz benennt.

Die Problematik des Fachkräftemangels auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe wird regelmäßig im parlamentarischen Raum thematisiert. Dem Bericht „Fachkräfte und Ausbildungssituation sowie Umsetzungsstand von Strategien zur Fachkräftegewinnung im Bereich von Kindertageseinrichtungen, Ganztagsbetreuung und Jugendhilfe“ (Drucksache 20/2433) sind Maßnahmen der Landesregierung zur Verbesserung der Fachkräftesituation in sozialen und pädagogischen Arbeits- und Handlungsfeldern zu entnehmen. Aus diesem Bericht wird auch ersichtlich, dass es nicht nur darum geht, neue Fachkräfte zu gewinnen. Das vorhandene Personal muss in diesem Arbeitsfeld gehalten werden. Dementsprechend müssen auch die Arbeitsbedingungen und flankierende Maßnahmen zur Entlastung des vorhandenen Personals ebenso in den Fokus genommen werden wie Maßnahmen im Bereich Fortbildung und Qualifizierung. Für die sogenannte Fachkräfte-Stärken-Strategie stehen seit 2024 jährlich rund 15 Millionen Euro bereit.

Bezüglich der Forderung der Petentin nach einer zentralen Datenbank zur Erfassung von Missständen stimmt der Petitionsausschuss mit dem Sozialministerium überein, dass diese nicht zielführend ist. Die Entwicklung einer zentralen Datenbank würde hohe finanzielle und personelle Ressourcen in Anspruch nehmen, die in keinem Verhältnis zu dem Nutzen einer solchen stehen würden. Auch inhaltlich steht der Ausschuss einer solchen Datenbank kritisch gegenüber. Der Begriff „Missstand“ ist nicht abschließend definiert und damit auslegungsbedürftig. Eine standardisierte Bewertung von Situationen führt womöglich zu einer unpräzisen Einordnung und zu einer dem individuellen Fall nicht angemessenen Bewertung. Die bereits jetzt durchgeführten Analysen und Evaluationen werden von Bund und Ländern im Rahmen Ihrer Finanzverantwortung für entsprechende fachwissenschaftliche Einrichtungen gefördert.

Hinsichtlich der Ausführungen der Petentin, dass die differierende Finanzkraft der Kommunen Unterschiede in der Leistungsgewährung und Leistungserbringung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe begründen, verweist das Sozialministerium zu Recht auf die Zuständigkeit der Kommunen. Die kommunale Selbstverwaltung ist grundgesetzlich sowie in der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein verankert. Nach Artikel 54 Absatz 1 Landesverfassung sind die Gemeinden berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit auch verpflichtet, in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen. Mit der Übertragung dieser Aufgaben soll unter anderem den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten, Problemlagen und Herausforderungen in den Kommunen Rechnung getragen werden. Der unbestritten unterschiedlichen finanziellen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kommunen wird im Wege des Finanzausgleichs durch die Gewährung ergänzender Finanzierungsmittel des Landes entgegengetreten. Darüber hinaus fördert das Land unter anderem Maßnahmen der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, des Jugendschutzes, der Jugendstraffälligenhilfe und zur Förderung der Erziehung in der Familie nach Maßgabe des Landeshaushalts. Auch bietet das Landesjugendamt Fortbildungen für Mitarbeitende der örtlichen Jugendämter an beziehungsweise fördert diese. Schließlich refinanziert das Land bestimmte Kosten, die den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe entstehen.

Ebenso wie das Sozialministerium befürwortet auch der Petitionsausschuss eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten einer erfolgreichen Kinder- und Jugendhilfe. Er geht davon aus, dass sich das Land Schleswig-Holstein auch über den bereits erfolgten Einsatz im Rahmen der Umsetzung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe hinaus weiter für eine solche Beteiligung engagiert.

Schließlich bedarf ein wirksamer Kinder- und Jugendschutz nicht nur einer institutionellen Beurteilung und einer finanziellen Förderung. Ebenso ist die Beteiligung der Betroffenen wichtig, um ihre Perspektiven und Einschätzungen beispielsweise in Hilfs- und Schutzkonzepte einbeziehen zu können. Daher fördert und unterstützt das Land Schleswig-Holstein eine landesweite Vertretung von jungen Menschen aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe auch in verschiedenen Gremien. Darüber hinaus werden regionale Ombuds- und Beschwerdestellen für junge Menschen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gefördert. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird in jeder Legislaturperiode im Rahmen eines Berichtes evaluiert (Bericht vom 8. Februar 2022, Drucksache 19/3621).

Im Ergebnis seiner Beratung stellt der Petitionsausschuss fest, dass den von der Petentin benannten Problemen in Schleswig-Holstein bereits jetzt durch vielfältige Maßnahmen begegnet wird. Die im Rahmen der Erstellung der verschiedenen Berichte auch weiterhin erfolgenden Analysen werden auch zukünftig die Grundlage für Anpassung und Erweiterung der derzeitigen Hilfen darstellen.

Die Veröffentlichung des Beschlusses erfolgt vorbehaltlich der Bestätigung der Erledigung der Petition durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Die Bestätigung erfolgt in einer der nächsten Tagungen.

Details

Veröffentlichungsdatum
14.02.2025
Petent/in
Kinga Mangels
Status
abgeschlossen
Mitzeichnungs­frist abgelaufen
242 Mitzeichner