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23. Februar 2018 – Top 27: Marschbahn

Verkehrsminister kündigt harte Sanktionen an

Die Landesregierung setzt ein klares Signal: Für die unhaltbaren Zustände auf der Marschbahnstrecke will das Land von der Deutschen Bahn eine Sondervertragsstrafe verlangen.

Bahnhof auf Sylt Zug
Auf der Marschbahnstrecke von Hamburg nach Sylt gibt es seit Monaten Probleme. Foto: Daniel Bockwoldt

Die Marschbahn, auf die täglich tausende Pendler zwischen Hamburg und Sylt angewiesen sind, sollte seit November vergangenen Jahres wieder reibungslos fahren. Doch weiterhin sind auch nach der abgeschlossenen Reparatur von 90 Waggons mit defekten Kupplungen Verspätungen und Zugausfälle keine Seltenheit. Nachdem Ende Januar bereits Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) der Deutschen Bahn in einem Zeitungsinterview mit Zahlungskürzungen des Landes, mit einer Abmahnung und sogar mit Kündigung gedroht hatte, haben jetzt die Koalitionsfraktionen einen Forderungskatalog „zur spürbaren Verbesserung des Marschbahnverkehrs“ vorgelegt.

Kernpunkt des „zügig“ umsetzenden Forderungskatalogs mit neun Einzelpunkten ist die „Steigerung der Pünktlichkeit der Marschbahn auf das vertraglich vereinbarte Niveau (93 Prozent) und Vermeidung von Zugausfällen“. Darüber hinaus wird unter anderem ein effektiveres Wartungs- und Instandhaltungsmanagement, eine auch auf Krankheitsfälle vorbereitete Personaldecke sowie eine bessere Unterrichtung der Fahrgäste bei Betriebsstörungen angemahnt.

Fällt ein Zugführer aus, steht der ganze Zug still

Hintergrund war, dass es wiederholt zu Verspätungen und Zugausfällen auf der Strecke gekommen war, seitdem die Deutsche Bahn im Dezember 2016 den Betrieb der Strecke von der Nord-Ostsee-Bahn (NOB) übernommen hatte. Loks und Waggons gehörten dabei dem Land Schleswig-Holstein, standen jedoch wegen technischer Probleme nicht zur Verfügung. In der Folge organisierte die Deutsche Bahn dann Ersatz, teilweise mit in die Jahre gekommenen Waggons.

Doch auch nach Abschluss der Reparatur der defekten Kupplungen im November kommt es laut Zeitungsberichten und einer 4000 Personen starken Pendler-Initiative weiter zu Problemen auf der Strecke. Minister Buchholz wird im Januar so zitiert: „Wenn auf der Marschbahn morgens ein Zugführer an Grippe erkrankt ist, fällt mangels Ersatz der komplette Zug aus.“

Politik will zweigleisigen Ausbau voranbringen

Im Kieler Landtag wurden die Probleme auf der Strecke, die zudem auf vielen Abschnitten auch baulich in einem sanierungsbedürftigen Zustand ist, bereits mehrfach debattiert. Im Dezember wurde zuletzt ein Antrag für einen durchgehend zweigleisigen und elektrifizierten Ausbau der Marschbahn mehrheitlich verabschiedet. Bisher sind die Strecken Morsum - Keitum auf Sylt sowie Niebüll - Klanxbüll auf dem Festland nur eingleisig. Auf einer Sondersitzung des Kreistages von Nordfriesland hatte Minister Buchholz bereits im November 2017 angekündigt, dass das Land sofort die 2,5 bis 3 Millionen Euro teuren Vorplanungen anschieben wird. Dafür sollen Mittel aus dem Sondervermögen MOIN.SH des Landes bereitgestellt werden.

(Stand: 19. Februar 2018)

Weitere Debatte zum Thema:
Dezember 2017

Die Strafe in Höhe von monatlich 250.000 Euro wird fällig, wenn die Pünktlichkeit auf der Strecke unter 90 Prozent liegt. Weitere 100.000 Euro pro Monat sollen fällig werden, wenn mehr als ein Prozent der Züge ausfallen. Die erste Forderung kündigte Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) für den Monat Februar an, da der Konzern nach wie vor die vertraglichen Kriterien nicht erfülle. Wörtlich sagte der Minister in einer emotionalen Debatte: „Es muss weh tun“, damit die Verantwortlichen „in die Hufe kommen“.

Für Pendler mit einer Abonnement-Karte auf der Strecke zwischen Itzehoe und Westerland kündigte Buchholz für 2017 eine einmalige freiwillige Entschädigung des Landes in Höhe von 50 Euro in der 2. Klasse und 75 Euro in der 1. Klasse an. Das Geld soll aus der Vertragsstrafe finanziert werden. Werde die Bahn juristisch vorgehen, springe in jedem Fall das Land ein, versprach er.

Der Landtag verabschiedete zudem einstimmig nach über einstündiger Diskussion einen überfraktionellen Antrag von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW, der einen Neun-Punkte-Forderungskatalog an die Bahn stellt. Der Konzern wird darin unter anderem aufgefordert, die vertraglich vereinbarte Pünktlichkeit von 93 Prozent einzuhalten, genügend Personal vorzuhalten, Fahrzeuge „in sauberen Zustand“ und mit „ausreichenden Sitzplatzkapazitäten“ bereitzustellen, die Infrastruktur zu pflegen und die Fahrgäste „rechtzeitig und umfassend“ über Betriebsstörungen und Alternativverbindungen zu informieren. Zudem soll das Unternehmen ein „wirksames Wartungs- und Instandhaltungsmanagement am Standort des Bahnbetriebswerks Husum“ einrichten.

„Es geht auf keine Kuhhaut, was Pendler erleben“

Redner verschiedener Fraktionen erklärten weiter, die Bahn rangiere sich mit ihrem Verhalten bei anstehenden Ausschreibungen für weitere Netze in Schleswig-Holstein aufs Abstellgleis. „Es geht auf keine Kuhhaut, was die Pendler auf der Marschbahn nach wie vor erleben müssen“, hatte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt die Debatte eröffnet. Die Pünktlichkeit der Marschbahn habe seit Jahresbeginn weiter bei unter 75 Prozent gelegen, Ende Januar sogar unter 50 Prozent. Daher sei es richtig, dass das „anhaltende Versagen des Vertragspartners“ nun Konsequenzen habe.

„In Berlin muss die Botschaft ankommen, dass das Maß bei uns gestrichen voll ist“, pflichtete ihm Lukas Kilian (CDU) bei. Die aufgelisteten Punkte seien keine Luxusforderungen, sondern absoluter Standard. „Nur wenn wir der DB gegenüber mit deutlich härteren Konsequenzen drohen, als ohnehin schon im Vertrag stehen, dann wird sich ein Tanker wie die Deutsche Bahn bewegen“, schloss der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Kai Vogel, an.

„Die Bahn hat uns lange genug an der Nase herumgeführt“

Andreas Tietze (Grüne) hielt der Bahn „Rechtsbeugung“ vor, weil sie noch immer den Sylt-Shuttle als Fernverbindung deklariere. Dies werde er nun rechtlich prüfen lassen. „Da sitzen 2,5 Millionen Menschen in ihren Autos und werden 39 Kilometer durch die Gegend gefahren. Solche Strecke gehört in Landeshoheit“, forderte er. Es könne nicht angehen, dass Schleswig-Holstein „die Melkkuh für das Projekt Stuttgart 21“ sei.

Volker Schnurrbusch (AfD) erklärte, wenn Vertragsstrafen nicht mehr ausreichten, müssten auch Kündigungen ins Auge gefasst werden. Und Flemming Meyer (SSW) ergänzte: „Die Bahn hat uns lange genug an der Nase herumgeführt und wir hatten lange genug Geduld.“

Anträge

Förderung zur spürbaren Verbesserung des Marschbahnverkehrs
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/514

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/536

Alternativantrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/539