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15. Mai 2019 – Top 1: Aktuelle Stunde

Tempolimit: Verkehrs­sicherheit kontra Freiheitsgefühl?

Freie Fahrt für freie Bürger? Der Landtag ist beim Thema Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A7 zwischen Hamburg und Neumünster geteilter Meinung.

Autobahn Tempolimit Illustration
Deutschland ist das einzige Land Europas ohne generelles Tempolimit auf Autobahnen. Foto: dpa, Sebastian Gollnow

Bei ihrer Forderung nach einem generellen Tempolimit auf der A7 zwischen Hamburg und dem Bordesholmer Dreieck drücken die Schleswig-Holsteinischen Sozialdemokraten aufs Gaspedal. Nur 10 von 200 Ländern auf der Welt hätten noch keine Tempobeschränkung, darunter neben Deutschland etwa noch Nord-Korea oder der Inselstaat Vanuatu, begründete Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) den Antrag auf eine Aktuelle Stunde zu dem Thema. Dabei wurde deutlich, dass die Positionen von Befürwortern und Gegnern weit auseinander liegen – auch in der Jamaika-Koalition.

Es spreche „rein gar nichts aus rationalen Gründen“ gegen eine Begrenzung auf 130 km/h, betonte Stegner. Das sei „gut für die Gesundheit, gut für die Umwelt, gut für den Verkehrsfluss“. Raserei führe oft dazu, dass nicht Unfallverursacher, sondern andere Verkehrsteilnehmer ums Leben kommen, so der Oppositionsführer. Er verwies auf einen Autobahnabschnitt in Brandenburg, wo sich durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung die Zahl der Unfälle fast halbiert habe.

SPD treibe „keinen Keil in die Koalition“

CDU, Grüne und FDP machten deutlich, durch das Thema werde „kein Keil in die Koalition“ getrieben, auch wenn es unterschiedliche Sichtweisen gebe. Gut ausgebaute Autobahnen seien „ein Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit“, machte etwa Hans-Jörn Arp (CDU) deutlich. Zudem würde ein Tempolimit Rückforderungen von den Baufirmen verursachen, da der Schallschutz an der gerade ausgebauten Strecke für 160 km/h und nicht 130 km/h ausgelegt und damit teurer gewesen sei.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Andreas Tietze, machte hingegen deutlich, dass jeder Grüne und mittlerweile auch eine Mehrheit der Deutschen von 63 Prozent für ein Tempolimit seien. „Glücksgefühle auf Kosten von Menschenleben und Natur haben klare Grenzen“, sagte er. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung bringe 26 Prozent weniger Verkehrstote und 17 Prozent weniger Schwerverletzte. „Das ist ein Fakt“, so Tietze. Und: Die Zeitersparnis zwischen Flensburg und Hamburg betrage bei 180 km/h statt 130 km/h „gerade einmal 13 Minuten“.

FDP und AfD klar gegen Tempolimit

FDP und AfD sprachen sich wiederum klar gegen ein Tempolimit, sowohl auf der A7 wie auch im Rest von Deutschland aus. Unter „dem Deckmantel des Klimaschutzes“ solle den Deutschen das schnelle Fahren verboten werden, kritisierte Kay Richert (FDP). Dabei sei das „straßenverkehrsrechtlich nicht durchsetzbar“. Zudem bezeichnete er die CO2-Einsparung als „nur marginal“.

Ähnlich äußerte sich AfD-Fraktionschef Jörg Nobis. Deutschland sei ohnehin „ein völlig überreguliertes Land“. Es gehe der SPD nicht um Verkehrstote und CO2, sondern nur darum, „die rote Axt an die deutsche Identität legen“. Mit dem Porsche mit 300 km/h über die Autobahn fahren zu dürfen, sei auch ein „wichtiges Stück Industrie- und Standortmarketing“, so Nobis.

SSW plädiert für dänisches Modell

Für ihn sei deutsche Kultur „Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und die Fähigkeit, aus der Vergangenheit zu lernen“, schloss der Vorsitzende des SSW, Lars Harms, an. Er plädierte für ein generelles Tempolimit von 130 km/h nach dem dänischen Vorbild. Dort würden Temporegeln mit einem generellen Überholverbot für LKW kombiniert. „So wurde die Unfallgefahr deutlich reduziert.“ Harms appellierte zudem an jeden Bürger, zu überlegen, wie er sich klimafreundlich fortbewegt.

Sozialminister Heiner Garg (FDP) erklärte für den erkrankten Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP), die SPD habe sich in der Vergangenheit klar für den sechsspurigen Ausbau der A7 ausgesprochen. „So richtig glaubwürdig ist die Aktuelle Stunde daher nicht“, sagte er. Die Straßenverkehrsordnung des Bundes ermögliche zwar Verkehrseinschränkungen aus Sicherheitsgründen, aber nur in einem konkreten Bereich bei einer konkreten Gefahrenlage. Anweisungen oder Einschränkungen aus umweltrechtlichen Gründen seien dagegen nicht möglich, machte er deutlich.

Nirgendwo sonst in Europa heißt es „freie Fahrt“

Die Bundesregierung erteilte zuletzt im Januar einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung auf Deutschlands Autobahnen eine Absage. Deutschland ist das einzige Land Europas ohne generelles Tempolimit auf Autobahnen.

Eine vom Präsidenten der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG), Jan Ninnemann, angefachte Diskussion über ein dauerhaftes Tempolimit auf der vielbefahrenen A7 zwischen Hamburg und dem Bordesholmer Dreieck offenbart innerhalb der Jamaika-Koalition Differenzen – was die oppositionelle SPD veranlasst, eine Aktuelle Stunde im Landtag einzufordern. Während die im Land mitregierenden Grünen für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h plädieren, lehnen die Koalitionspartner CDU und FDP ein durchgehendes Tempolimit auf der A7 ab. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner hält Tempo 130 als Limit für denkbar.

Befürworter von Tempolimits argumentieren mit schnellen Maßnahmen zur CO2-Reduktion und mit mehr Verkehrssicherheit. Mit Blick auf die A7 verweisen Union und Liberale im Land darauf, dass die jüngst ausgebaute Autobahn für schnelleres Fahren geplant worden sei und es deshalb auch entsprechend aufwendige Schallschutzmaßnahmen gebe. Überdies sei ein Tempolimit im Koalitionsvertrag nicht vereinbart, hieß es.

Die Bundesregierung erteilte zuletzt im Januar einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung auf Deutschlands Autobahnen eine Absage. Deutschland ist das einzige Land Europas ohne generelles Tempolimit auf Autobahnen.

(Stand: 13. Mai 2019)

Aktuelle Stunde

Über eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse kann eine Aktuelle Stunde von einer Fraktion oder von mindestens fünf Abgeordneten beantragt werden. Der Antrag muss spätestens zwei Tage vor Sitzungsbeginn gestellt werden.

Bei einer Aktuellen Stunde beraten die Abgeordneten ohne feste Rednerliste über einen landespolitischen Gegenstand von aktueller Bedeutung. Die Redezeit ist auf fünf Minuten pro Beitrag begrenzt. Die Reden sollen frei gehalten werden. Die Gesamtredezeit der Abgeordneten darf 60 Minuten nicht überschreiten; hinzu kommt das Zeitkonto der Landesregierung von maximal 30 Minuten. Werden zwei Anträge ein einer Aktuellen Stunde behandelt, ist die Dauer auf eineinhalb Stunden beschränkt.

Mit einer Aktuellen Stunde wird kein konkreter Beschluss herbeigeführt; sie dient vorrangig dem Meinungsaustausch und der Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit.

Aktuelle Stunde

...zum Thema: „Tempolimit auf der A7“
Beantragt von der SPD-Fraktion
Bekanntmachung des Landtagspräsidenten – Drs. 19/1473