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17. Mai 2019 – Mai-Plenum: Windkraft

Beschwerde-Flut: Wind-Moratorium verlängert

Der Ausbau-Stopp für Windräder dauert an. Die Jamaika-Koalitionen betonen ihre Gemeinsamkeit, SPD und SSW sehen Gefahren für den Wind-Standort Schleswig-Holstein.

Windenergie Windkraft
Ohne Ausnahmegenehmigung dürfen seit 2015 in Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen gebaut werden. Foto: dpa, Daniel Reinhardt

Der Landtag hat den Ausbaustopp für neue Windkraftanlagen bis Ende 2020 mit den Stimmen von Jamaika und AfD verlängert. Das sei notwendig, so der für die Landesplanung zuständige Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU), um die mehr als 4.000 Einwände gegen geplante Anlagen abzuarbeiten. „Jeder einzelne wird ausgewertet und im Detail beantwortet“, kündigte Grote an. Die SPD enthielt sich, der SSW votierte dagegen. Beide Oppositionsfraktionen warfen Jamaika vor, den Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein zu verschleppen.

Das Moratorium ist die Konsequenz aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Schleswig, das die damaligen Ausbaupläne 2015 gekippt hatte. Um Wildwuchs zu verhindern, gilt seitdem ein Baustopp für neue Anlagen. Wer dennoch neu bauen will, braucht eine Ausnahmegenehmigung. Bislang habe es 433 Ausnahmen gegeben, so Minister Grote. Er betonte: „Mit der Ausnahmeregelung kann weiter ein geregelter Ausbau der Windenergie stattfinden.“ Mit Blick auf die Proteste aus der Windbranche und auch seitens des grünen Koalitionspartners sagte Grote: „Auch wenn ich verstehen kann, dass der eine oder andere ungeduldig wird – aber wir entscheiden das nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg.“

„Nicht noch einmal vor Gericht scheitern“

Auch Claus Christian Claussen (CDU) warnte davor, den Wind-Ausbau „übers Knie zu brechen“. Denn: „Ohne eine vernünftige, von der Bevölkerung akzeptierte Planung wird der Ausbau der Windkraft nicht gelingen.“ Die Politik müsse „zur Kenntnis nehmen, dass sich die Begeisterung in der Bevölkerung deutlich abgeschwächt hat“. Oliver Kumbartzky (FDP) pflichtete bei: „Wir nehmen die Stellungnahmen der Bürger ernst, jeder hat eine Antwort verdient, und das dauert seine Zeit.“ Niemand könne ein Interesse daran haben, dass die Regionalplanung wieder vor einem Gericht scheitert.

„Wir haben keine Zeit für eine Krise, wir müssen etwas wegschaffen“, bekannte sich Bernd Voß (Grüne) zum Jamaika-Bündnis. Zugleich machte er Druck für die Windenergie – sie sei eine „einzigartige Chance für Menschen, Wirtschaft und Klima“ im Lande. Die Branche könne „nicht über Jahre in einem Standby-Modus verbleiben“, mahnte er.

„Bankrotterklärung“ der Jamaika-Koalition

Thomas Hölck (SPD) attestierte Jamaika hingegen eine „verheerende“ Bilanz beim Thema Windenergie. „Wir waren Energiewendeland Nummer 1 und Vorbild in Deutschland“, so Hölck: „Diese Position haben wir verloren.“ Milliardeninvestitionen lägen auf Eis und Arbeitsplätze seien gefährdet. Es sei eine „Bankrotterklärung“, sagte auch Lars Harms (SSW), dass der Windausbau nun fünfeinhalb Jahre ausgebremst werde. Er warnte vor „verheerenden Folgen für unser Land“, denn: „Das Moratorium wirft uns um Jahre zurück“.

Jörg Nobis (AfD) unterstützte hingegen den Ausbau-Stopp: „Jeder Tag, an dem in Schleswig-Holstein keine neue Windanlage gebaut wird, ist ein guter Tag für unser Land.“ Er forderte, Windräder nur noch Offshore zu bauen und an Land eine Abstandsregel wie in Bayern einzuführen. Dort muss die Entfernung von  Windanlagen zu Siedlungen das Zehnfache der Höhe des Windrades betragen.

Bis Ende 2020 will die Landesregierung den Ausbaustopp für neue Windräder vom Landtag im Planungsgesetz verlängern lassen, um die nach einer Gerichtsentscheidung nötige neue Landesplanung für den weiteren Windkraftausbau fertigzustellen. Hintergrund sind die vielen Einwendungen gegen die Flächen, auf denen Windräder gebaut werden können. Gegen den zweiten Entwurf der Regionalplanung hatte es rund 5200 Einwendungen gegeben, davon sind etwa 4200 in Bearbeitung. Bei den übrigen handelte es sich um Dopplungen oder Serienbriefe. Die Koalition will durch eine Vergrößerung der Abstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung mehr Rücksicht auf Menschen nehmen.

Ein nunmehr dritter Planentwurf soll bis Ende dieses Jahres vorliegen. Je nach Ausgang des Anhörungsverfahrens könnte sich der Landtag mit der weiteren Windkraftplanung im Sommer 2020 in einer Ersten Lesung befassen. Die in dieser Tagung beabsichtigte Verlängerung des Moratoriums gilt nach den Ausschussberatungen als sicher.

Knapp 270 Anträge genehmigungsfähig

Innen-Staatssekretärin Kristina Herbst (CDU) kündigte an, die Landesregierung werde weiterhin Ausnahmegenehmigungen für den kontinuierlich erforderlichen Ausbau der Windenergie parallel zum laufenden Planungsprozess erteilen. Nach Angaben des für die Landesplanung zuständigen Innenministeriums sind aktuell 267 Anträge für neue Windräder genehmigungsfähig, die noch bearbeitet werden. Es geht dabei um weitere 850 Megawatt Leistung. Bei etwa der Hälfte der Anträge sei mit einer Genehmigung im Laufe des Jahres zu rechnen, weitere dürften hinzukommen.

Laut Landesregierung waren Ende 2018 waren im Land 2959 Windräder in Betrieb, weitere 117 Anlagen standen vor der Inbetriebnahme. Die Gesamtleistung betrug 6,9 Gigawatt. Seit Inkrafttreten des Moratoriums 2015 wurden 438 neue Anlagen genehmigt mit einer Brutto-Gesamtleistung von 1,3 Gigawatt. Zeitgleich wurden 314 alte Anlagen (zusammen 0,3 Gigawatt) stillgelegt.

Schleswig-Holstein nur noch auf Platz 3

Der Landesverband Schleswig-Holstein des Bundesverbands Windenergie hat Sorge, dass nicht genug Windkraftanlagen errichtet werden. Das Land stehe beim Ausbau nicht mehr an der Spitze der Bundesländer, sondern nehme mittlerweile nur noch den dritten Platz ein, heißt es. Die Zahl der Windräder in Schleswig-Holstein nehme trotz guter Windverhältnisse seit 2017 sogar ab. 2018 wurden demnach im Norden nur 20 neue Anlagen genehmigt, aber 30 stillgelegt.

In der Jamaika-Koalition ist es Medienberichten zufolge zum Streit über den Windkraft-Ausbau gekommen. So halten CDU und FDP zwar an den gesteckten Zielen von zehn Gigawatt Energie aus erneuerbaren Energien bis 2025 fest, erklären aber es gebe kein Flächenziel. Ursprünglich war von zwei Prozent der Landesfläche für die Windkraft die Rede. Aus dem Kreis der Grünen verlautete, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele eingehalten werden müssten, sonst „sei finito“, wird Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben in den Kieler Nachrichten zitiert.

(Stand: 13. Mai 2019)

Debatte/Meldung Erste Lesung:
März 2019 (ohne Aussprache)

Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2019
Juni 2018

Zweite Lesung

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes
Gesetzentwurf von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/1347
b) Begleitantrag zur Änderung des Landesplanungsgesetzes
Antrag von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/1374

(Ausschussüberweisung am 29. März 2019)
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/1426