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26. Februar 2020 – Innenausschuss

Integrationsgesetz in der Anhörung

Macht ein eigenes Integrations- und Teilhabegesetz in Schleswig-Holstein Sinn? Wie soll es inhaltlich gefüllt werden? Der Innen- und Rechtsauschuss führt eine öffentliche Anhörung zum Thema durch.

Die Mitglieder des Innen- und Rechtsausschusses sitzen rechts und links an Tischen. Im Hintergrund sind zahlreiche Zuschauer zu sehen.
Der Enwurf für ein Integrations- und Teilhabegesetz wird im Innen- und Rechtsausschuss von rund 25 Experten beleuchtet. Foto: Landtag, Regina Baltschun

Der Innen- und Rechtsausschuss führt derzeit eine umfangreiche Anhörung zu einem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Entwurf für ein Integrations- und Teilhabegesetz für Schleswig-Holstein durch. Die Anhörung begann um 9 Uhr im großen Sitzungssaal des Landtages mit einer Stellungnahme des Flüchtlingsbeauftragten Stefan Schmidt. Die ganztägige Anhörung ist öffentlich zugänglich (Personalausweis erforderlich) oder kann über das Internetradio des Landtages ParlaRadio mitverfolgt werden. Der Zeitplan sowie die Liste der Anzuhörenden ist ebenfalls im Internetangebot des Landtages einsehbar.

Die Integration von Zuwanderern ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft und setzt zugleich die Bereitschaft der Menschen mit Migrationshintergrund voraus, sich in die deutsche Gesellschaft einzufinden – so besagt es der Entwurf des „Gesetzes zur Integration und Teilhabe“, den die Jamaika-Fraktionen in der August-Tagung im vergangenen Jahr  vorgelegt haben.

Deutsche Leitkultur kein Thema mehr

Damit Integration gelingt, geben CDU, Grüne und FDP Ziele aus, etwa die Sprachförderung, der Zugang zu Schule, Ausbildung und Arbeit sowie die Einbindung in demokratische Strukturen. Gleichzeitig wird das Land verpflichtet, jeder Form von Rassismus und ethnischer Diskriminierung entgegenzutreten. Die von der Koalition aufgeführten sechzehn Paragrafen seien „nur Symbolik“, verfassungsbedenklich und „zu unkonkret“, hatten SPD, AfD und SSW in der Ersten Lesung im August 2019 kritisiert. Die Jamaika-Koalition hielt in einer hitzigen Debatte dagegen, Teilhabe und Chancengleichheit seien „der Schlüssel zu Integration“.

 

Der letzte Vorstoß für ein Integrationsgesetz stammt von der CDU aus dem Herbst 2016 in der letzten Wahlperiode. Damals war noch von der Anerkennung einer deutschen Leitkultur die Rede. Die damals noch in der Opposition befindliche Union konnte keinen einzigen Zuspruch einer Fraktion gewinnen.

Teilhabe nicht nur versprechen

„Es gibt Türen, wo man nicht reinkommt“, beschrieb der Flüchtlingsbeauftragte Schmidt in der heutigen Anhörung die Situation vieler Zugewanderter. So hätten Handwerks-Azubis, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, große Probleme mit der schriftlichen Abschlussprüfung, für die sie lediglich eine Stunde Zeit hätten. An dieser Stelle müsse das neue Gesetz nicht nur Teilhabe versprechen, sondern tatsächlich „teilhaben lassen“. Der stellvertretende Bürger- und Antidiskriminierungsbeauftragte Dennis Bunge forderte einen Paragrafen, der Discos und Gaststätten mit bis zu 10.000 Euro Geldbuße droht, wenn sie Menschen wegen deren Herkunft den Zugang verweigern.

Umstritten, auch innerhalb des Jamaika-Bündnisses, war das jetzt im Gesetzentwurf eingeforderte „Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Dort heißt es: „Von allen Menschen sind die Gesetze einzuhalten und die durch das Grundgesetz und die Landesverfassung geschützten gemeinsamen Grundwerte anzuerkennen.“ Dieser Passus sei „nicht zielführend“, denn er enthalte eine „sprachliche Vorverurteilung“, kritisierte Catharina Nies, Referentin beim Flüchtlingsbeauftragten.

Bekenntnis zur Demokratie bleibt umstritten

Die Grünen-Abgeordnete Aminata Touré findet die Formulierung und die darin enthaltene Ermahnung ebenfalls „problematisch“. „Das machen wir bei anderen Gesetzen nicht“, so Touré. Die Worte seien „irreführend“, merkte auch Thomas Rother (SPD) an. Claus Christian Claussen (CDU) fand es hingegen „absurd“, in diesem Paragrafen eine Diskriminierung zu sehen. Das Bekenntnis zu Rechtsstaat und Demokratie sei „selbstverständlich“. Auch Jan Marcus Rossa (FDP) sprach von einer „vernünftigen Regelung“. Sie enthalte eine „Botschaft an alle, was Integration zum Ziel hat“.

Kritik gab es auch an der Definition von „Menschen mit Migrationshintergrund“ in dem Gesetzentwurf. Demnach sind „alle zugewanderten und nicht zugewanderten Ausländerinnen und Ausländer, alle nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Deutschen und alle Deutschen mit zumindest einem nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Elternteil“ gemeint. Der stellvertretende Bürgerbeauftragte Bunge sprach von einer zu „engmaschigen Definition“. Er regte an, das Gesetz nachzubessern und „deutlich zu machen, dass es sich an alle richtet“.

Langer Tag

Die Anhörung wird noch bis etwa 18 Uhr andauern. Weitere Experten, die am heutigen Tag angehört werden, sind unter anderem Vertreter der Kirchen, der türkischen und der syrischen Gemeinde, der Wohlfahrtsverbände und des Flüchtlingsrats. Mit den aus der Anhörung gewonnenen Eindrücken wird der Ausschuss das Thema in einer seiner kommenden Sitzungen diskutieren und dann eine Beschlussempfehlung verfassen.