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18. Juni 2020 – Juni-Plenum

Entgeltgleichheit: Politik will Lohnlücke schließen

Noch immer verdienen Frauen für die gleiche Arbeit weniger als Männer. Eine von der Jamaika-Koalition auf den Weg gebrachte Gleichstellungsstrategie soll das bereinigen. Ein SPD-Antrag scheitert.

Raudies, Beate SPD Plenum Plenartagung Mai
Beate Raudies wirbt vergeblich für den Antrag ihrer SPD-Fraktion. (Archiv-Bild). Foto: Michael August

Die SPD ist mit einer neuen Initiative gegen die schlechtere Bezahlung von Frauen gegenüber Männern nach isländischem Vorbild gescheitert. Nur der SSW stimmte für den Antrag, der Unternehmen dazu verpflichten sollte, eine faire Bezahlung zu dokumentieren. Stattdessen stimmten CDU, Grüne und FDP für einen eigenen Alternativantrag. Dieser sieht eine Gleichstellungsstrategie vor, die von der Landesregierung unter breiter Beteiligung aller Ressorts sowie weiterer gesellschaftlicher Akteure, Verbände und Organisationen, wie zum Beispiel Gewerkschaften und Arbeitgeber, erarbeitet werden soll.

Beate Raudies (SPD) nannte es „haarsträubend“, dass Frauen immer noch viel weniger als Männer verdienten. Das isländische Modell scheine ihr ein Weg zu sein, die „strukturelle schlechte Bezahlung“ anzugehen. „Wir sollten mal gucken, ob das auch bei uns funktionieren könnte“, so Raudies. Der Antrag der Koalition sei hingegen „an Einfalllosigkeit kaum zu überbieten“. „Sie beantragen, was die zuständige Ministerin schon im Januar angekündigt hat. Das reicht nicht“, monierte Raudies.

Grüne regen Verbandsklage an

Katja Rathje-Hoffmann (CDU) verteidigte die Pläne hingegen. „Damit sind wir gut bei dem Thema davor“, konstatierte sie. Gleichwertige Arbeit müsse auch gleich bezahlt werden. Alleinerziehende Frauen hätten das größte Armutsrisiko, erklärte sie und ging auch auf Führungspositionen in Teilzeit ein: „Da gibt es erhebliche Potentiale, die es zu heben gibt.“

Anita Klahn (FDP) hielt der SPD vor, sie „suggeriere eine Sachlage“, die es so nicht gebe. „Das schadet einer ernsthaften Gleichstellungsstrategie eher als dass es nützt“, sagte sie. Es gelte nun, konkrete Ideen zu sammeln. „Dabei wollen wir uns an vielen europäischen Ländern orientieren, nicht nur an Island.“ Das bundesweite Entgeltgleichheitsgesetz habe seinen Zweck bisher nicht erfüllt, stieß Aminata Touré (Grüne) in dieselbe Kerbe. Sie forderte ein „Verbandsklagerecht“. So könnten Frauen gegen ungleiche Bezahlung wirksam vorgehen.

AfD: Frauen arbeiten mehr in Teilzeit

Kritisch gegenüber beiden Anträgen äußerte sich Volker Schnurrbusch (AfD). Der Antrag der SPD sei „platt linkspolitisch“ und gehe von falschen Annahmen aus. Denn der „Gender Gap“, der Abstand beim Gehalt zwischen Männern und Frauen, beziehe sich nicht auf Ungerechtigkeit, sondern „auf unterschiedliche Branchen, die Männer und Frauen bevorzugen“.

Für Jette Waldinger-Thiering (SSW), gibt es bei der Entgeltgerechtigkeit noch „verdammt viel Platz nach oben“. Die Missstände müssten endlich wirksam angegangen werden, forderte sie. Das bestätigte auch Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne), der für Gleichstellungsministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) einsprang. Deutschland befinde sich bei der Entgeltgleichstellung in Europa auf Platz 10. Die meisten skandinavischen Länder seien besser, vorneweg Island. Die geplante Gleichstellungsstrategie solle sowohl den für öffentlichen Dienst wie auch die Privatwirtschaft gelten, unterstrich er.

Die SPD startet eine neue Initiative gegen die schlechtere Bezahlung von Frauen gegenüber Männern. Die Landesregierung solle prüfen, „inwieweit ein Zertifizierungsverfahren zur Einhaltung von Entgeltgleichheit nach isländischem Vorbild in Schleswig-Holstein umzusetzen ist“, heißt es in dem Papier. Die Initiative bezieht sich auf ein Gesetz, das Island 2018 als erstes Land der Welt zur Entgeltgleichheit eingeführt hatte. Laut der SPD müssen betroffene Frauen dort jetzt nicht mehr nachforschen, ob sie schlechter bezahlt werden. Stattdessen sei es Pflicht der Unternehmen, eine faire Bezahlung zu dokumentieren. Die Regelung gelte für Betriebe mit 25 und mehr Mitarbeitern, der Nachweis müsse alle drei Jahre erbracht werden.

Weiter fordern die Sozialdemokraten das Grundprinzip der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern bei einer Novellierung der Beurteilungsrichtlinien im Dienstrecht und im Rahmen ihrer Verantwortung als Beteiligte bei Tarifverhandlungen voranzutreiben und gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden weitere Initiativen zur Aufhebung der Entgeltungleichheit auch außerhalb des öffentlichen Dienstes zu entwickeln. Das Prinzip des gleichen Lohns für die gleiche und gleichwertige Arbeit muss auch zwischen den Geschlechtern gelten und durchgesetzt werden“, heißt es in dem Antrag.

Lohnlücke beträgt bundesweit 21 Prozent

Hintergrund ist der sogenannte Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 17. März fiel. Damit wird der internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern bezeichnet. Er macht auf den bestehenden Verdienstunterschied aufmerksam und kennzeichnet rechnerisch den Tag, bis zu dem Frauen unentgeltlich arbeiten würden, weil sie nicht den gleichen Lohn wie Männer bekommen.

Laut Statistischem Bundesamt beträgt die durchschnittliche Lohnlücke in Deutschland 21 Prozent, in Schleswig-Holstein liegt sie bei 15 Prozent. Ein Teil dieser Lohnlücke lässt sich auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen. Viele Frauen erlernen Berufe, die schlechter bezahlt sind, arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit oder in Minijobs.

Jamaika-Koalition will Gleichstellungsstrategie

In einem Alternativantrag fordern CDU, Grüne und FDP von der Landesregierung eine Gleichstellungsstrategie unter breiter Beteiligung aller Ressorts sowie weiterer gesellschaftlicher Akteure, Verbände und Organisationen, wie zum Beispiel Gewerkschaften und Arbeitgeber. Der Fokus soll dabei auf Arbeitszeitmodelle, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Digitalisierungsprozesse liegen. Die Jamaika-Koalition will sich zudem an Ländern orientieren, die eine hohe Platzierung im Gleichstellungsindex der Europäischen Union haben.

Auch die EU-Kommission, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund und Sozial- und Frauenverbände unterstützen sogenannte Gleichstellungsstrategien. Sie sollen unter anderem dafür sorgen, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen.

(Stand: 15. Juni 2020)

Vorherige Debatte zum Thema:
Januar 2020 (Gleichstellungsbericht)

Anträge

Entgeltgleichheit wirksam regeln
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2064(neu)

Erstellung einer Gleichstellungsstrategie für Schleswig-Holstein
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2169