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11. Dezember 2020 – Dezember-Plenum

Der Norden verschärft Corona-Kurs

Der harte Lockdown für den Norden kommt – und das noch vor den Feiertagen. Die große Mehrheit im Landtag steht hinter dem Kurs der Landesregierung. 

Ralf Stegner SPD
„Wir unterstützen ausdrücklich die Generallinie der Landesregierung“, sagt SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD). Foto: Thomas Eisenkrätzer

In der Woche vor Weihnachten sollen die Corona-Einschränkungen in Schleswig-Holstein drastisch verschärft werden. Das hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Landtag verkündet – unabhängig von der bevorstehenden Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin. „Wenn wir uns die Zahlen angucken, müssen wir feststellen, dass sie sich rasant entwickeln“, sagte Günther: „Wir müssen jetzt schnell handeln.“ Im Parlament gab es breite Unterstützung für den Kurs der Landesregierung. 

Konkret: Statt zehn Personen aus zwei Haushalten sollen ab der kommenden Woche maximal fünf Personen aus höchstens zwei Hausständen zusammenkommen dürfen. Ausgenommen sei nur die engste Familie, so der Ministerpräsident. Ab Montag wird es in den Schulen ab der 8. Klasse keinen Präsenzunterricht mehr geben. Für die Klassen 1 bis 7 gilt der Appell an die Eltern, zu prüfen, ob ihre Kinder zu Hause bleiben können. Günther appellierte zudem an die Eltern, ihre Kita-Kinder zu Hause zu betreuen, sofern dies möglich sei.

Opposition unterstützt die „Generallinie“

Die bereits zugesagte Möglichkeit, in schleswig-holsteinischen Hotels für Verwandtenbesuche über Weihnachten übernachten zu können, wird wieder kassiert. Erlaubt seien nur noch Hotelübernachtungen aus beruflichen Gründen oder für Trauerfeiern. Außerdem werden Ausschank und Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit untersagt. Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 10. Januar. Dem Land stünden „vier harte Wochen“ bevor, so Günther, und es gebe keine Garantie, dass nach vier Wochen „der Spuk vorbei ist“. Der Corona-Impfstoff mache aber auch Hoffnung für das kommende Jahr. „Gemeinsam werden wir das schaffen“, warb der Regierungschef für Solidarität und Akzeptanz der Einschränkungen.

„Wir unterstützen ausdrücklich die Generallinie der Landesregierung“, sagte SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD): „Die Experten haben uns eindringlich vorgerechnet, wie viele Leute in den kommenden Monaten sterben werden, wenn wir nicht konsequent handeln.“ Stegner forderte erneut eine „Inzidenzampel“ mit festgelegten Maßnahmen bei bestimmten Infektionszahlen. Zudem machte er sich für weitere Überbrückungshilfen für die Wirtschaft stark: „Der Bund wird sich noch einmal engagieren müssen.“ Es sei nicht die Politik, die sich jeden Tag etwas neues ausdenke, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch: „Es ist die Dynamik der Pandemie, die uns zum Handeln zwingt.“ Die Landesregierung habe stets „schnell und entschieden“ agiert, und dies erwarte er nun auch von den anderen Bundesländern, sagte Koch und nannte Berlin, Bayern, Sachsen und Thüringen als Negativbeispiele.  

„Schleswig-Holstein war stets konsequent“

„Weil wir von Anfang an konsequent waren, haben wir noch freie Kapazitäten in den Kliniken“, unterstrich Eka von Kalben (Grüne). Es mache keinen Spaß, das Land runterzufahren, so die Grünen-Fraktionschefin: „Niemand will Menschen die Existenz nehmen.“ Aber die getroffenen Maßnahmen reichten nicht aus, und „wir müssen die Kontrolle wiedererlangen“. Christopher Vogt (FDP) verwies darauf, dass Schleswig-Holstein im Vergleich niedrige Inzidenzzahlen und zugleich die bundesweit höchste Zustimmung zur Arbeit der Landesregierung habe: „Wir haben es meistens konsequenter gemacht als die Bundesländer, die es besonders nötig hätten.“ Einen „Alleingang“, etwa bei der Schließung des Einzelhandels, komme für ihn nicht in Frage, so Vogt, allein schon wegen der engen Verwobenheit mit Hamburg.

„So langsam aber sicher rollt eine Katastrophe auf uns zu“, stellte Lars Harms (SSW) fest: „Mir soll keiner damit kommen, das sei nur eine Grippe.“ Harms hielt auch „stark abweichende Maßnahmen zu anderen Bundesländern“ für möglich, „wenn sie die Menschen schützen“. Er regte an, Schüler ab Klasse 8 ab dem 10. Januar in der ersten vollen Schulwoche nach den Ferien online zu unterrichten, damit sich eventuelle Ansteckungen auf Silvesterfeiern nicht weiterverbreiten. Jörg Nobis (AfD) forderte, die Maßnahmen „abgestimmt auf das konkrete lokale Infektionsgeschehen“ auszurichten und nicht die „Rasenmähermethode“ anzuwenden. Angesichts beständig niedriger Zahlen etwa in Nordfriesland, Schleswig-Flensburg oder Ostholstein seien „Maßnahmen mit Augenmaß“ gefragt.

In einem Dringlichkeitsantrag fordert die SPD, dass die Landesregierung noch „in der laufenden 39. Tagung zur Verhandlungsposition der Landesregierung zu den Corona-Maßnahmen für die anstehenden Beratungen der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder“ berichtet. Darin sollen auch eigene Überlegungen zur Umsetzung der Maßnahmen in Schleswig-Holstein einfließen. Die Länderchefs werden in den nächsten Tagen erneut mit Kanzlerin Angela Merkel über das weitere Vorgehen beraten, möglicherweise am Sonntag.

Der Dringlichkeit des SPD-Antrages wurde während der Plenarsitzung am Donnerstagvormittag einstimmig stattgegeben. Das Thema soll am Freitag zu Sitzungsbeginn um 10 Uhr aufgerufen werden.

Harter Lockdown vor Weihnachten im Gespräch

Unterdessen verdichten sich die Anzeichen, dass es im Norden zu einem harten Lockdown noch vor Weihnachten kommt. Bei harten Maßnahmen erst zu Weihnachten würden die Infektionszahlen in der nächsten Zeit weiter nach oben gehen, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Donnerstag in Kiel. „Es muss unser gemeinsames Ziel sein, diese Pandemie bestmöglich zu bekämpfen, die Menschen auch möglichst zu schützen, dass es möglichst wenig Tote gibt, dass die Krankenhäuser nicht überlastet werden.“ Deshalb sei in diesen Zeiten schnelles verantwortliches Handeln notwendig und deshalb habe er am Vorabend auch von einem harten Lockdown spätestens ab Weihnachten gesprochen. Der Regierungschef sprach sich zudem für bundesweite Schließungen im Einzelhandel ab dem 27. Dezember aus und forderte einen Verzicht auf sämtliche Silvesterfeiern.

Das Landeskabinett von CDU, Grünen und FDP war am Donnerstagmittag zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um über weitere Corona-Schutzmaßnahmen zu beraten. Die Regierung holte sich auch Experten-Rat ein.

Keine Alleingänge

Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben hatte zuvor einen harten Lockdown in Schleswig-Holstein ab der kommenden Woche befürwortet. Am besten sei ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen bei der Eindämmung der Pandemie, zumindest aber mit den anderen norddeutschen Ländern. „Wir brauchen eine schnelle Entscheidung. Wir müssen jetzt die Zahlen runter kriegen und nicht erst in zehn Tagen.“

Auch Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) sprach sich gegen Alleingänge aus. Zumindest eine Abstimmung in ganz Norddeutschland sei zwingend. Er sei sicher, dass sich Schleswig-Holstein einer bundesweiten Vereinbarung nicht entgegenstellen werde. Es sei klar, dass es harte Maßnahmen geben werde. Notwendig seien Verlässlichkeit und klare nachvollziehbare Regeln.

Weiter hohe Infektionszahlen

In Schleswig-Holstein wurden nach Angaben der Landesregierung von Mittwoch innerhalb eines Tages zuletzt 297 neue Corona-Fälle gemeldet. Das liegt nur wenig unter dem Höchstwert von 318 am 4. Dezember. Seit Sonntag gilt das Land als Corona-Risikogebiet, weil der Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen auf mehr als 50 gestiegen war. Nach aktuellen Zahlen vom Mittwochabend stieg dieser Wert weiter – auf 58,5.

(Stand: 10. Dezember 2020)

Mehr zum Thema:
Aktuelle Stunde (Dezember-Plenum)

Dringlichkeitsantrag

Landtag über die Verhandlungsposition der Landesregierung informieren
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2649

Stichwort: Dringlichkeit

Die Tagesordnung einer Landtagssitzung steht zehn Tage vor Tagungsbeginn fest. Ein Beratungsgegenstand, der nicht auf der Tagesordnung steht, kann nur dann kurzfristig eingeschoben werden, wenn das Plenum die Dringlichkeit feststellt. Dazu sind zwei Drittel der abgegebenen Stimmen nötig.