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09.05.01
10:19 Uhr
CDU

Jost de Jager: Ganztagsschulen sollen mehr Bildung bringen

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 185/01 vom 9. Mai 2001
TOP 9 Jost de Jager: Ganztagsschulen sollen mehr Bildung bringen

Als Redner der CDU-Fraktion freue ich mich zunächst einmal, dass die Bildungskampagne der CDU vom Herbst und Winter Früchte getragen hat und dass der Beschluss unseres Landesparteitages nach einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Einführung von Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein eine politische Diskussion in Gang gesetzt hat, die heute zu dieser Landtagsdebatte führt. Denn unbestritten ist es so, dass erst durch die Initiative der CDU die Ganztagsschulen, die zu Karteileichen der Bildungsprogramme von Rot und Grün verkommen waren, wieder zum Leben erweckt werden. Wir sind, das geben wir zu, nicht die ersten gewesen, die die Ganztagsschulen fordern, aber wir sind diejenigen, die mit dieser Forderung echte Politik machen.
Davon wollte offenbar auch die FDP. profitieren, und deshalb hat sie einen äußerst dürren Antrag eingebracht. Offenbar der schleswig-holsteinische Beitrag zur „Strategie 18 %“. Eine echte politische Leistung steht nicht dahinter, wenn man lediglich die Themen auf die Tagesordnung des Landtages setzt, die andere angestoßen haben. Und es ist auch für eine zielführende Debatte zu kurz gesprungen, wenn man meint, die Ganztagsschulen herbeizaubern zu können, in dem man einfach nur den Begriff Ganztagsschule in den Mund nimmt. Nein, man muss schon genauer sagen, was man will.
Die CDU hat die Forderung nach einem bedarfsgerechten Angebot von Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein deshalb zu diesem Zeitpunkt erhoben, weil sich die gesellschaftlichen Verhältnisse spürbar und messbar geändert haben. Es gibt einen Bedarf an ganztägiger Betreuung und Ganztagsschulen, der sich demoskopisch erfassen und der sich an den sozialen Realitäten ableiten lässt. Wir wollen ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Netz an Ganztagsschulen. Es wird davon ausgegangen, dass zudem der Bedarf an Ganztagsschulen zwischen 20 und 40 % liegt. Wir wollen diesen Bedarf in Schleswig-Holstein erfüllen und mittelfristig 250 Ganztagsschulen einrichten. Es gibt aber bei näherem Hinsehen zwei verschiedene Arten des Bedarfs. Zum einen ist es ein Bedarf nach Betreuung, der aus der steigenden Zahl allein erziehender Eltern resultiert und die Tatsache, dass in immer mehr Elternhäuser, in denen beide berufstätig sind.
Zum anderen gibt es einen Bedarf an ganztägiger Betreuung und vor allem ganztägiger Beschulung an sozialen Brennpunkten. Dort, wo Eltern ihre erzieherische Aufgabe nicht erfüllen und eine ganztägige Betreuung auch aus Gründen einer geordneten Sozialisierung der Kinder erforderlich ist.
Diese beiden Bedarfe sind sehr unterschiedlich und sie betreffen auch Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schularten. Aus diesem Grunde glauben wir, dass es nicht richtig wäre, die Einführung von Ganztagsschulen zu verkürzen auf eine Schulart, die Hauptschule. Ganztagsschule darf nicht das Privileg einzelner Schularten sein, sondern muss ein Angebot für alle werden.
Es wäre insgesamt aber traurig, meine Damen und Herren, die Forderung nach Ganztagsschulen allein aus der Notwendigkeit herzuleiten, Kinder irgendwie unterzubringen. Man muss vor allem die pädagogischen Chancen erkennen, die mit der Ganztagsschulen einhergehen. Das Motto lautet nicht nur mehr Zeit für Betreuung, sondern vor allem: Mehr Zeit für Schule.
Es ist kein Geheimnis, dass für uns in der CDU die Diskussion um ein vermehrtes Angebot an Ganztagsschulen mit ausgelöst wurde durch Anregungen der Wirtschaftsverbände. Und die haben ihre Initiative für mehr Ganztagsschulen vor allem mit einer Qualitätsverbesserung der Schulen insgesamt begründet. Deshalb muss man sehr genau zwischen ganztätiger Betreuung und Ganztagsschule unterscheiden.
Ganztägige Betreuung bedeutet ein wie auch immer geartetes Freizeit- und Betreuungsangebot am Nachmittag, das inhaltlich und konzeptionell getrennt ist vom Unterricht am Vormittag. Betreuung ist Aufgabe der Schulträger.
Die Ganztagsschule hingegen ist mehr als Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag. Aus diesem Grund muss der Begriff Ganztagsschule und die vermehrte Einführung weiterer Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein mit ganz bestimmten inhaltlichen Anforderungen verbunden sein. Ganztagsschulen eröffnen in erster Linie auch zusätzliche Möglichkeiten für eine intensivere Vermittlung von Bildungsinhalten und die Wahrnehmung des schulischen Erziehungsauftrages. Dies beinhaltet die oben genannten pädagogischen Chancen, von denen ich gesprochen habe.
Eines der profilbildenden Elemente von Ganztagsschulen müssen die zeitliche Entzerrung des Unterrichts an Vormittagen sowie die inhaltliche Verzahnung von Unterricht und außerunterrichtlichen Aktivitäten sein.
Wichtig ist auch, dass die außerunterrichtlichen Aktivitäten auf einem professionellen Angebot beruhen. Damit wollen wir keine unnötigen bürokratischen Hürden aufbauen, sondern gewährleisten, dass die außerunterrichtlichen Aktivitäten wirklich verlässlich und sinnvoll sind. Diese Forderung entspricht im übrigen auch den Erfahrungen der bereits bestehenden Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein. Zu einer Ganztagsschule gehören selbstverständlich ein Mittagessen und feste Schulzeiten, nämlich nach unseren Vorstellungen an mindestens vier Tagen die Woche ein Angebot bis 16.00 Uhr. Die Teilnahme muss für Schülerinnen und Schüler, die angemeldet sind, verbindlich sein, das ist Voraussetzung.
Dies führt mich allerdings zu einem ganz entscheidenden Punkt. Die Anmeldung an eine Ganztagsschule ist selbstverständlich immer freiwillig und muss dies de facto auch immer bleiben. Das bedeutet aber, dass Eltern immer eine realistische Wahlmöglichkeit haben müssen zwischen einer Ganztagsschule und einer Halbtagsschule.
Wir müssen aufpassen, dass das Elternrecht derjenigen, die ihr Kind auf eine Ganztagsschule schicken möchten, nicht zu Lasten der Eltern geht, die dies nicht tun wollen. Nach wie vor wird es auf absehbare Zeit so sein, dass der überwiegende Teil der Eltern ihr Kind nicht ganztägig beschult haben möchte. Und aus diesem Grund ist bei der Umwandlung von Schulen in Ganztagsschulen, zu der ich gleich komme, darauf zu achten, dass für alle Schülerinnen und Schüler und für alle Eltern in einer zumutbaren Entfernung auch eine Halbtagsschule weiterhin besteht.
Und damit komme ich zur Umsetzung dieser bislang ja noch abstrakten Forderung nach mehr Ganztagsschulen. Entscheidend für die Glaubwürdigkeit unserer Forderung hinweg wird es sein, ob es uns gelingt, zeitnah und realistisch zusätzliche Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein zu schaffen. Nach unseren Vorstellungen sollen wir damit im Schuljahr 2002 / 2003 beginnen und wir schlagen vor, dass zunächst 15 zusätzliche Ganztagsschulen eingerichtet werden. Für diese erste Phase soll es einen Wettbewerb der Standorte und der Konzepte geben.
Was wir nicht wollen, aber wie es etwa die FDP. vorschlägt, ist ein festes Kontingent pro Kreis. Vielmehr wollen wir die ersten zusätzlichen Ganztagsschulen dort einrichten, wo der Bedarf am größten ist und wo die Umwandlung bestehender Halbtagsschulen in Ganztagsschulen am problemlosesten erfolgen kann. Wir können ja nicht davon ausgehen, dass es überall in Schleswig-Holstein einen gleichen Bedarf an Ganztagsschulen gibt und insofern sollten wir die ersten zusätzlichen dort schaffen, wo der Bedarf auch tatsächlich am größten ist. Das können Ballungszentren sein, müssen es aber nicht.
Es können auch Standorte sein, wo sich Schulträger und Schulen besonders intensiv mit einem eigenen Konzept um die Einrichtung einer Ganztagsschule bemühen oder wo es bereits gute räumliche Voraussetzungen für eine Ganztagsschulen gibt, was im wesentlichen das Vorhandensein eines zusätzlichen Raumangebotes und Verpflegungsmöglichkeiten, etwa eine Mensa oder wie auch immer, beinhaltet.
Diese erste Phase sollten wir möglichst flexibel gestalten, um den Einstieg nicht zu erschweren. Nur gleichzeitig müssen Vorbereitungen getroffen werden, um den weiteren Bedarf decken zu können und dazu gehören konkrete Daten über die entsprechenden zusätzlichen erforderlichen Finanzmittel von Land und Schulträger. Es gehören konzeptionelle und finanzielle Vereinbarungen zwischen dem Land und den Schulträgern sowie Formulierungen für die notwendigen Änderungen im Schleswig- Holsteinischen Schulgesetz. Denn gerade was die inhaltlichen Anforderungen anbelangt, müssen wir Klarheit und Verlässlichkeit für alle Standorte schaffen. Denn am Ende darf es nicht zu einem Flickenteppich von unterschiedlichen Ganztagsschulen mit einer unterschiedlichen Schulqualität kommen.
Ganztagsschulen kosten mehr Geld. Daran führt kein Weg vorbei. Der eben beschriebene Einstieg mit 15 zusätzlichen Ganztagsschulen würde nach unseren Berechnungen zusätzliche Personalkosten zwischen 5 und 10 Mio. DM für das Land erfordern.
Dieses Geld – und die zusätzlichen Kosten, die durch eine Ausweitung des Angebots entstehen – ist dann zu rechtfertigen, wenn damit auch tatsächlich ein Mehr an Bildung einhergeht. Das wollen wir erreichen.