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26.08.11
14:35 Uhr
Linke

Rede von Heinz-Werner Jezewski zum Bleiberecht: "Kettenduldungen sind unmenschlich!"

Jannine Menger-Hamilton Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 26: Bleibe- Pressesprecherin recht DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag 308/2011 Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Es gilt das gesprochen Wort. Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Kiel, 26. August 2011 Mobil: 0160 / 90 55 65 09
presse@linke.ltsh.de
www. linksfraktion-sh.de


Rede von Heinz-Werner Jezewski zum Bleiberecht: „Kettenduldungen sind unmenschlich!“
„Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen,
der Fall des 14-jährigen Tigran S. hat viele von uns in Atem gehalten. Antje Jansen, ich und viele Mitg- lieder der LINKEN aus Lübeck und Umgebung haben sich engagiert eingesetzt, um die Abschiebung des jungen Armeniers und seiner Familie zu verhindern.
Es war schon bemerkenswert, dass Anteilnahme und Engagement einmal nicht vor Parteigrenzen halt machen. In jeder Partei fand sich mindestens Eine oder Einer, die oder der sich empört hat über diese geplante Abschiebung.
Gemeinsam mit Nachbarn, Mitschülerinnen und Mitschülern Freundinnen und Freunden von Tigran und seiner Familie konnte diese Abschiebung so verhindert werden. Nicht zuletzt dank des Eingrei- fens des Justizministers durfte die Familie schließlich bleiben. Eine Entscheidung zu revidieren, und das noch unter dem Druck der Öffentlichkeit und des politischen Gegners, das schaffen nicht viele. Dafür gehört Ihnen mein Respekt, Herr Schmalfuß.
Wie es in dem Fall weitergeht, weiß allerdings noch niemand, das wird ja Gegenstand des nächsten Innen- und Rechtsausschusses sein. So sehr wir uns aber alle darüber freuen, dass Tigran und seine Familie bleiben dürfen, so müssen wir doch sehen, dass der Fall kein Einzelfall ist.
Aus Schleswig-Holstein werden Kinder in Länder abgeschoben, die sie nur aus Erzählungen kennen und deren Sprache sie nicht sprechen. Menschen werden, nachdem sie jahrelang mit uns gelebt ha- ben, zum Gehen gezwungen.
Im Fall Tigran stellt sich exemplarisch die Frage: Wie steht es eigentlich um die Gesetzgebung, die so etwas nicht nur zulässt, sondern sogar erzwingt? Zumindest dann, wenn sich nicht zufällig viele Men- schen und vor allem ein Justizminister finden, die Gnade vor Recht ergehen lassen.

Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Ich finde es schon bemerkenswert, dass ein Minister dieser schwarz-gelben Regierung jetzt einen Vorstoß zur Änderung des Aufenthaltsrechtes macht.
DIE LINKE fordert seit langem auf Bundes- und Landesebene ein Ende der Kettenduldungen und ein Bleiberecht, das diesen Namen verdient hat.
Herr Schmalfuß, Sie haben angekündigt, sich für einen neuen Aufenthaltstitel für gut integrierte Menschen einzusetzen. Das ist vernünftig und das unterstützen wir. Allerdings wollen wir gemeinsam über Kriterien für das „Integriert-sein“, noch einmal nachdenken.
Wie, so frage ich mich nämlich, soll man eigentlich in einem Land ankommen, wenn man jahrelang nicht weiß, ob man morgen abgeschoben wird? Wie soll man sich eigentlich in einem Land zuhause fühlen, wenn man per Gesetz dazu verdammt wird Jahre lang in einer maroden Flüchtlingsunter- kunft, abgeschnitten vom sozialen Leben der Bewohner dieses Landes zu hausen? Wie soll man ei- gentlich seinen Lebensunterhalt selber verdienen, wenn man jahrelang keine Arbeitserlaubnis be- kommt? Wie soll man eigentlich Arbeit finden, wenn einem sein Berufs- und Bildungsabschluss nicht anerkannt wird? Und wie soll man seinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn man nur nachrangig zum Arbeitsmarkt Zugang bekommt?
Es muss anders herum laufen, denn nur mit Bleiberecht können die Menschen eine Perspektive für ihr Leben entwickeln. Grundsätzlich habe ich allerdings etwas dagegen, Menschen in wirtschaftlich nützliche und wirtschaftlich nicht-nützliche einzuteilen, wie es ihr Vorschlag Herr Schmalfuß und auch der Antrag der Grünen beide tun. Ich glaube, dieser Weg führt uns in die Irre. An dieser Stelle möge sich jeder hier einmal fragen, ob das eigentlich seinem Menschenbild entspricht.
Wenn es tatsächlich ihr erklärtes Ziel ist, Kettenduldungen zu verhindern, Herr Schmalfuß, dann müs- sen Sie Ihre Kriterien an die Lebensrealitäten dieser Menschen anpassen.
Wenn Sie gut integrierten Menschen ein Bleiberecht verschaffen möchten, dann müssen Sie für Deutschkurse ab der ersten Stunde, für eine erleichterte Anerkennung von Berufs- und Bildungsab- schlüssen und für ausreichende Qualifizierungsmaßnahmen sorgen. Und niemand darf in diesem menschenverachtenden Schwebezustand zwischen Abschiebung und Bleiberecht allein gelassen werden. Kettenduldungen gehören abgeschafft!
Wir haben die Forderungen der LINKEN in einem Änderungsantrag formuliert, denn auch der Antrag der Grünen geht uns nicht weit genug. Auch dieser Antrag stellt nämlich nicht die Logik in Frage, nach der Menschen in wirtschaftlich Nützliche und in Überflüssige eingeteilt werden. Die Guten ins Töpf- chen, die Schlechten ins Kröpfchen. Das werden wir nicht mittragen. Vielen Dank für Ihre Aufmerk- samkeit.“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de