Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
15.06.18
10:33 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Warum 0,5% Fremdstoffe zulassen?

Presseinformation Kiel, den 15.06. 2018

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 21 Kunststoffe konsequent von Lebensmittelabfällen trennen Drs. 19/740

Also wieviel weniger als 0,5% Kunststoffanteile dürften demnach in den Gärresten und Komposten drin sein? Nach den bisherigen Erfahrungen, die wir mit den Plastikteilchen in der Schlei gemacht haben, hätte ich mir eine deutlichere Aussage gewünscht, die keinen Spielraum für Interpretationen zulässt.

Die Verunreinigung und Vermüllung der Schlei durch Plastikteilchen hat in Schleswig-Holstein
eine alte Debatte neu in Gang gesetzt. Alt, weil Plastikmüll oder die Vermeidung vom Plastikmüll
keine neue Diskussion ist. Neu hingegen ist, dass wir guten Glaubens waren, dass in Bioabfall
auch nur Abfälle tierischer oder pflanzlicher Herkunft gehören.
Seit den Funden in der Schlei wissen wir, dass dies nicht so ist. Es gibt nämlich eine Lücke im
System, die es zulässt, dass Bioabfälle bis zu 0,5% der Trockensubstanz Fremdstoffe aufweisen
dürfen, so steht es in der Bioabfallverordnung. Gleiches gilt für Gärreste und Komposte nach der
Düngeverordnung. 2
Was seinerzeit zum Schutz der Wirtschaft gedacht war, also um Betriebe zu schützen die
Fremdstoffe versehentlich beigemengt haben, wird nun ausgenutzt und ausgereizt.
Sortiermaßnahmen werden auf das notwendigste reduziert. Heute stellen wir fest: Das ist ein
Fehler im System und diesen Fehler will Jamaika nun beheben. So verstehe ich auch den
vorliegenden Antrag mit den beiden Punkten zur Bioabfall- und Düngeverordnung.
Richtig ist, dass etwas geändert werden muss. Ich sehe aber die Gefahr und möchte darauf
aufmerksam machen, dass wieder Lücken entstehen können, die wir heute noch nicht erahnen
können. Damit meine ich die unter Punkt 1 geschaffene Ausnahmeregelung. Denn die
Beimengung von Kunststoffen soll nur untersagt werden, wenn organische Abfälle dem
Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Im Umkehrschluss heißt das: Organische Abfälle, die nicht
dem Stoffkreislauf zurückgeführt werden, können weiterhin mit Fremdstoffen vermengt
werden. Hier schaffen wir unnötig eine neue Lücke.
Der Punkt 2 des Antrages lässt auch einen Spielraum zu, der nicht gewollt sein kann. Der
Kunststoffanteil soll demnach auf das technisch mögliche Minimum reduziert werden und sogar
gegen Null gehen. Ich halte diese Formulierung für zu schwammig, denn was ist mit gegen Null
gemeint? Also wieviel weniger als 0,5% Kunststoffanteile dürften demnach in den Gärresten und
Komposten drin sein? Nach den bisherigen Erfahrungen, die wir mit den Plastikteilchen in der
Schlei gemacht haben, hätte ich mir eine deutlichere Aussage gewünscht, die keinen Spielraum
für Interpretationen zulässt. Bioabfall ist Bioabfall, Schluss aus und nichts anderes!
Gleichwohl ist die Zielsetzung des Antrags richtig, es muss darum gehen, Plastikeinträge in die
Umwelt zu vermeiden. Ein erster wichtiger Schritt dahin wurde jüngst bei der
Umweltministerkonferenz in Bremen gemacht. Das ist auch gut so, denn bisher waren die
Signale aus Berlin, zu diesem Thema eher verhalten. 3
Mit dem letzten Absatz des Antrages greift die Koalition einen weiteren Punkt auf, der im
Zusammenhang mit verpackten Lebensmitteln steht. Es geht schlicht darum, dass immer mehr
abgelaufene Lebensmittel mit ihren Plastikverpackungen weggeschmissen werden.
Dies ist ein großes Rad das gedreht werden muss. Zum einen hat der Handel, als Anbieter, hier
eine Verantwortung. Dessen ist er sich durchaus bewusst. Aber er ist auch bestrebt, alle Produkte
bis kurz vor Ladenschluss vorzuhalten, damit auch der späte Kunde zufrieden das Geschäft
verlässt. Darum kann letztendlich nur einen Erfolg erzielt werden, wenn sich auch das
Bewusstsein und das Kaufverhalten der Verbraucher ändert.
Die Ursachen zu ergründen ist das Eine, wichtiger ist jedoch, hierfür Strategien und Maßnahmen
zu entwickeln, die einer solchen Lebensmittelverschwendung entgegenwirken.
Bund und Länder sind gemeinsam gefordert, das Problem der Lebensmittelverschwendung
ernsthaft zu anzugehen. Richtig ist, es gibt eine Nationale Strategie zur Reduzierung von
Lebensmittelverschwendung und das langfristige Ziel der Strategie ist, die Verschwendung bis
2030 um 50% zu reduzieren. Die Frage ist aber, wer weiß davon? Wer es ernst meint, mit einer
solchen Strategie, die als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen wird, muss sie auch
entsprechend bewerben.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html