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15.06.18
10:57 Uhr
SPD

Kirsten Eickhoff-Weber zu Top 11: Es ist Zeit für ein verbindliches Label, das am Verbraucherinteresse und am Tierwohl ausgerichtet ist

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 15. Juni 2018



Kirsten Eickhoff-Weber
TOP 11: Haltungskennzeichnung für Fleisch- und Milchprodukte einführen (Drs-Nr.: 19/676)


Es ist Zeit für ein verbindliches Label, das am Verbraucherinteresse und am Tierwohl ausgerichtet ist

„Wir haben schönes Wetter. Aber Ihr Antrag ist aus unserer Sicht – es tut mir leid, das so sagen zu müssen – ein Schönwetterantrag.“ Das war der erste Satz in dem Redebeitrag des Kollegen Heiner Rickers in der Sitzung des Landtages im Mai 2014 zum Antrag der Küstenkoalition „Für eine transparente und verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsformen bei tierischen Lebensmitteln“. Wenn Sie den Antrag der Küstenkoalition vor vier Jahren als Schönwetterantrag bezeichnet haben, dann müssen wir heute Ihren Jamaikaantrag als Schaufensterantrag einordnen. Zumal und das kommt noch erschwerend hinzu, die Entwicklungen der letzten Wochen diesen Antrag überholt haben. Bereits Anfang April hat Gitta Connemann, die stellv. Vorsitzende der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag in einem Brief an den Verbraucherschutzkommissar eine Kennzeichnungspflicht für die Herkunft und Produktionsweise von Eiern und anderen tierischen Produkten wie Fleisch und Milch in Fertigprodukten gefordert.
Gute Idee, aber auch Augenwischerei, ist doch bekannt, dass es derzeit keine Möglichkeiten gibt, diesen Ansatz auf EU-Ebene umzusetzen, dafür gibt es bekanntermaßen schlicht und einfach keine Mehrheiten. Stattdessen sollten wir uns auf Bundesebene endlich um die 2



Einführung eines staatlichen Tierwohllabels kümmern und zwar zügig. Ein staatliches Tierwohllabel, das bei der Ausgestaltung an dem Tierschutzlabel des deutschen Tierschutzverbandes orientiert sein sollte. Das Tierschutzlabel muss dem Tierwohl dienen, der Transparenz für die Verbraucher und nicht dem Marketing der Fleischindustrie. Und – hier sind wir uns sogar einig – die Haltungs- und Herkunftskennzeichnung muss verpflichtend sein. Wir sind uns hier einig, nur liebe CDU ihre Landwirtschaftsministerin will ein freiwilliges staatliches Tierschutzlabel. Hier muss wohl noch einige Überzeugungsarbeit geleistet werden. Aber keine Sorge, in der Frage wissen Sie sogar den Deutschen Bauernverband an ihrer Seite. Und außerdem hat auch die Agrarministerkonferenz Anfang Mai den Weg freigemacht für ein staatlich verbindliches Tierwohllabel. Bis zum Herbst erwarten die Minister den Entwurf für eine nationale Kennzeichnungsregelung. Wir dürfen dieses Thema nicht länger dem Lebensmitteleinzelhandel überlassen. Hier findet zurzeit statt, was der letzte Bundeslandwirtschaftsmister nicht auf die Reihe bekommen hat. Allerdings mit einigen sehr bedenklichen Auswirkungen. Es darf nicht sein, dass die Lebensmittelindustrie die Standards festlegt und nicht der Staat. Wer soll die unabhängige Kontrolle gewährleisten, wenn nicht die Behörden? Zum einen steht der Verbraucher einer Label-Vielfalt gegenüber, die überaus verwirrend ist und damit möglicherweise wieder Tür und Tor für Missbrauch durch den Handel öffnet. Und wenn ich mir als Verbraucherin nicht wirklich sicher sein kann, dass das Produkt, das ich kaufe, zuverlässig Tierwohlkriterien erfüllt, warum soll ich dann dafür mehr Geld ausgeben? Auf der anderen Seite müssen die Bauern je nach Handelskette spezifische Verpflichtungen eingehen. Damit werden sie in eine Abhängigkeit getrieben. Die Unternehmen entscheiden wie die Bauern ihre Tiere zu halten haben, welche Genetik, welches Futter, welcher Tierarzt auf den Hof kommt. Bei Preisdruck und Knebeleien können die Bauern nicht einfach wechseln, da sie ja nun spezifisch z.B. LIDL-Schweine machen und die können dann bei EDEKA nicht verkauft werden. Diese Vertikale-Integration ist der falsche Weg.
Wir wollen, dass Bauern in eigener Verantwortung, orientiert an einem zuverlässigen staatlichen Tierwohllabel, dem Verbraucherinteresse und dem Tierwohl verpflichtet, eine nachhaltige Nutztierhaltung betreiben. Ein ambitioniertes staatliches Tierwohllabel bietet nicht nur ein deutliches Mehr an Tierwohl in unseren Ställen, sondern stellt auch ein substanzielles Maß an Transparenz für den Verbraucher her. Es ist allerhöchste Zeit, dass ein verbindliches Label auf den Weg gebracht wird. Zusätzlich fordern wir ein Bundesprogramm „Nachhaltige Nutztierhaltung“. Dabei dürfen wir die Landwirte beim tierwohlgerechten Umbau ihrer Ställe nicht im Regen stehen lassen. Besonders in der Übergangszeit. Ja, Verbraucher sind bereit mehr Geld für eine tierwohlgerechte nachhaltige Nutztierhaltung zu bezahlen. Wenn sie sich denn darauf verlassen können! Das haben die Erfahrungen mit der vierstufigen Kennzeichnungspflicht 3



bei Eiern gezeigt. Aber das ist ein Weg und auf diesem Weg dürfen wir die Landwirtschaft nicht alleine die Last tragen lassen.
Wir wollen eine Neuausrichtung hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft: ökologisch verträglich, sozial gerecht, ökonomisch rentabel und am Tierwohl ausgerichtet. Das bedeutet auch, dass wir bei der Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik weg müssen von der flächengebundenen Förderung, hin zu einer, die die Leistungen für das Gemeinwohl honoriert!
Ich beantrage Überweisung in den Agrar- und Umweltausschuss. Dann können wir den Antrag im Blick behalten. Der aus dem Mai 2014 hat, wenn ich mich recht erinnere beim Landwirtschaftsminister nicht zu besonderen Aktivitäten in dieser Sache geführt.