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08.03.19
11:46 Uhr
B 90/Grüne

Aminata Touré zur Geschlechterparität in allen Parlamenten

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 20 – Geschlechterparität in allen Parlamenten Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die gleichstellungs- und 24105 Kiel frauenpolitische Sprecherin der Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Aminata Touré: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 108.19 / 08.03.2019

Parité-Gesetz: Wir Frauen haben keinen Bock mehr auf eure Ausreden
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
wir haben eine strukturelle Männerquote. Das ist mein Blickwinkel bei der Debatte. Und die Vehemenz, mit der man versucht, deutlich zu machen, dass ein Parité-Gesetz, nicht möglich ist, würde ich mir bei der Frage wünschen wie wir dieses Ziel erreichen.
Die CDU und FDP sagen immer, dass eine quotierte Liste das Problem der Wahlkreise nicht löst. Der CDU kann man noch sagen, fair enough, aber liebe FDP, was ist eure Entschuldigung? Soweit ich das mitbekommen habe, gewinnt ihr keine Wahlkreise, sondern eure Kandidat*innen ziehen über die Liste ein. Ihr könntet also mit einer quo- tierten Liste arbeiten und das Ziel, mehr Frauen in den Parlamenten, erreichen.
Brandenburg schlägt eine Regelung vor, die die Liste quotiert. Wir Grüne finden das gut und ein zusätzlicher Punkt und das ist eine weitere Option, dass verpflichtend pro Wahlkreis eine Frau und ein Mann gewählt werden muss. Eine andere Lösung, die dis- kutiert wird, ist, dass man eine Regelung findet, bei der der/die Wähler*in zwischen ei- ner Frau und einem Mann entscheidet.
Bei einem Argument der Gegenseite muss ich immer sehr schmunzeln und zwar wenn gesagt wird, dass man dann aufgrund der Quote in seine Position gekommen ist oder man selbst keine Quotenfrau sein möchte.
Erstens: Es ist das absolute Eingeständnis dessen, dass unsere jetzigen Strukturen in der Regel Männer in die Positionen bringen und es ist eine absurde Vorstellung, dass eine Frau, die durch eine Quotenregelung da ist, automatisch einen qualifizierten Mann aus dem Rennen schickt. Seite 1 von 3 Zweitens: Glaubt ihr eigentlich, dass auf Grünen Parteitagen die quotierten Plätze leer stehen und jemand da hingetragen werden muss? Wir hatten bei der Listenaufstellung zur Landtagswahl mehr Konkurrenzsituationen auf den Frauenplätzen als auf den offe- nen Plätzen, wo die Männer kandidieren. Frauen lassen sich finden und vor allem dann, wenn Frauen dafür gekämpft haben, dass dieses Instrument verankert wird. Das hat uns kein Mann geschenkt, dafür haben wir Frauen selbst gesorgt.
Drittens und das ist mein wichtigster Punkt: Ich bin noch nie morgens aufgewacht und hab gedacht: Verdammt, dieser Debatte bin ich nicht gewachsen, ach wär ich bloß ein CDU-Mann, der nicht durch die Quote ins Parlament gekommen ist. Ich versichere Ihnen, diese Gedanken quälen mich nicht. Ich wache jeden Morgen sehr fröhlich auf und weiß ganz genau, wofür ich kämpfe.
Und falls es irgendjemanden beruhigt, mit einer Quotenregelung, sind nicht nur Frauen quotiert, sondern auch Männer. Also braucht man das Argument der Quotenfrau nicht mehr bemühen, sondern es gibt fortan an dann auch endlich Quotenmänner.
Im Grunde genommen könnte es uns als Grünen egal sein. Wir erfüllen in der Regel 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer in unseren Fraktionen. Und deshalb ist es um- so absurder, dass gerade die Parteien, namentlich CDU und FDP, am vehementesten gegen eine solche Regelungen kämpfen und es die Parteien, die es hinbekommen oder sich dem Wert annähern diejenigen sind, die am meisten dafür kämpfen, nämlich wir Grünen und die SPD.
Uns ist es aber nicht egal, weil unser Kampf um Gleichberechtigung nicht aufhört, bis auch andere Frauen, ja auch anderer politischer Meinung und möglicherweise auch an- derer Meinung zu frauenpolitischen Themen, angemessen im Parlament vertreten sind. Unser Kampf um Gleichberechtigung ist nämlich solidarisch.
Sei es der Deutsche Bundestag, sei es unser Landesparlament, sei es irgendein ande- res Parlament: 30 Prozent Frauen ist ein Armutszeugnis für ein von sich selbst sagen- des progressives Land wie Deutschland.
Und man kann sich andere Länder weltweit ansehen, in denen die Repräsentation von Frauen viel höher liegt. Ruanda mit 61 Prozent auf Platz 1. Deutschland ist bei den na- tionalen Parlamenten auf Platz 45.
Und es wird natürlich auch mit dem Artikel 38 unseres Grundgesetzes argumentiert, weshalb ein Parité-Gesetz nicht geht. Abgeordnete werden in allgemeiner, unmittelba- rer, freier, gleicher und geheimer gewählt. Und die Gegenseite argumentiert zu Recht mit Artikel 3 des Grundgesetzes, der besagt, Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Und jetzt? Ja, meinetwegen können wir das auch ohne Gesetzesänderungen regeln, aber ich höre nichts Konkretes und solange ist es genau dieser Artikel 3 Grundgesetz, der unseren Kampf solange legitimiert, bis wir dieses Ziel erreicht haben. Solange bis genauso viele Frauen wie Männer in unseren Parlamenten sitzen. Und keinen Tag vor- her werden wir aufhören dafür zu kämpfen.
Und wenn ich dem wirklich Glauben schenken soll, dass das politische Ziel ist, wie im- mer wieder, auch jetzt, proklamiert wird, dass weniger Männer und mehr Frauen in den
2 Parlamenten sitzen sollen, dann bitte her mit konkreten Maßnahmen. Und zwar mehr als die da lauten: Frauen müssen sich einfach mehr engagieren.
Da draußen und zwar wortwörtlich heute um 16 Uhr hier in Kiel am Hauptbahnhof, sind so viele Frauen, die engagiert sind und die eine Menge zu sagen haben. Hört sie euch an. Dann wisst ihr, warum wir das brauchen. Die sind sauer. Die haben keinen Bock mehr auf die Ausreden, warum die Parteien es seit Jahrzehnten nicht hinbekommen, für mehr Repräsentation zu sorgen.
Kein Kampf um Emanzipation fing mit großer Zustimmung an, nein, ganz im Gegenteil. Frauen wurden müde belächelt, wurden nicht ernst genommen, haben unter allem Ein- satz für ihre Rechte gekämpft.
Wir brauchen eine Lösung und die Optionen sollten wir im Ausschuss diskutieren. Des- halb sind auch wir für die Überweisung des Antrages.
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