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28.03.19
12:21 Uhr
SPD

Birte Pauls zu TOP 37: Ergebnisse des Branchenchecks sind keine Überraschung

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 28. März 2019



TOP 37: Mündlicher Bericht zum Branchencheck Pflegekräfte (Drs. 19/1287)



Birte Pauls:
Ergebnisse des Branchenchecks sind keine Überraschung

Die Pflegesituation zu hinterfragen, ist grundsätzlich eine gute Sache. Einen großen neuen Erkenntnisgewinn gibt der Branchencheck Pflege aber nicht her. Sehr bedauerlich ist die geringe Anzahl der Beteiligten. Von den 918 befragten Einrichtungen haben gerade mal 249 Einrichtungsleitungen, also 27% an der Befragung teilgenommen, davon sind über 50% private Einrichtungen. Welche privaten Einrichtungen daran teilgenommen haben, ergibt sich aus dem Bericht nicht. Mir stellt sich allerdings die Frage, ob die großen gewinnorientierten Träger die besten Ratgeber in Sachen zufriedene Mitarbeiter sind?
Bei der Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben von den 23.638 Beschäftigten, auch hier setze ich mal ein Fragezeichen die nicht weiter klassifiziert aufgeschlüsselt wurden, ganze 706 Personen an der Befragung teilgenommen. Bei den 706 Personen konnte man noch nicht einmal sicherstellen, dass sie tatsächlich in der Altenpflege tätig sein, weil es eine öffentliche Onlinebefragung war. Hätte man ein Jahr gewartet, hätte man mit der Pflegeberufekammer einen sicheren Adressaten gehabt. Wenn man so eine Befragung in der Haupturlaubszeit Juli – August und damit bei noch engerer Personaldecke als ohnehin üblich durchführt, darf man sich vielleicht über die geringe Rückläuferquote auch nicht wundern. 2



Es wurden Fragen gestellt, die etwas außerhalb der üblichen Kritikpunkte wie Bezahlung und Personalmangel liegen und die zu den weichen Faktoren in der Arbeitszufriedenheit zählen. Ziel war es, Best Practice Beispiele herauszufiltern und Merkmale zu finden, die mit hoher Arbeitszufriedenheit einhergehen. Die Antworten sind logisch. Natürlich habe ich mit einer strategischen Personalentwicklung, einer anständigen Mitwirkung, einer guten Einarbeitungszeit und mit eigener Ausbildung einen geringeren Fachkräftemangel. Genauso umgekehrt: Wenn der Arbeitsplatz schlecht erreichbar ist, die Arbeitsbedingungen wie z.B. im ambulanten Bereich nicht gut sind und das Personal sich nicht auf Dienstpläne verlassen kann, dann muss ich schon damit rechnen, dass die Fachkräfte nicht Schlange stehen. Eine hohe Fluktuation, dauerhafte Überforderungssituationen und der ständige Einsatz von Zeitarbeitsfirmen machen unzufrieden. Das erstaunt genauso wenig wie, dass Gesundheitsangebote und Unterstützung bei der Kinderbetreuung als positiv gewertet werden. Bloß aber kommen letztere Maßnahmen reichlich spät. Meine Damen und Herren, was für eine Überraschung!
Erschreckend und bestätigend ist, dass lediglich 31% der befragten Einrichtungsleitungen angaben, dass in ihrer Einrichtung derzeit kein Fachkräftemangel herrscht. Bei 37% der Befragten kann die Einrichtung teilweise oder nur eingeschränkt geführt werden. Dass die Ausbildung zu einer strategischen Personalentwicklung gehört, ist klar. Die 19% der befragten Einrichtungen, die nicht ausbilden, sollten sich über einen Fachkräftemangel besser nicht beschweren. Wir sollten diskutieren, ob sie den doppelten Beitrag in den Ausbildungsfond zahlen müssen. Knapp 38% der befragten Personen gaben an, dass sie sich nicht vorstellen können in den nächsten Jahren in der jetzigen Einrichtung zu arbeiten. Davon gaben knapp 50% an, dass sie ganz aus dem Pflegeberuf ausscheiden möchten. Und jetzt, was hat dieser Branchencheck gebracht?? Nichts Neues jedenfalls. Die Realität hat diesen Check schon längst eingeholt.
Wir brauchen für alle Bereiche der Pflege einen gesetzlichen Personalbemessungsschlüssel, der sicherstellt, dass die Pflegenden ihren eigenen qualitativen Ansprüchen an eine zugewandte, fachlich fundierte Pflege gerecht werden können. Darüber hinaus sind verlässliche Dienstpläne und eine angemessene Bezahlung wichtig. Wenn das nicht passiert, helfen alle anderen Angebote, seien sie noch so sinnvoll auch nicht, die Fachkräfte zu sichern.