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28.03.19
17:02 Uhr
SPD

Heiner Dunckel zu TOP 12: Bei der Digitalisierung der Verwaltung müssen die Bedürfnisse der Bürger der Maßstab sein

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 28. März 2019



TOP 12: Bericht zum Status des Onlinezugangsgesetzes (Drs. 19/1172)



Heiner Dunckel:
Bei der Digitalisierung der Verwaltung müssen die Bedürfnisse der Bürger der Maßstab sein „Vielen Dank für den Bericht, der schon deshalb von Bedeutung ist, weil nicht nur der Nationale Normenkontrollrat immer wieder deutlich gemacht hat, dass die Umsetzung des Gesetzes mehr als schleppend verläuft. Auch in der Öffentlichkeit wird getitelt mit Überschriften wie „eGovernment floppt“ oder „Digitales Chaos in der Verwaltung“. Ich hoffe natürlich nicht, dass dieses auch für unser Land gilt. Ihr Bericht, Herr Minister, gibt Anlass zur Hoffnung, dass Sie, dass wir es in Schleswig-Holstein besser machen wollen. Dies erwarten auch viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Wenn ich den Zahlen des IT-Verbandes BITKOM trauen darf, dann würde auch hierzulande ein Großteil der Menschen Anträge bei Behörden online stellen. Etwa die Hälfte der Menschen würden die An- und Ummeldung des Wohnsitzes am liebsten vom Rechner aus machen wollen, das Kindergeld oder den neuen Personalausweis online beantragen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die andere Hälfte dies noch nicht möchte, also den direkten Kontakt zu ihrer Verwaltung bevorzugt. Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass viele Bürgerinnen und Bürger ihre Verwaltung nur sehr selten aufsuchen. Dies kann man als Argument für die Digitalisierung, aber auch gegen eine Digitalisierung anführen.
Darüber hinaus bin ich mir nicht sicher, wie die Zahlen aussehen, wenn die Bürgerinnen und Bürger wüssten, dass es um insgesamt 575 Verwaltungsleistungen geht: Anmeldung zum Kindergarten, KfZ-Zulassung, Wohngeldantrag, die Steuererklärung, Rentenleistungen oder eine Baugenehmigung, kurzum erst einmal alle onlinefähigen Verwaltungsleistungen! Mein Eindruck 2



ist zumindest, dass dieses bei den Bürgerinnen und Bürgern noch nicht angekommen ist. Hier sind wir gefordert für Transparenz zu sorgen, damit die Bürgerinnen und Bürger sich einen Überblick machen und eine Haltung entwickeln können, ob und wie sie digitale Angebote nutzen wollen.
Die hier von Ihnen in der Koalitionsvereinbarung angekündigte Kommunikationsstrategie kann ich noch nicht so richtig erkennen. Leider fehlt im Gesetz das Freiwilligkeitsprinzip für die Kommunen und auch für die Bürgerinnen und Bürger, d.h. die freiwillige Entscheidung sich an dem Verwaltungsportal zu beteiligen bzw. eine Verwaltungsdienstleitung online zu nutzen oder aber auch nicht. Zu denken gibt hier auch, dass die kommunalen Spitzenverbände immer wieder ein partnerschaftliches Vorgehen, den Erhalt ihrer Strukturen und insbesondere das Vermeiden zentralen „Durchregierens“ einfordern. Dies bringt mich zu einer Reihe von Punkten, die u.E. in der Umsetzung des Gesetzes zu betrachten sind und die ich in ihrem Bericht, Herr Minister, so nicht herausgehört habe.
Ich kenne es aus der Systemgestaltung, dass man erst einmal eine Systemanalyse und Anforderungsspezifikation macht – dazu gehört dann auch die Kritik und Veränderung von Vorgängen – und erst dann diese technisch umsetzt. Viele Verwaltungsvorgänge können und sollten sicherlich noch einmal genauer betrachtet und verändert werden. Schon Max Weber wusste, dass Bürokratie gut ist, Bürokratismus nicht.
Die Vielzahl der Verwaltungsleistungen verlangt ein Datenkonzept und Datenmanagement. Gefordert wird vernünftiger Weise ein einheitlicher Nutzerzugang oder das so genannte „once- only“-Prinzip, wonach die einmalige Dateneingabe der Bürge-rinnen und Bürger bereichsübergreifend verwendet werden kann. Bei der Frage des Zugangs von Verwaltungsdienstleistungen sind insbesondere IT-Sicherheitsstandards sowie technische Kommunikationsstandards gefragt. Ein Blick nach Estland zeigt, dass hier auch besondere technische Lösungen gefragt sind. Ich will hier nur die Stichworte nennen: Datenmanagement mit mehreren Servern, „private cloud“ und die viel zitierte Blockchain. Aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger ist nicht die technische Lösung zentral, sondern dass ich über meine Daten selbst bestimmen kann und jederzeit nachvollziehen kann, wer, wann und wie meine Daten verwendet hat. Wenn ich richtig in-formiert bin, dann erhält in Estland der Bürger aktiv eine Information, wenn jemand seine Daten „angefasst“ hat.
Da viele der Dienstleistungen auf der Ebene der Kommunen angesiedelt sind, stellt sich natürlich die Frage, welche Ressourcen hier für die Umsetzung des Gesetzes gefordert sind. Ob und welche Ressourcen erforderlich werden, konnte ich Ihrem Bericht nicht so richtig entnehmen. 3



Lassen sich mich in der verfügbaren Zeit noch einen letzten Punkt ansprechen. Viele Kommunen, zumindest ihre Spitzenverbände, haben die Befürchtung geäußert, dass ihre gewachsenen, auch digitalen, Strukturen durch zentrale Vorgaben beeinträchtigt oder zerstört werden. Dies gilt sicherlich auch für viele Bürgerinnen und Bürger, die weiterhin – insbesondere bei sozialen Dienstleistungen – auf den direkten Kontakt mit ihrer Verwaltung setzen oder es auch gar nicht anders können.“