Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
19.06.20
12:51 Uhr
B 90/Grüne

Bernd Voß zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft und zur Solidarität in Europa

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 25+67 – Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Pressesprecherin Solidarische Akzente setzen! Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der europapolitische Sprecher der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Bernd Voß: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 219.20 / 19.06.2020


Der Green Deal ist Europas Wachstumsstrategie
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank an die Landesregierung und deren Mitarbeiter*innen für die Vorlage des Europaberichtes 2019-2020. Er gibt einen guten Überblick in allen Bereichen der euro- papolitischen Arbeit Schleswig-Holsteins und der Zusammenarbeit mit den benachbar- ten Europäischen Regionen und Netzwerken.
Er gibt somit die Koordinaten, wo das Land in Europa zu verorten ist. Der europäische Integrationsprozess bedeutet seit über 70 Jahren Frieden, wirtschaftlichen Erfolg, offe- ne Grenzen und ist einheitliche Basis unter anderem bei Umwelt- und Verbrau- cher*innenstandards. Um nur einiges zu nennen.
Europa ist gewachsen durch den unbedingten Willen zur Zusammenarbeit, durch Mut, Engagement, Phantasie und Gestaltung. Das Glas ist ziemlich voll und wir dürfen es eben nicht den Kritiker*innen überlassen, auch über die anstehenden offenen Fragen zu diskutieren, sondern wir müssen zu gemeinsamen Lösungen kommen.
Da sind die verschobenen Fragen in der Migrations- und Flüchtlingspolitik und die so- ziale Spaltung in Europa. Da sind der Klimawandel und die Anforderungen an die Ener- gie- und Umweltpolitik, die EU bis 2050 klimaneutral zu bekommen. Da sind rechter Populismus und Defizite in der Rechtsstaatlichkeit in einigen Ländern, der Austritt des Vereinigten Königreiches und die offenen Fragen zum Mittelfristigen Finanzrahmen Hinzu kommen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, die die Länder in eine schwere Wirtschaftskrise gebracht haben.
Es ist gut, dass die Kommission trotz dieser extrem schweren Situation plant, ihr Ar- beitsprogramm weitgehend und ohne wesentliche Verzögerungen abzuarbeiten. Es ist richtig, dass sie am Green Deal als europäische Wachstumsstrategie zur Modernisie- Seite 1 von 3 rung von Wirtschaft und Gesellschaft festhält- und sogar noch verstärken will: getragen von der Erkenntnis, dass diese schwerwiegenden Krisen nur gemeinsam und mit ver- bindlich abgestimmten Maßnahmen gelöst werden können.
Die Basis lieferte der deutsch-französische Vorschlag, dem europäischen Haushalt 500 Milliarden Euro zusätzlich für den Aufbau zu geben. Herausgekommen ist ein Vor- schlag der EU-Kommission, der einen auf vier Jahren begrenzten „Next Generation Fonds“ in Höhe von 750 Milliarden Euro vorsieht. Abzutragen bis 2058. Und ein Vor- schlag, auf dessen Basis die seit zwei Jahren stockende Überarbeitung des mehrjähri- gen Finanzrahmens zügig abgeschlossen werden könnte – beide Instrumente gehören zusammen.
Der Gesamtumfang des EU-Haushaltes steigt damit auf nie dagewesene 1,85 Billionen Euro. Wir begrüßen diesen Schritt. An der deutschen Ratspräsidentschaft wird es jetzt liegen, eine schnelle Einigung der europäischen Mitgliedsländer im Rat und einen trag- fähigen Kompromiss mit dem europäischen Parlament zu erreichen.
Natürlich wird es bei der Ausgestaltung des „Next Generation Fonds“ wie beim Mittel- fristigen Finanzrahmen darum gehen, die Mittel zu konditionieren: Damit eben keine Haushaltslöcher der Vergangenheit gestopft werden. Damit die Krise nicht zu einer Rückkehr und einem Verharren in altem Wirtschaften und Arbeiten erfolgt, sondern be- schleunigt in klimaneutrales Wirtschaften umgestellt wird. Nur das ist die die Basis für kreative, wettbewerbsfähige Unternehmen und zukunftsfeste Arbeitsplätze und eine of- fenen Gesellschaft in Europa.
Als Vorsitz der Ratspräsidentschaft darf die Bundesregierung nicht im Bremserhäus- chen stehen, sondern im Gegenteil, sie ist als starke Volkswirtschaft geradezu verpflich- tet, voranzugehen.
Dabei muss für uns Grüne das Erreichen eines Europäischen Klimazieles, das heißt: minus 65 Prozent CO2-Ausstoß im Jahr 2030 gegenüber 1990 eine feste Leitschnur sein. Schleswig-Holstein kann in diesem Modernisierungsprozess große Potentiale ein- bringen.
Bei der Ausgestaltung des Fonds und der dazugehörenden Programme sollte neben dem Parlament auch die Beteiligung der Europäischen Regionen sichergestellt werden. In den Regionen, Städten und Kommunen wird der überwiegende Teil der europäischen Politik umgesetzt. Dazu gehört auch, sich an der angekündigten Konferenz zur Zukunft Europas zu beteiligen und daraus auch einen neuen Verfassungskonvent vorzuberei- ten.
Stabilität und Resilienz sind Begriffe, die durch die Coronakrise eine neue Bedeutung bekommen haben. Das hat für die Orientierung der deutschen Ratspräsidentschaft Auswirkungen. Die EU muss in weltweiten krisenhaften Entwicklungen abgestimmt, vorbeugend und wirksam handeln. Bei Medikamenten, im Gesundheits- und Pflegebe- reich wird, nicht nur für den Fall von Pandemien, eine stärkere, europäische Basis auf- zubauen sein. Die Systeme der Digitalisierung werden stärker auf europäische Bedürf- nisse auszurichten sein. Fertigungslieferketten und andere Wirtschaftswege werden auf ihre Stabilität überprüft und auch dieser Transformationsprozess muss begleitet wer- den.
Es ist unverzichtbar, dass europäische Länder im Modernisierungsprozess vorangehen. Nationales Handeln wird erst wirklich wirksam, wenn starkes europäisches Handeln ihm
2 vorausgeht oder flankierend zur Seite steht. Umso wichtiger ist das gemeinsame Ange- hen dieser Herausforderungen. Die Kommission und das EU-Parlament haben sich trotz oder eben auch grade wegen der Krise einen Weg vorgelegt. Und zum klaren Ver- ständnis: „Next Generation Fonds“ heißt nicht, dass die kommende Generation das al- les schon richten wird.
Unsere Generation steht in der Verantwortung, jetzt und zeitnah die Mittel gezielt und effizient für den Modernisierungsprozess hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und der Überwindung der sozialen Gegensätze einzusetzen. Die kommende Generation wird noch genug mit dem Abtragen der Schulden zu tun haben.
***



3