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17.06.21
18:27 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 4: Anpassungen mit Mängeln

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 17. Juni 2021
Thomas Rother: Anpassungen mit Mängeln TOP 4: Entwurf eines Justizvollzugsmodernisierungsgesetzes (Drs. 19/2381, 19/3079) „Die Landesregierung hat ein Justizvollzugsmodernisierungsgesetz in Form eines Artikelgesetzes vorgelegt, das die verfassungsrechtlich erforderliche gesetzliche Grundlage für den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe, des Strafarrestes, der Untersuchungshaft, der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und des Jugendarrestes in Schleswig-Holstein darstellt. Darüber hinaus wird ein Entwurf für ein Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Justizvollzug vorgelegt, welches den Datenschutz für alle in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Vollzugsformen regelt. Die zu ändernden Gesetze weisen insgesamt eine einheitliche Grundstruktur sowie im Wesentlichen vergleichbare Regelungen, insbesondere mit Blick auf das Verfahren und die Standardmaßnahmen, unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Vollzugsform auf.
Daran orientiert sich auch der Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen, der Anpassungen an aktuelle Entwicklungen – vor allem vor dem Hintergrund der Corona- Pandemie – aufnimmt. Ebenso sieht der Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen Ergänzungen im Bereich des Datenschutzes vor, lässt im Gegensatz zu unserem Änderungsantrag aber die meisten Forderungen aus der Stellungnahme der Landesdatenschutzbeauftragten unberücksichtigt.
Zwar nimmt die Regierungskoalition unsere Änderungsvorschläge zu Fahrtkosten- und Aufwandsentschädigungen sowie zur Einrichtung einer Interessenvertretung der Gefangenen im Jugendstrafvollzug auf. Wesentliche Änderungen bleiben jedoch außen vor. Aus diesem Grund können wir dem Gesetzentwurf so nicht zustimmen. Drei unserer nicht aufgenommenen Vorschläge sind uns besonders wichtig.
Da ist an erster Stelle der Jugendarrestvollzug: Der Jugendarrest ist aus unserer Sicht in einer selbständigen Jugendarrestanstalt zu vollziehen. Sie muss räumlich getrennt von anderen Vollzugseinrichtungen und auch organisatorisch selbständig bleiben. Die Ausrichtung des Jugendarrestes basiert auf pädagogischen Konzepten für eine kurze Freiheitsentziehung und

1 unterscheidet sich damit von der Durchführung des Jugendstrafvollzuges. Die Umsetzung dieses pädagogischen Konzeptes ist nur mit eigenem, konstantem und für die besonderen Belange der Arrestanstalt ausgebildeten Personal möglich. Die erfolgreiche Arbeit dieser Einrichtung wäre durch eine Verflechtung mit anderen Einrichtungen gefährdet. Wenn sie überflüssig ist, wäre sie aufzulösen oder müsste mit einer anderen Arrestanstalt kooperieren.
Zweiter Punkt ist die Verbindlichkeit von Maßnahmen im Umgang mit den Gefangenen: Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei den Ausführungen eine „Soll“- Regelung durch eine „Kann“- Regelung ersetzt wird. Das ergibt sich leider auch nicht aus der Begründung und ist für die Erreichung der Vollzugsziele alles andere als dienlich. Die „Kann“-Regelung beim Telefonieren ist hingegen durch eine „Soll“-Regelung zu ersetzen. Aus meiner Anstaltsbeiratstätigkeit weiß ich, dass Telefonieren in den Vollzugsanstalten ohne Haftraumtelefonie ein Dauerthema ist. Hier muss eine Lösung für alle her und jede Abweichung ist zu begründen. Sie greifen das Problem in Bezug auf die Sicherungsverwahrten ja selbst in Ihrem Änderungsantrag auf. Das macht nicht nur Arbeit, sondern erleichtert den Vollzug, weil Konflikte und Aufwand somit verhindert werden können. Marktgerechte Preise bei Telefon und Einkauf wäre zudem ein sehr wichtiges Signal für die Stimmung in den Einrichtungen.
Dritter Punkt ist, dass kein Arrest für Schwangere und Gefangene, die gemeinsam mit ihren Kindern untergebracht sind, verhängt werden darf. Schon aus Kindeswohlgründen müsste dies eine Selbstverständlichkeit sein. Die psychische Belastung der schwangeren Gefangenen im Arrest dürfte sich auf das ungeborene Kind auswirken. Dem ist vorzubeugen. Außerdem gibt es eine entsprechende Resolution der UN-Generalversammlung (The United Nations Rules für Treatment af Women Prisoners an Non-custodial Measures for Women Offenders – Rule 22), die – wenn auch völkerrechtlich nicht verbindlich – bereits aus Gründen der Humanität und Rechtsstaatlichkeit zu beachten ist.
Dass einige Maßnahmen, die dieses Gesetz und auch beide Änderungsanträgen vorsehen, mit Geld und Personal zu hinterlegen sind, ist klar. Das wurde von Seiten der Gewerkschaftsvertreter*innen in den Anhörungen auch sehr deutlich gemacht. Die Landesregierung ist hier zwar auf einem guten Weg, aus Erfahrung bin ich allerdings skeptisch, ob die Kostenschätzung von 40 T Euro einmalig und 235 T Euro jährlich ausreichen wird. Spätestens zu den Haushaltsberatungen wird uns das Thema wohl erneut beschäftigen.“



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