Im Januar 2016 hat die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten, Samiah El Samadoni, die Aufgabe der Ombudsfrau der Kinder- und Jugendhilfe übernommen. Ihr erster Tätigkeitsbericht liegt seit Ende letzten Jahres vor, jetzt wird er im Landtag beraten. El Samadoni berichtet von insgesamt 416 Kindern und Jugendlichen, Eltern oder anderen Betroffenen, die sich in den Jahren 2016 und 2017 an die Beschwerdestelle gewandt haben. „Das hat unsere Erwartungen weit übertroffen“, sagte El Samadoni bei der Vorstellung des Papiers. Bis Dezember 2018 habe sich die Zahl der Eingaben weiter erhöht: „Insgesamt haben sich bisher 678 Ratsuchende an uns gewandt“, so die Bürgerbeauftragte.
43 der Hilferufe stuft die Ombudsfrau in der Kinder- und Jugendhilfe als schwerwiegend ein. Das Spektrum sei sehr breit. Es reicht von Handyverboten, Klagen über das Essen und Schimmel im Heim bis hin zu Anschreien, körperlichen Übergriffen einzelner Erzieher und Gängelungen in der Freizeit. In Schleswig-Holstein sind laut El Samadoni etwa 6500 Kinder und Jugendlichen in Heimen, Wohngruppen und Pflegefamilien untergebracht, darunter 3000 aus anderen Bundesländern. Die meisten Beschwerden kamen aus der Altersgruppe der 6- bis 13-Jährigen.
Wahrnehmung hat sich verbessert
Die Einrichtung der Beschwerdestelle war eine Konsequenz aus dem „Friesenhof“-Komplex, der vor Jahren großes Aufsehen verursachte und Thema eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses war. Auslöser waren damals Berichte über Missstände in einigen dieser – mittlerweile geschlossenen – Einrichtungen. Auch wenn es weiterhin nicht ausgeschlossen sei, dass es weiterhin solche Heime geben könnte, habe sich in jedem Fall die Heimaufsicht und die Wahrnehmungen im Umfeld der Kinder verbessert, so El Samadoni.
El Samadoni schlägt vor, die Schulpflicht im Land auch auf jene Heimkinder auszuweiten, die aus anderen Ländern kommen. In 13 anderen Ländern sei das der Fall. Im Norden führe das Fehlen der Schulpflicht dazu, dass auswärtige Kinder und Jugendliche statt in Regelschulen in sogenannten schulvorbereitenden Maßnahmen in den Heimen unterrichtet werden. Ein weiterer struktureller Kritikpunkt der Ombudsfrau: Wenn ein Landesjugendamt gegenüber einem Träger die Tätigkeit eines ungeeigneten Erziehers ausspricht und dieser das Bundesland wechselt, erfährt das dortige Amt nichts davon. Hier müsse es einen bundesweiten Datenaustausch geben, fordert El Samadoni.
SPD-Antrag begleitet den Bericht
Die SPD greift einige dieser Kritikpunkte in einem Ende Januar vorgelegten Antrag auf. So wird die Landesregierung aufgefordert, die Schulpflicht für auswärtige Jugendliche einzuführen. Außerdem soll sich die Regierung bei der kommenden Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder unter anderem für einen bundesweiten Datenaustausch „zu ausgesprochenen Tätigkeitsuntersagungen von Beschäftigten in stationären Jugendhilfeeinrichtungen“ einsetzen. Auch sprechen sich die Sozialdemokraten für eine möglichst wohnortnahe Unterbringung der Kindern und Jugendlichen in Heimen aus.
(Stand: 11. Februar 2019)
Mehr Informationen zum Thema:
Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche bei der Bürgerbeauftragten
Berichtsübergabe an den Landtagspräsidenten