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15. Mai 2020 – Anhörung im Bildungsausschuss

Mehrheit gegen Verschleierung an Schulen

In der Landespolitik gibt es weitgehende Bedenken gegen die Gesichtsverschleierung an Schulen. Wie verhält es sich aber in Zeiten von Corona, wenn der Mundschutz vorgeschrieben ist? Darüber wurde im Bildungsausschuss diskutiert.

Eine Frau trägt einen Niqab. Der Niqab ist ein Gesichtsschleier, der von einigen muslimischen Frauen getragen wird.
Ergebnis im Bildungsausschuss: Schüler und Lehrer sollen im Unterricht grundsätzlich keine Verschleierung tragen – „es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies“. Foto: dpa, Peter Endig

Seit einiger Zeit diskutieren Politik und Gesellschaft über ein Verbot von Gesichtsschleiern wie dem muslimischen Nikab an Bildungseinrichtungen. Während die Debatte an den Unis im Lande kontrovers geführt wird, herrschte weitgehende Einigkeit, was die Schulen betrifft. Lehrerinnen und Schülerinnen, so die parteiübergreifende Überzeugung, sollten im Klassenzimmer unverhüllt auftreten. Die Landesregierung hatte im Februar einen entsprechenden Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes vorgelegt. Doch dann kam Corona – und die Pflicht, in der Öffentlichkeit Mundschutz zu tragen.

Die Koalitionsfraktionen haben die Vorlage aus dem Bildungsministerium daraufhin ergänzt. Schülerinnen und Schüler sollen demnach ihr Gesicht verhüllen dürfen, wenn „schulische Gründe“ dies erfordern. Ähnlich ist es beim Lehrpersonal und bei anderen Beschäftigten. Auch sie sollen grundsätzlich keine Verschleierung tragen – „es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies“. In der Begründung verweisen CDU, Grüne und FDP auf die Notwendigkeit des Mundschutzes, wenn „eine Infektionsmöglichkeit verhindert werden soll“.

„Wie ist es mit dem Schal im Winter?“

Damit sei die Formulierung des Gesetzes nun „passend“ für die Corona-Zeit, erläuterte der Unionsabgeordnete Tobias von der Heide am Donnerstag in einer Anhörung des Bildungsausschusses. Fachleute und Opposition mahnten dennoch mehr Klarheit an.

Samiah El Samadoni, Bürgerbeauftragte und Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, verwies auf die tägliche Erfahrung in der Corona-Zeit: „Kommunikation ist schwieriger, wenn die untere Gesichtshälfte bedeckt ist.“ Dies gelte insbesondere für die Schule, die, anders als die Uni, auch einen „Bildungs- und Erziehungsauftrag“ habe, der mit einer „unverhüllten Kommunikation“ deutlich leichter zu erfüllen sei. Der Jamaika-Entwurf gebe aber keine Antwort auf die Frage, was in der Pause gelte – etwa im Winter, wenn ein Schüler sich den Schal vor den Mund zieht.

„Vielleicht gewöhnen sich einige ja an den Mundschutz“

Katja Cordes von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wies darauf hin, dass der Nikab „am Ende eines Radikalisierungsprozesses“ stehe. Wenn eine verschleierte Schülerin „von der Beschulung ausgeschlossen“ und ihr „der Zugang zu Bildung verwehrt“ werde, dann treibe sie das nur weiter zu Leuten, „von denen wir nicht wollen, dass sie in deren Hände gerät“. Mit der Entscheidung über einen Schulverweis würden die Schulleitungen „allein gelassen“, kritisierte Cordes, denn der Gesetzentwurf lege die Verantwortung allein in ihre Hände.  

Für die SPD verwies Kai Vogel darauf, dass es „nicht einen einzigen konkreten Fall an unseren Schulen“ gebe, wo ein Nikab getragen wurde. Dennoch unterstützte er den Vorstoß der Koalition. Es sei „richtig, Rechtssicherheit für unsere Schulleiter und Lehrkräfte zu schaffen“. „Zur Klarheit“ gehöre es auch, sagte Jette Waldinger-Thiering (SSW), ins Gesetz zu schreiben, dass mit dem Verbot „nicht Mütter und andere Angehörige“ gemeint seien, die einen Termin in der Schule hätten. Zudem müsse festgelegt werden, was die Schüler in der Pause machen dürfen: „Vielleicht gewöhnen sich ja einige an den Mundschutz, auch wenn Corona vorbei ist.“ Die Erkenntnisse aus der Anhörung fließen nun in die weitere Diskussion im Ausschuss ein. An der schriftlichen Anhörung beteiligten sich insgesamt etwa 50 Institutionen.