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28. Januar 2021 – Januar-Plenum

Justizvollzug: „Superman und Superwoman“ statt „Schließer“

Die Arbeit im Justizvollzug ist wichtig für die Gesellschaft – und anstrengend. Das Land sucht Nachwuchskräfte und will das Image aufpolieren, und auch das Parlament weist auf die Bedeutung des Themas hin.

Justizvollzug Personal
Die Landesregierung will Justizvollzugsbeamte vom Klischee eines „Schließers“ befreien. Foto: dpa, Jens Wolf

In den kommenden fünf Jahren muss das Land 281 Stellen im Justizvollzugsdienst neu besetzen. Darauf hat Justizminister Claus Christian Claussen (CDU) im Landtag hingewiesen. Zum einen müssten etwa 20 Altersabgänge pro Jahr aufgefangen werden, zum anderen ergebe sich ein zusätzlicher Bedarf von 60 Stellen aus neuen Arbeitszeitreglungen im Wechselschichtdienst. Schließlich habe eine Bedarfsanalyse zum Ergebnis geführt, dass weitere 85 Stellen in diesem Bereich notwendig seien. In den kommenden zwei Jahren sollen 60 davon im Haushalt verankert werden. Nun gehe es darum, geeignete Bewerber zu finden, so der Minister: „Wir müssen um gute Leute kämpfen.“

Entscheidend sei es, öffentliche Klischeebilder vom „Schließer“ oder „Wärter“ im „Knast“ geradezurücken, betonte Claussen. Neben einem höheren Einstiegsgehalt und einer modernen Führungskultur soll dazu auch eine „positive Öffentlichkeitsarbeit“ beitragen. Abgeordnete aller Fraktionen unterstrichen, wie dringend dieses Anliegen sei. Bewerber müssten Lebenserfahrung mitbringen und „charakterlich überaus gefestigt“ sein, merkte Burkhard Peters (Grüne) an. JVA-Mitarbeiter sollten körperlich fit, empathisch und sprachgewandt sein: „Wir suchen im Grunde Superman und Superwoman“.

Besoldung „immer noch eher sparsam“

Barbara Ostmeier (CDU) wies darauf hin, dass das Ziel des Justizvollzugs der Wiedereinstieg in ein Leben ohne Straftaten sei – und dass es keine umgehende Rückkehr wie in einem „Drehtürvollzug“ geben dürfe. Die Besoldung sei immer noch „eher etwas sparsam“, monierte Jan Marcus Rossa (FDP). Dieses Thema müsse in Zukunft „genauer beleuchtet werden“. Lars Harms (SSW) unterstrich: „Die Anforderungen an Körper und Psyche sind höher als in anderen Arbeitsbereichen“, und Thomas Rother (SPD) stellte fest, dass die Personaldeckung in den vergangenen Jahren von 97 auf 91,5 Prozent gesunken sei.

Im Innen- und Rechtsausschuss wird der Bericht weiter beraten.

Das Arbeitsfeld des Justizvollzuges steht in Zeiten von flexiblen Arbeitsbedingungen und einem gesellschaftlichen Wandel vielen Herausforderungen gegenüber. Darauf weist ein von den Koalitionsfraktionen geforderter Regierungsbericht zur Personalstrategie im Justizvollzug hin. Demnach wurden in jüngster Vergangenheit eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Attraktivität des Jobs zu steigern. Es gehe darum, das Klischee des „Schließers“ abzuschaffen. Und: Bis 2027 soll deutlich mehr Personal eingestellt werden.

Hierzu zählen etwa Personalentwicklungsstrukturen für Führungskräfte, eine sukzessive Umsetzung der Ergebnisse der Personalbedarfsanalyse, Stundenreduzierungen für Bedienstete im Wechselschichtdienst und eine bessere Aufklärung über Arbeitsabläufe. Die Justizvollzugsanstalt als Arbeitsort werde in der Gesellschaft nämlich noch oft klischeehaft wahrgenommen, heißt es in dem 29-seitigen Papier. Daher müsse eine positivere Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden.

Doppelt so viele Anwärter können ausgebildet werden

Wichtig sei, dass freie und zusätzliche Stellen zügig besetzt werden und ausreichend Ausbildungskapazitäten zur Verfügung stehen. Mit einer Stellenbesetzungsquote von über 95 Prozent und der Erweiterung der Kapazitäten in der Justizvollzugsschule Boostedt könne dieses aber sichergestellt werden. Dort können nun jährlich 50 statt 25 Anwärter ausgebildet werden. Der Justizvollzug ist – wie alle ausbildenden Dienststellen des Landes – eingebunden in die zentrale Nachwuchswerbekampagne der Staatskanzlei. Laut Stellenaufbaupfad sollen bis 2027 über 180 weitere Stellen entstehen.

Zurzeit hat der Justizvollzug des Landes rund 800 Beschäftigte. Zum Stichtag 19. August 2020 zählten die Anstalten in Schleswig-Holstein inklusive Jugendhaft 1116 Inhaftierte, bei 1454 Plätzen. Justizminister Claus Christian Claussen (CDU) hatte wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass an verschiedenen Stellen, etwa in den Haftanstalten, mehr Personal gebraucht werde. Bereits ab diesem Jahr sollen im Leitungsbereich drei und im Bereich des Psychologischen Dienstes zwei zusätzliche Stellen zur Verfügung stehen. Für den Bereich des Allgemeinen Vollzugsdienstes könnten zudem vorübergehend Stellen genutzt werden, die für den Ausgleich der Stundenreduzierung im Wechselschichtdienst ab 2021 zur Verfügung stehen.

(Stand: 25. Januar)

Meldung bei Antragstellung:
März 2020 (ohne Aussprache)
Weitere vorherige Debatten zum Thema:
Februar 2020
September 2018
November 2017

Regierungsbericht

Bericht zur langfristigen Personalstrategie für den Justizvollzug
Antrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/2020
(Ausschussüberweisung im Februar 2020)
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/2541
(Federführend ist das Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz)