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28. April 2021 – Ausschuss-Anhörung

Umweltausschuss debattiert über Lieferkettengesetz

Menschenrechte und Umweltstandards bei Zulieferern einhalten: Ein Liefer­ketten­gesetz soll Unternehmen künftig dazu verpflichten. In einer Ausschuss-Anhörung zu dem Thema ging es heute um mögliche Nachbesserungen, aber auch Alternativen.

Im Plenarsaal sitzen der Vorsitzende des Umwelt- und Agrarausschusses, Oliver Kumbartzky und die Ausschussgeschäftsführerin auf den Präsidiumsplätzen. Auf einem Bildschirm ist eine Anzuhörende zugeschaltet.
Lia Polotzek von der Initiative Liefergesetz ist während der Sitzung im Plenarsaal per Video zugeschaltet. Foto: Landtag, Regina Baltschun

Gegen Ausbeutung, Kinderarbeit und Umweltschäden: Bereits im vergangenen Sommer hat der Landtag Zuspruch für ein nationales Lieferkettengesetz signalisiert, das Unternehmen verpflichten soll, bei ihren Zulieferern für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu sorgen. In einer Anhörung hat der Umwelt- und Agrarausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages nun erneut über das Thema diskutiert.

Lia Polotzek als Vertreterin der Initiative Lieferkettengesetz und Simone Ludewig vom Verein „Bündnis Eine Welt“ forderten die Abgeordneten auf, sich für Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf einzusetzen, den die Bundesregierung nach langen Verhandlungen im März auf den Weg gebracht hat. Auf Nachfrage von Kerstin Metzner (SPD) räumte Polotzek ein, dass am jetzigen Punkt im Gesetzgebungsprozess nur noch kleine Verbesserungen möglich seien. So gebe es noch Spielraum, „dass die Reglungen nicht nur für deutsche, sondern auch für in Deutschland tätige Unternehmen“ gelten könnten. Außerdem solle, so der Wunsch, dem Gesetzentwurf eine Prüfpflicht im Umweltbereich hinzugefügt werden.

Ludewig machte deutlich, es sei enttäuschend, dass nicht alle Forderungen der Initiative berücksichtigt worden seien. Aber sie betonte auch: Das neue Lieferkettengesetz sei ein „wichtiges Signal“ und könne einen Prozess des Umdenkens einläuten. Der Grünen-Abgeordnete Joschka Knuth pflichtete ihr bei: „Das Lieferkettengesetz wird nicht zu großen Veränderungen, aber zu einem Paradigmenwechsel bei den Unternehmen führen.“ Er hätte sich dennoch mehr politisches Engagement gewünscht, so Knuth.

Zu viel Bürokratie, Nachteile für Entwicklungsländer

Kritisch äußerte sich Werner Koopmann von der Industrie- und Handelskammer (IHK). Laut Koopmann wirft das geplante Lieferkettengesetz viele Fragen auf, mit denen die Unternehmen alleine gelassen würden. So sei etwa nicht klar, was bei festgestellten Menschenrechtsverletzungen zu tun sei. Die Regelungen seien so nicht umsetzbar. Außerdem befürchte er mehr Bürokratie. Dem stellte sich der Abgeordnete Knuth entgegen. Vielmehr könne das Lieferkettengesetz zum „Abbau von Marktverzerrung“ beitragen.

Rolf Langhammer, Professor am Institut für Weltwirtschaft, sah ein Problem in der Verkürzung von Lieferketten. Durch mehr Wertschöpfung im eigenen Land, etwa in EU-Staaten, den USA oder China, entstehe ein Nachteil für Entwicklungsländer. Ein griffe in Handelsströme könne das geplante Gesetz verschärfen. Als Alternative zum Lieferkettengesetz beschrieb er Freihandelsabkommen. Aber auch der „Negativlistenansatz“, bei dem Unternehmen auf „schwarze Listen“ gesetzt werden können, wenn sie Standards nicht einhalten, sei eine Option. Auf Nachfrage von SPD-Frau Metzner sprachen sich Koopmann und Langhammer für eine EU-Initiative für ein Lieferkettengesetz aus. Das sei besser als unabgestimmte, nationale Gesetze.

Bundestag berät Gesetzentwurf bereits

Aktuell ist der Entwurf für ein deutsches Lieferkettengesetz bereits Thema im Bundestag. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ab 2023 alle Firmen mit mindestens 3000 Beschäftigten in ihrer Lieferkette Menschenrechte und Umweltstandards berücksichtigen müssen. Ab dem Jahr 2024 sollen diese Standards auch für Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten gelten. Wird einer Firma ein Missstand in der Lieferkette bekannt, soll sie verpflichtet werden, für Abhilfe zu sorgen. Zudem sollen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit bekommen, Betroffene vor deutschen Gerichten zu vertreten, wenn es Verstöße gegen Standards in Lieferketten gibt und der Betroffene zustimmt.