Verunsicherung bei Corona-Regeln und sozialen Leistungen, Herabstufung des Pflegegrades nach Begutachtung per Telefon, Überforderung durch den Digitalisierungsschub – bei solchen Problemen hat Samiah El Samadoni im vorigen Jahr vielen Menschen in Schleswig-Holstein geholfen. 3519 Petitionen nahm die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten 2020 entgegen, nach 3643 im Jahr zuvor. Dies sind Eckdaten aus ihrem Jahresbericht, den sie bereits im Frühsommer öffentlich vorstellte und der jetzt im Plenum beraten werden soll.
Ein wesentliches Fazit der Bürgerbeauftragten: Einkommensschwache Familien sollten ein digitales Existenzminimum garantiert bekommen. Auf einer Pressekonferenz im Juni begründete sie dies mit der immer stärker digitalisierten Lebenswirklichkeit – gerade auch im Zuge der Corona-Pandemie. „Dabei geht es nicht nur um eine Grundausstattung mit Endgeräten, sondern auch um Zugang und Versorgung mit leistungsfähigem WLAN und Internet“, heißt es in El Samadonis Jahresbericht für 2020. „Für die Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen sollte ein klarer und verbindlicher Anspruch auf einen Mehrbedarf für die digitale Grundausstattung im Gesetz verankert werden.“
Pflegegrad-Begutachtung per Telefon
Die Pandemie habe besonders stark vor Augen geführt, wie wichtig eine digitale Grundausstattung für alle Menschen sei, sagte El Samadoni. Während des Lockdowns seien viele Ämter für den Besucherverkehr geschlossen gewesen, Anträge auf Sozialleistungen sollten elektronisch gestellt und Schüler digital unterrichtet werden. Viele Menschen hätten dafür aber nicht die technischen, räumlichen und finanziellen Voraussetzungen oder die erforderlichen Kompetenzen.
El Samadoni ging nach ihren Angaben auch Dutzenden Fällen nach, in denen der Medizinische Dienst der Krankenkassen nach Begutachtung per Telefon den Pflegegrad von Menschen herabgestuft habe. Angehörigen zufolge hätten Pflegebedürftige ihre Lage positiv verfälscht dargestellt, wenn Betreuer nicht am Gespräch teilnehmen konnten. El Samadoni schlug einen Bestandsschutz vor. „Die telefonische Befragung könnte dann zu einer Erhöhung des Pflegegrades führen, eine Herabstufung wäre dagegen nur nach einer persönlichen Begutachtung möglich“.
Seit ihrer Einrichtung 1988 hat die Bürgerbeauftragten-Stelle 90.834 Petitionen bearbeitet.
(Stand: 23. August 2021)
Vorherige Debatte/Meldung zum Thema:
August 2020 (Bericht 2021)
März 2020 (Wiederwahl El Samadoni / ohne Aussprache)
Weitere Infos:
Website der Bürgerbeauftragten für Soziale Angelegenheiten