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9. September 2021 – Bildungsausschuss

Warnung vor Populismus und Demokratie­feindlichkeit

Im Bildungs­ausschuss fordern Experten mehr Unterricht in Wirtschaft/Politik. Auch Abgeordnete unterstreichen die Bedeutung des Faches für die Demokratie­bildung. Eine Ausweitung des Unterrichts sei aber nicht einfach.

Schüler melden sich während des Unterrichts.
In Schleswig-Holstein macht der Unterricht im Fach Wirtschaft/Politik nur 1,5 Prozent der Unterrichtszeit in der Sekundarstufe 1 aus. Foto: dpa, Felix Kästle

Junge Menschen sind täglich Einflüssen ausgesetzt, die die Entwicklung eines demokratischen Bewusstseins erschweren – autoritäre Tendenzen in Deutschland und anderen Ländern, extremistische Positionen und Falschmeldungen im Internet, eine verbreitete Skepsis gegenüber dem Gesellschaftssystem und der Marktwirtschaft. Darauf haben Experten im Bereich politische Bildung heute in einem Fachgespräch mit dem Bildungsausschuss hingewiesen. „Es gibt viel Zulauf zu einfachen und populistischen Lösungen“, mahnte der Landesbeauftragte für politische Bildung, Christian Meyer-Heidemann. Die Forderung der Fachleute: deutlich mehr Schulunterricht. Das kann in der Praxis allerdings schwierig werden, urteilten die Landtagsabgeordneten.

Kurt Edler, ehemals Lehrer und Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik, blickte mit Sorge auf die Ereignisse in Afghanistan. Der Rückzug des Westens, der vielfach als Scheitern betrachtet werde, könne „demokratie- und freiheitsfeindliche Narrative auch in unserem Land“ befeuern. Edler warnte vor einer „Erzählung über die Endlichkeit und begrenzte Tauglichkeit von Demokratie“. An diesem Punkt sei die Schule gefordert, merkte Wilhelm Knelangen, Politikwissenschaftler von der Kieler Uni, an: „Für viele ist die Schule der einzige Ort, wo sie sich mit der Demokratie, mit dem politischen System, mit dem Staat und mit der Marktwirtschaft beschäftigen.“ Die Gelegenheit, die in der Schule nicht genutzt werde, „wird sich an anderer Stelle nicht mehr ergeben“, so Knelangen.

Politik statt Geschichte oder Religion?

Der Landesbeauftragte Meyer-Heidemann zog eine ernüchternde Bilanz der Lage in Schleswig-Holstein. Das Fach Wirtschaft/Politik umfasse lediglich 1,5 Prozent der Unterrichtszeit in der Sekundarstufe 1. Damit liege der Norden nur auf Platz 13 im Bundesvergleich. Um diese „Randstellung von Politik“ zu beheben, regte Meyer-Heidemann an, weniger Stunden in Geschichte und Religion zu erteilen. Tobias von der Heide (CDU) wies darauf hin, dass das Schulfach Religion durch das Grundgesetz geschützt sei. Veränderungen seien nur in Abstimmung mit den Kirchen zu erzielen, so von der Heide: „Und das stelle ich mir sehr schwierig vor.“

Martin Habersaat (SPD) wies darauf hin, dass die Landesregierung das Jahr 2019 zum „Jahr der politischen Bildung“ ausgerufen habe. Vor diesem Hintergrund sei die Bilanz im Lande „enttäuschend“. Eine Nachbesserung fordert auch Jette Waldinger-Thiering (SSW): „Wir brauchen mehr Stunden, um bei den Schülern Grundwerteklarheit und Grundrechtsklarheit zu erreichen.“ Mehr Unterricht zu fordern sei leicht, entgegnete Lasse Petersdotter (Grüne): „Aber keiner will, dass die Kinder länger in der Schule sind.“ Und Anita Klahn (FDP) warnte davor, dass die Kenntnisse über Wirtschaft „zu kurz kommen“. Denn politische Veränderungen basierten immer auch auf wirtschaftlichen Entwicklungen.