
Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im vertraulichen Gespräch vor der Debatte.
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Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat die Corona-Politik der Jamaika-Koalition gegen Kritik aus der Opposition verteidigt. Der Kurs mit schärferen Maßnahmen bei angespannter Pandemielage und „Erleichterung, wenn die Lage sich entspannt“, habe sich bewährt. „Das ist Verlässlichkeit“, so der Regierungschef: „Ich bin stolz darauf, dass wir als Land mit den niedrigsten Inzidenzen die härtesten Maßnahmen in Deutschland gemacht haben.“ Die Lage in Schleswig-Holstein sei aktuell zwar ernst, „aber wir sind nicht in Sachsen oder Bayern“. Der Norden habe stets bessere Kennzahlen gehabt als die meisten anderen Länder. Zuvor hatte Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) scharfe Kritik an Jamaika erhoben: Günther habe aufgehört, die Opposition mit einzubeziehen, sagte sie.
Günther konterte ebenso scharf. Die Regierung beobachte die Entwicklung und werde „lageangepasst“ reagieren: „Wir überdrehen nicht, wir gehen einen Weg, der angemessen ist in so einer Situation“. Die am Montag der Plenarwoche in Kraft getretenen Landesverordnung mit der 2G-Regel sei auf vier Wochen ausgelegt und soll laut dem Ministerpräsidenten auch über Weihnachten gelten. Er wünsche sich keinen generellen Lockdown, so Günther. Auch die von der SPD geforderte 2Gplus-Regel mit zusätzlichen Tests für Geimpfte und Genesene sei die „maximale Verschärfung“, die er aber vermeiden wolle. Das Kabinett wolle geimpften Menschen, die sich solidarisch gezeigt hätten, nicht den Weg in Gaststätten und Fitnessstudios versperren.
SPD: 2G-Regelung wird nicht reichen

Serpil Midyatli (SPD)
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SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli, die die Debatte eröffnete hatte, warf Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Plan-, Konzept- und Ideenlosigkeit vor. Der Regierungschef fahre einen „Schönwetter-Paradigmenwechsel“ und verunsichere mit einem Zick-Zack-Kurs die Bevölkerung. Schon Ende September hätte die Landesregierung auf Experten hören sollen. Der Ministerpräsident aber habe im Spätsommer und Herbst „den falschen Sound“ an die Bevölkerung gegeben. „Sie haben sich für ein ‚easy-going’ und ‚wird schon werden’ entschieden. Das war ein fataler Fehler“, sagte Midyatli.
Sie prognostizierte, die 2G-Regelung werde nicht mehr reichen, um die vierte Welle nachhaltig zu brechen. Es müsse mindestens eine 2G-Plus-Regelung, also ein zusätzlicher Test auch für Geimpfte, erwogen werden, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. Zudem forderte Midyatli wieder eine strengere Kontaktnachverfolgung.
Später wehrte Midyatli in einer Replik auf den Ministerpräsidenen den Vorwurf ab, keine Verantwortung tragen zu wollen. Die SPD habe lange Zeit gemeinsam mit der Regierung Beschlüsse gegen die Corona-Pandemie getroffen. Das habe sich geändert: „Der Ministerpräsident hat aufgehört, die Opposition mit einzubeziehen“, sagte die Ministerpräsidentin.
CDU hält Impfpflicht für möglich

Tobias Koch (CDU)
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CDU-Fraktionschef Tobias Koch schloss einen Lockdown für Geimpfte als „nicht verhältnismäßig“ aus. Er verwies auf die hohe Impfquote im Land. Das so Koch, sei auch der Landesregierung zu verdanken. Trotzdem reiche das nicht aus. „Entscheidend ist, ob es gelingt, die Impfquote weiter zu erhöhen“, sagte der CDU-Fraktionschef. Ansonsten sei eine Impfpflicht für alle Bürger möglich.
Er hielt vor allem den süd- und ostdeutschen Ländern vor, zu spät gehandelt zu haben. „Dort wurde bei ansteigenden Inzidenzen falsch gehandelt“, sagte Koch. Er kritisierte zudem, dass nicht alle Bundesländer auf die mahnenden Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehört hätten. Der möglichen Ampelkoalition und dem designierten Kanzler Olaf Scholz hielt er bei dem Thema „einen Totalausfall“ vor.
Grüne: „Lassen Sie sich impfen!“

Marret Bohn (Grüne)
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An den Zusammenhalt – sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik – appellierte die Gesundheitsexpertin der Grünen, die Ärztin Marret Bohn. Und sie ruft die Menschen auf: „Lassen Sie sich impfen! Damit garantieren wir die Freiheit für uns alle.“ Ein „Allheilmittel“, um aus der Pandemie zu kommen, gebe es nicht. Ein Zusammenspiel verschiedener Bausteine sei wichtig wie etwa das Boostern und die Erhöhung der allgemeine Impfquote.
Eine Impfpflicht sieht Bohn skeptisch: „Damit können wir nicht die vierte Welle brechen, das ist in die Zukunft gerichtet.“ Beim Thema Tests setzte sich die Gesundheitspolitikerin energisch für eine Abkehr von den Antigen-Schnelltests ein, die nachweislich eine erhöhte Fehlerquote hätten: „Was muss noch passieren, bevor wir bundesweit auf PCR-Tests setzen?“, fragte sie.
Spaltung, Angrenzung und Aktionismus

Claus Schaffer (AfD-Zusammenschluss)
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Claus Schaffer (AfD-Zusammenschluss) warf der Landesregierung unter anderem Spaltung, Angrenzung und Aktionismus vor. Er sprach von einem „gefährlichen Weg“ und sieht die Freiheit der Menschen in Gefahr. Impfen könne nicht über Grundrechte entscheiden und es werde die Pandemie nicht verschwinden lassen.
2G und 3G seien nicht wirksam und würden nicht zur Sicherheit beitragen. Die AfD-Politiker hatten einen Antrag vorgelegt, der die mittlerweile wieder eingeführten kostenlosen Tests als zentrales Mittel im Kampf gegen die Pandemie forderten.
FDP sieht 2G skeptisch

Christopher Vogt (FDP)
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Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt sprach von einer ernsten Lage. „Die Impfkampagne muss oberste Priorität haben“, so Vogt. Und auch das Boostern müsse vorangetrieben werden. Er gab zu: „Wir haben zu spät erkannt, dass das wichtig ist.“ Beim Thema 2G äußerte er Skepsis. Seine Befürchtung: Treffen verlagern sich ins Private. Über einen erneuten Lockdown wollte Vogt nicht spekulieren. „Ziel sollte es sein, das zu verhindern“, mahnte der FDP-Mann.
In der aktuellen vierten Welle sei es wichtig, sich um Kinder und Ältere zu kümmern, Tests auszuweiten, die Wirtschaft zu unterstützen und für eine faire Krankenhausfinanzierung zu sorgen. Mit Blick auf die Zukunft äußerte Vogt die Hoffnung auf neue Medikamente gegen Covid-19. Auch er appellierte an die Politik, in der Krise weiter gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. „Dann kommen wir da auch durch“, so Vogt.
SSW: Zunächst einmal abwarten
„Das Pandemiemanagement der Landesregierung geht insgesamt in Ordnung“, urteilte Lars Harms (SSW). Er begrüßte, dass es inzwischen wieder kostenlose Tests gibt, und dass die Impfzentren wieder geöffnet werden: „Es freut uns, dass auf uns gehört wurde“. Eine Impfpflicht für Pflegeberufe hielt Harms für „vertretbar“, eine allgemeine Impfpflicht sei hingegen „extrem schwierig“. Der SSW wolle „zunächst einmal abwarten, wie sich die neuen 3G- beziehungsweise 2G-Regeln auf die allgemeine Impfbereitschaft der Menschen auswirken“.
„Testpflicht schlägt Impfpflicht“, sagte der fraktionslose Abgeordnete Frank Brodehl. Das 2G-Prinzip sei trügerisch, „Sicherheit am Glühweinstand“ gebe es nur mit 1G – mit einem aktuellen Test. Ein diesbezüglicher Antrag wurde abgelehnt, ebenso wie ein SPD-Papier. Angenommmen wurde schließlich ein Alternativantrag der Koalition bei Gegenstimmen der AfD-Politiker und von Brodehl.