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23. Februar 2024 – Februar-Plenum

Inklusion an Schulen: Als Sparmodel nicht zu haben

Mit Hilfe eines Neun-Punkte-Plans soll die Inklusion an Schleswig-Holsteins Schulen weiterentwickelt werden. Die Opposition überzieht einen von Bildungsministerin Prien (CDU) vorgestellten Bericht zum Thema mit harscher Kritik.

Inklusion Schule
Eine Schülerin mit Behinderung sitzt mit ihrem Rollstuhl im Klassenraum. Foto: dpa, Holger Hollemann

Die Inklusion an den Schulen Schleswig-Holsteins soll ermöglichen, dass Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt an Regelschulen unterrichtet werden. Die Landesregierung sieht sich auf einem guten Weg, die Opposition spricht von einem gescheiterten Vorhaben. Ein von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vorgestellter Bericht zum Thema soll im Bildungsausschuss weiter diskutiert werden.

Vor rund 25 Jahren stellte Schleswig-Holstein mit einem neuen Schulgesetz die Weichen für einen gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung an regulären Einrichtungen. Damals war noch von Integration die Rede, später von Inklusion. Zwischenzeitlich war das Land bundesweit Vorbild und auch heute ist die Inklusionsquote eine der höchsten der Republik. Der Vorwurf der Opposition: Es herrscht mehr Quantität denn Qualität.

Prien: Förderzentren weiterhin wichtig

Ministerin Prien sieht die Politik der Koalition, dagegen durch den aktuellen Inklusionsbericht, bestätigt. Zwar sei es richtig, dass die Exklusionsquote, also die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die wieder in Förderzentren unterrichtet werden, seit 2017 gestiegen sei. Doch das liege auch daran, dass sich Eltern, vor allem bei geistigen Behinderungen ihrer Kinder, eher für Förderzentren entschieden. Für die Ministerin stellt das kein Problem dar: „So viel gemeinsame Beschulung wie möglich, soviel individuelle Unterstützung wie nötig“ lautet ihre Prämisse. Förderzentren seien deswegen weiterhin wichtig. Prien wies auf einen am Ende der Debatte angenommen Koalitionsantrag hin, in dem ein Neun-Punkte-Plan vorgestellt wird, mit dem die Inklusion an den Schulen weiter gestärkt werden soll.

Man sei auf „einem guten Weg“, befand auch Patrik Pender (CDU). Die Zahlen würden dies bestätigen. So hätte sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Inklusionsbedarf auf Regelschulen seit der Jahrtausendwende von 5000 auf 11.000 mehr als verdoppelt. Und seit 2018 seien 490 neue Stellen für Sonderpädagogen geschaffen worden. Die Inklusion habe insgesamt „somit bereits erhebliche Erfolgsschritte gemacht“, so Pender. Er sei „erstaunt und verwundert über einen Alternativantrag der SPD und des SSW“, welcher suggeriere, eine Weiterentwicklung der Inklusion fände nicht statt.

Harsche Kritik der SPD

Martin Habersaat (SPD) vertrat jedoch genau diese Meinung. Er führte den Inklusionsbericht der Landesregierung an. Aufschlussreich sei dieser vor allem, wenn man den Vorbericht aus dem Jahr 2020 lese. Denn viele Punkte, die bereits damals empfohlen wurden, seien bis heute nicht umgesetzt. So gebe es weiterhin zu wenig Sonderpädagogen, es mangele an Schulassistenzen sowie an einer Reform der Schulbegleitung. Zudem fehle noch immer ein Schlüssel für Sozialarbeiter. Das seien nur einige Punkte, die zu dem Schluss führten „dass die Bildungsministerin Prien das Leitbild der inklusiven Schule aufgegeben hatte“, resümierte Habersaat. Der Alternativantrag von SPD und SSW wurde später abgelehnt.

Bei der ganzen Debatte zeige die Praxis an den Schulen, „dass bei der Inklusion Anspruch und Wirklichkeit zum Teil sehr weit auseinanderliegen“, sagte Christopher Vogt (FDP). Aufgrund mangelnder Ressourcen sei die Umsetzung der Inklusion „auf keinem guten Weg und teilweise auch schlichtweg gescheitert.“ Als Sparmodell würde Inklusion nicht funktionieren. Seine Fraktion sei weder vom Antrag der Koalition, noch vom Alternativpapier von SPD und SSW überzeugt. Es stünden in beiden „jedoch jeweils diskussionswürdige Punkte drin, die wir in einer Ausschussbefassung vertiefend beraten sollten“, appellierte Vogt.

Weitere Rednerin und Redner:
Jette Waldinger-Thiering (SSW), Malte Krüger (Grüne)

Im Rahmen der „Inklusiven Schule“ werden in Schleswig-Holstein Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt an Regelschulen unterrichtet. Förderzentren sind nur noch für einen geringen Prozentsatz der Kinder mit Handicaps zuständig. Eine entsprechende Behindertenrechtskonvention der UN zur Gleichstellung behinderter Menschen im Bildungssektor wurde im Jahr 2009 von Deutschland ratifiziert und ist seitdem geltendes Recht in der Bundesrepublik.

Diskussionen gibt es seit dieser Zeit immer wieder, vor allem um mangelnde Ressourcen für Sach-, Geld- und Personalausstattung. So stellte beispielsweise der Landesrechnungshof in seinem Bericht zur Inklusion an Schulen im Jahr 2017 fest: „Die Landesregierung strebt ein inklusives Schulsystem für alle Schularten und Schulen an. Die dafür notwendigen Ressourcen sind im System Schule nicht vorhanden“. Ein weiteres, strittiges Thema ist die Frage, ob und in welchem Umfang Förderschulen weiterhin existieren sollen. Ein Antrag der Fraktionen von SPD und SSW bemängelte hier zuletzt einen Anstieg der Exklusionsquote, also der Schülerinnen und Schüler, die wieder in Förderzentren unterrichtet werden.

CDU und Grüne: Inklusion weiter stärken

Im gleichen Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, einen Bericht über den aktuellen Stand auf dem Weg zur Umsetzung der Inklusion zu verfassen, welcher vor allem aufzeigen soll, wie „Qualität gesichert und ausgebaut werden kann und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um mehr Kinder mit Förderbedarf in Regelschulen aufzunehmen“. Dieser wurde Ende des Jahres vorgelegt, zeichnete im Ganzen ein positives Bild und ist nun Grundlage eines Maßnahmenpaketes, welches auf Antrag der Regierungsfraktionen im Plenum vorgestellt wird. Sein Titel ist gleichzeitig ein Bekenntnis: „Inklusion an unseren Schulen weiter stärken“.

In neun Punkten werden darin konkrete Maßnahmen aufgezeigt, um die Inklusion und deren Qualität weiterzuentwickeln. Unter anderem geht es um die Wiederaufnahme eines Runden Tisches zum Thema. Landesweit sollen ab dem kommenden Schuljahr außerdem Standards zur Feststellungsdiagnostik eingeführt werden. Geplant ist auch die Zusammenlegung von Pool-Lösungen bei Schulassistenzen und –begleitungen. Ein Ausbau der Fortbildungsangebote, eine Stärkung der Elternmitwirkung sowie zusätzliche digitale Medien zur Teilhabe behinderter Menschen sind weitere Punkte.

Bis zum Jahr 1990 wurden Kinder mit Förderbedarf in Schleswig-Holstein ausschließlich an Sonderschulen unterrichtet – in einem Parallelsystem mit den Regelschulen auf der anderen Seite. Ein neues Schulgesetz stellte damals im Land die Weichen für eine Zusammenlegung und machte das Land kurz darauf sogar zum Vorreiter in der Bundesrepublik.

(Stand: 19. Februar 2024)

Vorherige Debatte zum Thema:
August 2020

Antrag

Top 28
Inklusion an unseren Schulen weiter stärken

Antrag CDU/Grüne ‒ Drucksache 20/1882 
Alternativantrag der Fraktionen von SPD und SSW‒ Drucksache 20/1908

Regierungsbericht

Top 43
Inklusion an Schulen – Bericht in der 20. Legislaturperiode

Regierungsbericht ‒ Drucksache 20/1754
(Berichtsantrag der Fraktionen von SPD und SSW ‒ Drucksache 20/122)