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Uwe Eichelberg: Kurzzeitpflege vernachlässigt
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 529/99 vom 18. November 1999 TOP 13 Uwe Eichelberg: Kurzzeitpflege vernachlässigt Sozialstationen mit angeschlossener Kurzzeitpflege galten in den 80er Jahren als die bürgernahe und humane Alternative zur stationären Nachsorge im Anschluss an Krankenhausaufenthalte.Gerade für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein ist die Ausheilung und medizinische Pflege in Wohnortnähe bei Verwandten und Freunden von besonderer Bedeutung.Dementsprechend wurden mit erheblicher finanzieller Unterstützung durch das Land und die Kommunen Kurzzeitpflegeeinrichtungen geschaffen, deren Träger überwiegend Wohlfahrtsverbände waren bzw. noch sind.Kurzzeitpflege bedeutet eine zeitliche befristete stationäre Ganztagsbetreuung pflegebedürftiger Menschen,- die entweder zu Hause gepflegt werden, müssten (Dieser Bereich ist durch die Pflegeversicherung für einige Sonderfälle im Sozialgesetzbuch XI z.B. mit § 39 Verhinderungspflege und § 42 Urlaubsvertretung geregelt.)- oder es sind Menschen, die nach schwerer Krankheit, nach einem Krankenhaus- aufenthalt oder z.B nach einer. ambulanten Operation der Nachsorge bedürfen. (Diese Fälle der „ausgegliederten häuslichen Krankenpflege“ nach § 37 SGB V sind z.Zt. so ungenügend geregelt, weil sich Krankenkassen und Sozialhilfeträger aus der Aufgabe zurückgezogen haben.)Die Kurzzeitpflege war also gedacht als eine wichtige flankierende Maßnahme,- um entweder mit einer zeitlich befristeten stationären Pflege die Einweisung einer pflegebedürftigen Person in eine dauerhafte Pflegeeinrichtung mit all den psychologisch belastenden Nebeneffekten zu vermeiden und oder wenigstens aufzuschieben, - oder um durch eine wohnortnahe Nachsorge die Kapazitäten der Krankenhäuser und somit die Kosten des Krankenhaus-aufenthaltes zu reduzieren.Die Pflegeversicherung als eine Form von Teilkaskoversicherung sollte den meisten Bürgerinnen und Bürgern insbesondere im Alter eine menschenwürdige Pflege ermöglichen bei gleichzeitiger Entlastung der Familien-angehörigen und auch der Sozialhilfeträger. Sie wird als solche trotz der Anfangsprobleme bei der Einstufung der Pflegefälle und trotz der noch nicht geregelten Betreuungsfinanzierung von Behindertenfällen von allen Parteien anerkannt.Mit Erstaunen las man im vergangenen Jahr wie auch in 1999 von der Schließung und Umwandlung der Kurzzeitpflegeeinrichtungen in unserem Land. Erschreckend zu lesen sind dazu die mitleidsvollen Kommentare der Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, die Hilfe versprachen, zumindest in den Zeitungen. Von Initiativen zur Behebung der unheilvollen Entwicklung haben wir bisher nichts im Sozialausschuss oder aus den steten Pressemeldungen des Sozialministeriums erfahren.Völlig erstaunt musste man als Abgeordneter sein, als aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage vom Januar 1999 zum Thema „Sozialstationen und Kurzzeitpflege“ zu erkennen war, dass es im zuständigen Ministerium gar keine aktuellen Aufzeichnungen über die Standorte von Sozialstationen und Kurzzeitpflegeeinrichtungen im Lande gab. Erstaunlich deshalb, weil das Problem von den Wohlfahrtsverbänden und den Landkreisen wiederholt im Ministerium angesprochen worden sein soll, und erstaunlich auch deshalb, weil ein Sozialministerium sich eigentlich um das Wohlergehen der sozial schwachen Mitbürger besonders kümmern sollte. Diese Erhebung wurde endlich auf Bitten des Sozialausschusses im Oktober dieses Jahres nachgeholt.Und ganz nebenbei: Ich meine schon, es müsste eine Landesregierung interessieren, was aus den mit Millionen an Steuergeldern geförderten Investitionen geworden ist. Man stelle sich das in der Wirtschaft vor!Nach Gesprächen mit Betroffenen wurde auf Wunsch der CDU-Fraktion am 16.06.1999 eine Anhörung im Sozialausschuss zur Kurzzeitpflegesituation im Lande durchgeführt. Die einhellige Meinung aller Trägerverbände, der kommunalen Spitzenverbände und auch der Krankenkassen war:1. Schleswig-Holstein hatte bis vor kurzem ein hervorragendes Kurzzeitpflegesystem gerade auf dem Land und für die sozial schwierigen Regionen der Städte.2. Konzeption, Ziele und Finanzierung der Kurzzeitpflege haben sich mit der Einführung der Pflegeversicherung und dem Zurückzug der Krankenkassen und Sozialhilfeträger so nachhaltig geändert, dass man heute von einem Zerschlagen der bewährten Kurzzeitpflegestrukturen sprechen muss.3. Eigenständige Kurzzeitpflegeeinrichtungen gibt es nur noch vereinzelt. In geringem Umfang werden „eingestreute Betten“ für Pflegefälle nach dem XI. Sozialgesetzbuch in Dauerpflegeeinrichtungen vorrätig gehalten. Das Angebot entspricht nach Ansicht aller Wohlfahrtsverbände und auch der Repräsentantin der Kieler Sozialbehörde nicht der Nachfrage, gerade in den Urlaubszeiten. Das Angebot ist qualitativ völlig ungenügend in bezug auf die Pflegequalität für Kurzzeitpflegepatienten.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Abgeordnete können nicht in allen Bereichen Experten sein. Ist es nicht so, dass man sich darauf verlassen muss, dass bei so gravierenden Entwicklungen eine bürgernahe Verwaltung/Regierung mit ihren spezifisch ausgebildeten Experten rechtzeitig die Notbremse zieht und Maßnahmen dem Parlament vorschlägt?Für jedes Bonner/Berliner Gesetz haben wir Resolutionen und Vorentwürfe diskutiert, warum nicht über den Niedergang der für so viele notwendigen Kurzzeitpflege in unserem Land?Im April dieses Jahres soll es als Folge meiner Kleinen Anfrage und wegen der erhobenen Kritik der CDU ein Treffen mit den für die Kurzzeitpflege betroffenen Organisationen im Sozialministerium gegeben haben. Wir wollen nun von der Regierung hören, ob man jetzt über mehr Wissen verfügt, und welche Maßnahmen vorgeschlagen wurden bzw. eingeleitet wurden, um den Restbestand abzusichern.Der Informationsaustausch in den Sozialausschusssitzungen ergab keine befriedigenden Antworten, sondern weitere Verzögerungen. Dies ist nicht zu vertreten, nachdem wir die Sorgen der Wohlfahrtsverbände als Sprecher der betroffenen Bürger so eindeutig vernommen haben und weitere Schließungen anstehen.Wie die CDU-Fraktion schon anlässlich der Diskussion über den verzögerten Krankenhausplan kritisch hinterfragte, führt die soziale Betreuung und Nachbehandlung gerade bei der zunehmenden Anzahl von Einpersonenhaushalten und älteren multimorbiden Mitbürgern zu unkalkulierbaren Risiken für die Schwächsten der Schwachen, wenn eine stationäre Versorgung rein nach Indikationen d.h. normierten Krankheitsfällen inklusiv normierter Diagnose und Therapie vorgehalten werden soll.Verstärkt werden unsere Sorgen durch die sogenannte „Gesundheitsreform 2000“, wenn dann die Krankenkassen mit dem medizinischen Dienst förmlich als „Gesundheitspolizei“, dafür sorgen, dass medizinisch geheilte aber noch nicht rehabilitierte Patienten entlassen werden müssen, - denn mehr wird nicht bezahlt!Glaubt denn einer von uns, dass ein älterer Patient nach der medizinisch abgehandelten Oberschenkelhalsbruchbehandlung ohne Unterstützungspflege sein Alltagsleben aufnehmen kann? Warum folgt nicht noch für einige Wochen die Nachsorge in der wohnortnahen Kurzzeitpflege, wo man wieder zur Selbständigkeit animiert und befähigt wird?Daher brauchen wir ein „soziales Patientenmanagement“, das mehr ist als nur der Hausarzt als „Gate Keeper“. Wir brauchen wieder Kurzzeitpflegeeinrichtungen im Wohnumfeld.Wichtig ist dabei, dass die Überweisung in eine gesonderte Kurzzeitpflegeeinrichtung erfolgt und nicht in die sogenannten „Streubetten“ in Dauerpflegeheimen. Zumindest ist eine organisatorisch und räumlich getrennte Abteilung notwendig, sonst zerbricht der soeben geheilte Menschen psychisch. Das waren auch klare Aussagen der Wohlfahrtsorganisationen wie auch der AWO.Die Kurzzeitpflege im Rahmen der Krankenhausvermeidung und –verkürzung muss wieder entsprechend dem § 37 SGB V finanziell gesichert werden. Eine Möglichkeit ist die Aufnahme von Nachsorgeeinrichtungen dieser Art in die Krankenhausplanung wie es Nachsorgekrankenhäuser auch sind. Und hier entscheidet noch allein das Land. Wer von einem höherrangigen Wert der Rehabilitation spricht, muss auch die allgemeine soziale und medizinische Nachsorge sicherstellen, wie es z.B. bei den Modellversuchen bei den Krankenhäusern Großhansdorf/Manhagen und Heide der Fall ist. Nur wenn der Operierte rechtzeitig die medizinisch notwendigen Unterstützungsmaßnahmen erhält, kann die dauerhafte Pflegebedürftigkeit vermieden werden.Wir Abgeordneten dürfen es nicht hinnehmen, wenn die Regierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage ernüchternd mitteilt, dass zwar verschiedene Einrichtungen geschlossen wurden, die Schuld aber bei den Pflegesatzparteien zu suchen sei. Wo bleiben die Gegenmaßnahmen als Gesundheitsaufsicht?Herr Dr. Hase, der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen der Regierung, wie auch die Wohlfahrtsorganisationen des Landes und die Sozialbehörde der Stadt Kiel sehen einen großen Bedarf an Kurzzeitpflegebetten und schildern bedauernswerte und schicksalhafte Einzelbeispiele. Da dürfen wir, meine Damen und Herren Kollegen, nicht länger abwarten. Könnten wir nicht auch schon morgen ein Betroffener sein?