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18.11.99 , 16:23 Uhr
SPD

Hermann Benker: Stärkung des Handwerks in Schleswig-Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion und SPD-Landesvorstand Verantwortlich: Sven-Hauke Kaerkes•Landeshaus•Postfach 3607•24100 Kiel Tel: 0431/ 988-1305 • Fax: 0431/988-1308• E-Mail: pressestelle@spd-fraktion-ltsh.de Internet: www.spd-schleswig-holstein.de



Landtag Kiel, 18.11.1999
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Hermann Benker zu TOP 23 und 28:

Stärkung des Handwerks in Schleswig-Holstein



Sie werden vielleicht sagen: Schon wieder das Handwerk!

Ja, antworte ich, das Handwerk hat es auch verdient, dass wir uns um den Spitzenreiter bei der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen kümmern. Das Handwerk hat es auch verdient, weil jeder fünfte Arbeitsplatz im Handwerk zu finden ist. Und, es genügt eben nicht nur eine Große Anfrage zu stellen, es gilt vielmehr darüber hinaus Ideen zu entwickeln, wie dem Handwerk konkret geholfen werden kann.

Dabei geht es nicht immer nur um mehr Geld, sondern auch um eine Verbesse- rung des Images, um eine Verbesserung der Einstellung der Menschen zum Handwerk und letztlich um eine kontinuierliche Begleitung des Beratungspro- zesses der Institutionen des Landes für das Handwerk.

Dies sind die Gründe für unseren Antrag, den wir in vier Punkten zusammen- gefaßt haben: - 2-



1. Die Erfahrungen im Umgang mit dem Berufsschulunterricht nach dem schleswig-holsteinischer Modell läßt es zu, dass wir heute die Befristung, die im Juli 2000 abgelaufen wäre, aufheben.

Das heißt, die in der Bundeskultusministerkonferenz festgelegten 12 Berufs- schulstunden so zu legen, dass wir im ersten Schuljahr zwei Berufsschulta- ge mit je 9 Unterrichtsstunden und im zweiten und dritten Ausbildungsjahr je 8 Stunden haben werden. Dieses schleswig-holsteinische Modell mit einer flexiblen Handhabung hat sich bewährt.

Dieses Modell hat natürlich auch wirtschaftliche Gründe, denn nach einer alten Regel kostet in dem ersten Lehrjahr der Lehrling sehr viel Geld, weil er noch keine Leistung erbringen kann, im zweiten Lehrjahr in der Regel läuft er mit, wenn er gut ist, dann bringt er auch schon etwas und im dritten Lehrjahr da kann er im Grunde genommen schon fast eingesetzt werden wie ein Geselle. Die alte Regelung brachte darüber hinaus höhere Betriebsaus- fallzeiten.

Das alles zusammen rechtfertigt es, die flexible und unternehmensfreundli- che Gestaltung des Berufsschulunterrichts im Schleswig-Holstein-Modell fortzusetzen.

2. In dem zweiten Punkt wird deutlich, dass der von uns geschaffene Rahmen, ich will es einfach finanztechnische Infrastruktur nennen, für die Existenz- gründungen weiter intensiviert wird.

Bürgschaftsbank, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft und Investiti- onsbank sind die Instrumente, die in Schleswig-Holstein zur Unterstützung der Wirtschaft insbesondere bei Existenzgründungen auch für das Hand- - 3-



werk erst durch Sozialdemokraten geschaffen worden sind. Diese Einrichtungen haben sich bewährt und manche Länder schauen nei- disch auf uns. Wir liegen an 3.Stelle aller öffentlichen Beteiligungsgesellschaften in den Ländern.

Mit unserem Existenzgründerfonds, mit der Bereitstellung von Wagniskapital und dem 100 Millionen Investitionsfonds, der zusammen mit Hamburg ein- gerichtet worden ist, helfen wir neuen Unternehmen in die Selbständigkeit.

Die Existenzgründungsberatungen haben deutlich zugenommen und wer- den vom Land weiter gefördert.

Die Existenzgründungsoffensive mit den Kammern den Verbänden und den von mir genannten Institutionen und dem Wirtschaftsministerium sowie an- deren zeichnet sich durch eine gute Zusammenarbeit aus. Allen Beteiligten gilt es für die geleistete Arbeit Dank zu sagen.

Erfreulich ist übrigens, aufgrund der Existenzberatungen, dass die Insolven- zquote im Handwerk deutlich unter 1 % liegt. Das ist natürlich nicht nur auf die Unternehmensberatung zurückzuführen, sondern auch auf den Reali- tätssinn der Handwerker insgesamt.

Auch die Ausbildungsbetreuer helfen den Betrieben Kosten zu sparen, weil eine abgebrochene Ausbildung immer teurer ist, als eine voll durchgeführte. Auch diese Maßnahme senken wird fortgesetzt.

Wir haben in Schleswig-Holstein ein hohes Niveau bei dem Beratungsange- bot für das Handwerk, sowohl bei den Betriebsberatern der Kammern und - 4-



im Wirtschaftsverband sowie durch die Rationalisierungsgemeinschaft Handwerk. Alle Einrichtungen sollen auch weiter eine institutionelle Förde- rung erhalten.

3. Wir fordern bei der geplanten Unternehmenssteuerreform, die Situation der kleineren und mittleren Betriebe insbesondere des Handwerks vorrangig zu berücksichtigen. Dabei wird ein wesentlicher Faktor sein, dass der nichtent- nommene Gewinn endlich niedriger besteuert wird, als der entnommene Gewinn. Es war geradezu paradox in der Vergangenheit. Das hat letztlich auch sogar zu einem Schreibfehler geführt. Es muß in der vorletzten Zeile der Ziffer 3 unseres Antrages ein „nicht“ eingefügt werden. Das bitte ich zu korrigieren.

Die Wiedereinführung des § 10 a, Einkommenssteuergesetz (Flüchtlingsbe- triebe) wäre die beste Lösung.

In Verbindung mit der Investitionsabschreibung könnten dadurch im Hand- werk Rücklagen für größere Investitionen gebildet werden, ohne Finanzie- rungen über Darlehen abwickeln zu müssen. Die Investitionsbereitschaft insgesamt würde verbessert. Die Steuerreform wird deshalb auch zu be- rücksichtigen haben, dass kleine Personengesellschaften steuerlich effektiv deutlich und überproportional entlastet werden. Dazu gehört aber auch daß kleine mittelständische Unternehmen auch einmal definiert werden. Betriebe mit 100 Beschäftigten und 1 Million Umsatz brauchen eine derartige Hilfe weit weniger als Handwerksbetriebe, die mit eigenem Geld und eigener Verantwortung auf eigenes Risiko mit 5 bis 20 Beschäftigten ihren Betrieb führen. Diesen Betrieben muß in erster Linie unsere Hilfe gelten.

Die Senkung der Lohnnebenkosten hilft allen lohnintensiven Handwerksbe- - 5-



trieben. Die Fortsetzung der Senkung die bereits beschlossen ist, wird sich auch auf die Bereitstellung von Arbeitsplätzen auswirken.

Da die Handwerksbetriebe auch von der Streichung von Subventionstatbe- ständen betroffen sind, ist eine besondere Mittelstandskomponente in der Steuerreform erforderlich. Dazu gehört z.B. eine Limitierung der Abschrei- bungstabellen nach Gewinnhöhen, die Aufrechterhaltung der degressiven Abschreibung für Klein und Mittelbetriebe, höhere Freibeträge bei der Erb- schaftssteuer bei Übernahme von Handwerksbetrieben, die Gleichstellung bei der Behandlung von Unternehmensgewinnen für Personen und Kapital- gesellschaften.

Die wirksamste Mittelstandskomponente wäre jedoch die Vereinfachung des Steuersystems insgesamt. Noch immer ist das Steuersystem zu kompliziert und erfordert einen hohen zeitlichen Aufwand und damit Kosten. Kleinbe- triebe haben keine Steuerabteilung um alle Vorteile ausnutzen zu können. Auch deshalb gehört eine Vereinfachung zur Mittelstandskomponente und zu mehr Steuergerechtigkeit.

4. Die administrativen Verfahren und Bedingungen bei Betriebsübergängen im Handwerk sind nicht nur durch eine hohe Übernahmesumme belastet son- dern in der Regel auch durch eine Flut von zusätzlichen Maßnahmen, die aus dem Bestandschutz der Altbetriebe bis dahin nicht erforderlich waren. Selbstverständlich sind diese Maßnahmen notwendig aus Gründen des Ar- beitsschutzes, des Umweltschutzes, Gesundheitsschutz, oder aus baurecht- lichen Gründen.

Selbst wenn es sich um Familienangehörige handelt, ist die finanzielle Bela- stung für die Betriebsübernahme und gleichzeitig für die Investition der Be- - 6-



triebsschutzmaßnahmen oft nicht zu bewältigen. Dabei ist die Konfrontation mit all diesen Problemen zur gleichen Zeit und auf einmal oft der Grund gar nicht erst eine Betriebsübernahme ins Auge zu fassen. Interessenten, also junge Meister, werden abgeschreckt. Für manche ist der Umfang der Aufga- ben als Unternehmer ein derartiger Schock, daß sie es nie wieder versu- chen.

Umgekehrt werden Bewerber und Familienmitglieder nicht frühzeitig in den Betrieb integriert z.B. als Gesellschafter. Hier besteht Beratungsbedarf Weiter sollte eine Karenzzeit oder Pufferzeit dazu führen, dass die finan- zielle Belastung erträglich wird. Insofern wird zu überprüfen sein, ob neue Ermessungsspielräume geschaffen werden müssen, oder ob vorhandene Ermessungsspielräume nicht zu Gunsten der Betriebe ausgedehnt werden können.

Wir wollen diesen Antrag aber nicht nur an die Adresse der Landesregierung richten sondern auch an das Handwerk selbst. Ich habe in meiner Rede zur Großen Anfrage gesagt, „ich bin gespannt auf die Ideen, die von der Opposition zur Förderung des Handwerks kommen“. Und ich muß feststellen, bis heute habe ich noch nicht eine einzige gehört, weder in der Ausschußberatung noch als einen eigenen Vorschlag gegenüber den Kam- mern.

Im Zusammenhang mit diesem Antrag will ich deshalb auch hier und nicht erst in der Ausschußberatung nur ein paar Ideen nennen, die in Gesprächen mit dem Handwerk erörtert worden sind. Die Vorschläge für das Handwerk selbst, können ja auch als Modell gemeinsam mit dem Handwerk ausgearbeitet oder verworfen werden. - 7-



Dazu gehört einmal eine Form der Managementberatung.

Wenn ich bei Firmenbesuchen feststelle, dass der Meister eines Betriebes mit 15/20 Leuten, derjenige ist, der alles zur gleichen Zeit, an allen Stellen seines Betriebes regeln muß, dann bedarf dies oft einer Managementhilfe, oder auch der Entlastung durch bestimmte Funktionen.

Ich will ein Beispiel nennen:

1. Wenn der Meister zuständig ist für die Zuschüsse bei der Einstellung von Arbeitnehmern, dann kann er trotz guter Beratung durch die Arbeitsämter oft die Vielzahl der Fördermöglichkeiten gar nicht durchschauen, geschweige denn, den Antrag stellen oder formulieren.

2. Wenn der Meister bei Erweiterungsbauten als Bauherr ständig die betriebs- spezifischen Erfordernissen mit der Baugenehmigungsbehörde durchsetzen muß und z hohe Auflagen abwehren muß, dann nimmt das einen Umfang an Zeit in Anspruch, die er nicht leisten kann, wobei häufig durch fehlerhafte Überlegungen auch Mehrkosten entstehen, die von dem Betrieb oft nicht getragen werden können.

3. Wenn er parallel dazu auch noch als Meister fachlichen Rat geben muß, ob bestimmte Schaltschränke, FI-Schalter groß oder klein eingebaut werden müssen, dann ist ein solcher Meister überfordert dann bleibt irgend etwas auf der Strecke.

Wenn auch Handwerksleistungen nicht über das Internet vertrieben werden können, so kann man moderne Kommunikationsmittel auch im Handwerk ver- - 8-



stärkt einsetzen.

– Callcenter für Kundendienst und Reparaturen der Handwerker am Ort oder in der Region

– Callcenter für Garantieleistungen aus den eigenen Dienstleistungen aller Handwerker in einem Baugebiet

– Callcenter für Serviceberatungen der Innungen.

– Einrichtungen einer Abrechnungszentrale für kleine Einzelbetriebe als Mo- dell, ähnlich wie die privatärztliche Verrechnungsstelle.

– Verhandlungen aufzunehmen, wie man zu einheitlichen Arbeitswerten auch in Handwerksbereichen über das Kraftfahrzeughandwerk hinaus kommen kann. Das würde die Auseinandersetzung bei Rechnungen über Leistungen von Lehrlingen, Gesellen oder Meistern erheblich reduzieren.

Dieser Antrag und die hier dargelegten Ideen sollen zeigen, wie wichtig uns das Handwerk ist. Es ist nicht mehr selbstverständlich persönliche Belastungen wie sie ein Handwerksbetrieb mit sich bringt auf sich zu nehmen. Deshalb will ich mit einem Dank an alle Handwerker und ihre Mitarbeiter schließen.

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