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15.12.99 , 13:21 Uhr
SSW

Rede zur Vergabe von Studienplätzen

Kiel, den 15. 12. 1999 Es gilt das gesprochene Wort

TOP 8 Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen (Drs. 14/2564)
Anke Spoorendonk: Wer darf studieren, wer nicht?, wer darf was und wo studieren?, was darf die „Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen“, was dürfen die einzelnen Hochschulen dabei entscheiden?, das sind Fragen des vorliegenden Tagesordnungspunktes.

Die Tatsache, dass es in Deutschland eine Anzahl von besonders nachgefragten Studiengängen und besonders nachgefragten Hochschulen gibt, könnte ansich positiv sein. Über starke Nachfrage ist man ja sonst allgemein erfreut, besonders in der freien Wirtschaft. Doch das Problem liegt bekanntlich darin, dass man verantwortungsbewusste Hochschulpolitik nicht nach reinen marktwirtschaftlichen Regeln betreiben kann. Leider gibt es Leute, die dies wollen, die mit Studiengebühren und Elite-Hochschulen die sozialen Grundsätze der Bildungspolitik auf den Müllhaufen werfen wollen, nach dem Motto „Angebot und Preis werden die Nachfrage schon auf diejenigen begrenzen, die es bezahlen können“.

Mit dem SSW wird es weder Studiengebühren noch Elite-Hochschulen geben, denn wir stehen für Chancengleichheit im Bildungswesen und Bildung als ein Allgemeingut für alle Menschen in unserem Land. Daher sehen wir zur Zeit auch keine Möglichkeit, die Zulassung zum Studium besonders nachgefragter Fächer anders zu regeln, als über die vielgescholtene ZVS und in be- grenztem Maße über die einzelnen Hochschulen selbst. Soweit die Hochschulen selbst die Auswahl treffen, muss allerdings Sorge dafür getragen werden, dass die eben skizzierten Elite-Hochschulen nicht durch die Hintertür eingeführt werden. Wir werden dem Gesetzentwurf zum geänderten Staatsvertrag der Länder über die Vergabe von Studienplätzen zustimmen. Sowohl im geänderten Staatsvertrag als auch in den nur Schleswig-Holstein betreffenden Bestimmungen des Gesetzentwurfes sieht der SSW Schritte in die richtige Richtung:

Für Ausländer wird es in Zukunft leichter, in Deutschland zu studieren. Das gilt besonders für Nicht-EU-Bürger, die aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen Deutschen gleichgestellt sind und für gleichgestellte Familienangehörige von EU- bzw. EWR-Bürgern. Die 5%-Begrenzung für Ausländer im Verteilungsverfahren entfällt ebenfalls, was internationale Studiengänge erst ermöglicht. In Schleswig-Holstein hat man die Beschränkungen der Vorabquoten in Studiengängen, die besonders für ausländische Studierende eingerichtet sind, ganz gestrichen. Alles andere wäre auch widersinnig.

Mit großer Sympathie sieht der SSW, dass Schleswig-Holstein dem Staatsvertrag eine soziale Härte nimmt: Ich spreche von der Frage, ob für die Zuweisung eines gewünschten, aber stark nachgefragten Studienplatzes die Note im Abi-Zeugnis oder soziale Gründe die Hauptrolle spielen sollen. Der Staatsvertrag sagt, dass Leistung bei einem Viertel der Studienplätze vor sozialen Gründen geht. Man muss sich verdeutlichen, dass inzwischen immer mehr Studierende Kinder haben, neben dem Studium arbeiten müssen oder andere Verpflichtungen haben, die es ihnen nicht ermöglichen, die Stadt oder die Region zu verlassen. Wenn dann in der Begründung des Staatsvertrags steht, dass durch das Prinzip „Leistung vor sozialen Gründen“ die „regionale Mobilität“ der Studienplatz-Bewerberinnen und -Bewerber „gefördert werden soll“, dann entdecke ich darin eine Spur Zynismus. In Schleswig-Holstein sind es jedoch vor allem „maßgebende soziale, insbesondere familiäre und wirtschaftliche Gründe“, die für die Zulassung zu einer bestimmten Hochschule berücksichtigt werden.

Für Deregulierungen ist ebenfalls Platz: So können Hochschulen in Schleswig-Holstein in be- stimmten Fällen Auswahlgespräche für die Vergabe von Studienplätzen durchführen, müssen dies aber nicht. Auf Bundesebene ist es durch den Staatsvertrag jetzt möglich, ein Auswahlverfahren in ein Verteilungsverfahren zu überführen, wenn sich für einen Studiengang kurzfristig ergibt, dass er nicht so nachgefragt ist, wie ursprünglich gedacht.

Lassen Sie mich aber auch noch etwas kritisch anmerken: Die Einschränkung des Seniorenstu- diums für Personen über 55 Jahren ist im Interesse der Jüngeren durchaus zu verstehen. Doch die Tatsache, dass dies überhaupt nötig ist, zeigt doch, dass Bildung für die Allgemeinheit stark nachgefragt ist. Die Lösung kann nur darin bestehen, dass Bildung immer dreidimensional wachsen



2 muss, in die Tiefe mit Verwurzelung in Ethik und Werten, in die Breite mit Bezug zur Allgemeinheit und in die Höhe für geistige Höhenflüge.



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