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Detlef Matthiessen: Hauptursache ist die Unfähigkeit, mit aggressiven Tieren vernünftig umzugehen
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Sperrfrist: Redebeginn Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort! Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Zu TOP 10, Gefahrhunde-Verordnung, Telefax: 0431/988-1501 erklärt Detlef Matthiessen, Tierarzt, für die Mobil: 0172/541 83 53 Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene.ltsh.de Nr. 027.00 / 27.01.2000Hauptursache ist die Unfähigkeit, mit aggressiven Tieren vernünftig umzugehenDass ausgerechnet die Freie Demokratische Partei Deutschlands, Landtagsfraktion Schleswig-Holstein einen Antrag vorlegt, das Problem mit gefährlichen Hunden zu re- geln, - nebenbei gesagt hinken Sie mit diesem Antrag mal wieder der Entwicklung hinter- her, denn der Innenminister hat bereits die Initiative ergriffen, und die Fraktionen von SPD und Grünen haben dazu im Rahmen der Selbstbefassung des Innenausschus- ses aufgefordert - dass also die FDP solch einen Antrag vorlegt, das ist schon starker Tobak. Man braucht nur draußen im Lande ein paar Kilometer fahren und von den grellblauen Plakaten geifert einen ein Köter entgegen, der einen hochaggressiven Eindruck ver- mittelt. Manche FDP-Plakate heutzutage sind wahrlich ein Angriff auf den guten Ge- schmack.Es ist Ihnen nicht entgangen, dass die Koalitionsfraktionen ebenfalls einen Antrag zur Problematik gefährlicher Hunde vorgelegt haben. Dabei will ich Ihnen zugestehen, Frau Kollegin Happach-Kasan, dass in Ihrem Antrag nicht viel Verkehrtes drinsteht, er greift jedoch zu kurz. Damit meine ich nicht den Punkt eins des Antrages, der einen Bericht einfordert, den der Innenminister auch heute gegeben hat. Ich mei- ne auch nicht so sehr Punkt drei, in dem die Selbstverständlichkeit gefordert wird, dass Regelungen gleich welcher Art auf solider Tatsachenerkenntnis zu beruhen ha- ben, sondern vor allem den Punkt zwei. Dort schränkt die FDP den Kreis der bei einer landesgesetzlichen Regelung zu Beteiligenden auf drei ein. Wir gehen davon aus, dass mehr zu beteiligen sind. Jedenfalls wollen wir niemanden von der Diskussion ausschließen.Der Hauptwiderspruch, den ich zum FDP-Antrag allerdings habe, ist die Zentrierung der Betrachtung auf den genetischen Aspekt der Rassedisposition. Bei gefährlichen Hunden, meine Damen und Herren, da mag die Vererbung eine mehr oder weniger große Rolle spielen. Sie haben ja auch registriert, dass der Innenminister in seinem Bericht darin lediglich einen Teilaspekt der Problemlage sieht, nämlich in Kategorie eins. Und ich will an dieser Stelle auch deutlich sagen, wenn die Theorie einer rasse- bedingte Neigung zu unkontrollierbarer Aggression erhärtbar ist, bin auch ich für ei- nen Ausschluss solcher Tiere aus der Zucht und Vermehrung. Der kulturelle Verlust wäre zu verkraften.Diese Betrachtungsweise wird ja durch das jüngste Urteil zur Hundesteuerdifferenzie- rung gestützt. Welche Rassen von solchen Maßnahmen betroffen wären - das hat ja der Minister ausgeführt - bedarf noch einer genauen und wissenschaftlich abgesi- cherten Prüfung.Das Hauptproblem liegt aus meiner Sicht nicht so sehr bei den Tieren, sondern bei deren Menschen. Nach meinen Erfahrungen sind es zwar vorwiegend bestimmte Rassen, die zur Aggressionsproblemen neigen, Hauptursache aber ist die Unfähigkeit der Menschen mit diesen Tieren vernünftig umzugehen. Wir werden es jedenfalls we- der von der Sache her noch politisch durchstehen, neben den klassischen Kampf- hunden auch auffällige Rassen wie Dobermann, deutscher Schäferhund oder roter Cocker Spaniel ins Visier zu nehmen. Es kann nicht Ziel sein, bei allen genetischen Dispositionen das Problem der gefährlichen Hunde mit Sterilisation, Kastration, Aus- schluss von der Zucht - mit einem Wort - mit Ausrottung zu lösen. Vielmehr werden dem aufmerksamen Leser des Antrages von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN Begriffe wie „Erlaubnisvorbehalt“, „Haltungsverbot“, „Verpflichtung zur Sachkundeprüfung“ ins Auge gefallen sein.Wir begrüßen die Initiative des Innenministers, wir fordern ihn auf, die Eingriffs- schwelle für Maßnahmen der genannten Art niedrig zu halten, denn es ist ja so - und das werden die meisten von Ihnen ebenfalls aus eigener Erfahrung bestätigen - ein Kind wurde gebissen, und der Kommentar des Hundehalters lautet: „Sonst ist er so lieb“ oder „Zu dicht vorbei gegangen“ oder „Das Kind wird ihn wohl am Schwanz ge- zogen haben“. In den seltensten Fällen wird nach solchen Ereignissen der Hunde- halter äußern: „Was habe ich da für eine aggressive Misttöle“ oder „Leider gehorcht er mir nie“ oder „Meine Wohnung im vierten Stock ist zu klein und Zeit habe ich auch nicht - bitte haben Sie Verständnis“. Solche Zitate werden leider in den seltensten Fällen bekannt.Nun hat sich voller Kritik die Arbeitsgemeinschaft gegen Hundesrassendiskriminie- rung im Verband für das deutsche Hundewesen (VDH) in einem Flugblatt geäußert. Überschrift: „Hundehalter zeigen Wienholtz die Zähne“Eine Wortwahl, die vor dem Hintergrund der hier diskutierten Aggressionsproblematik, für sich selber spricht: „Schleswig-Holsteins Hundehalter sind empört!“ Ich bin auch ein Schleswig-Holsteinischer Hundehalter, ich bin nicht empört...Sie schreiben: „Der Verband für das deutsche Hundeswesen vertrete 650.000 Hun- dehalter aller Rassen in unserem Land.“ Das erinnert mich an solche dubiosen Aus- sagen, wie wir es zum Beispiel vom Verband Eigentum und Naturschutz kennen, der vorgibt, im Namen aller Hausbesitzer, Sportler, Bauern usw. hier im Lande zu spre- chen. Also, liebe Arbeitsgruppe im VDH, bleiben Sie auf dem Teppich, wir diskutieren mit Ihnen auch gerne, wenn Sie sich weniger martialisch geben, oder auch wenn Sie ein ganz klitzekleiner Verein wären.Aber noch ein letztes Wort zum Tierschutz. Zur Hauptsache geht es uns natürlich um den Schutz den Menschen, aber es werden auch und viel häufiger Tiere Opfer ag- gressiver Hunde, auch an die sollten wir denken. ***