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Irene Fröhlich: Deutsche Aussenpolitik ist Friedenspolitik
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Sperrfrist: Redebeginn Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort! Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Zu TOP 14 - Stärkung präventiver und ziviler Au- Telefax: 0431/988-1501 ßen- und Sicherheitspolitik - erklärt Irene Fröh- Mobil: 0172/541 83 53 lich, Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE E-Mail: presse@gruene.ltsh.de GRÜNEN: Internet: www.gruene.ltsh.de Nr. 030.00 / 28.01.00Deutsche Außenpolitik ist FriedenspolitikDie rot-grüne Bundesregierung ist mit dem Ziel einer Umorientierung der Außen- und Sicher- heitspolitik angetreten.Der Krieg in Bosnien und im Kosovo hat deutlich gemacht, dass, wenn zu spät gehandelt wird, die militärische Eskalation von Konflikten nicht immer vermeidbar ist. Insbesondere im Kosovo zeichnete sich der Konflikt bereits seit Jahren ab. Durch falsche Entscheidungen der deutschen Außenpolitik und das Wegschauen der Internationalen Staatengemeinschaft – darunter auch der Bundesrepublik Deutschland unter der Regierung Kohl - wurden Chancen vertan, eine gewaltsame Eskalation zu verhindern.Wir mussten und müssen eine zentrale Lehre aus dem Kosovo-Krieg und der Beteiligung der Bundesrepublik am NATO-Einsatz ziehen. Diese Lehre lautet: Die rund ein halbes Jahr vor dem Einsatz getroffene Koalitionsvereinbarung ”Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik” weist den einzigen Weg, um eine Chance zu haben, Kriege wie den im Kosovo künftig ver- hindern zu können. Das zentrale Stichwort für die internationalen Beziehungen der Gegen- wart und Zukunft kann nur Prävention lauten. Es gilt, die Versäumnisse der schwarz-gelben Koalition der vergangenen Jahre aufzuholen und dafür Sorge zu tragen, dass Konflikten künftig frühzeitig mit zivilen, nicht-militärischen Mitteln begegnet werden kann.So hat sich auch der schleswig-holsteinische Landtag im Frühjahr 1999 mit dem Kosovo- Krieg befasst. Mit den Stimmen aller Fraktionen wurde die Resolution ”Dank für Solidarität mit den Vertriebenen des Kosovo” verabschiedet. In dieser Resolution wird auch die Bundes- regierung dazu aufgefordert, eine friedenserhaltende und deeskalierende Politik zu verstär- ken. Als Konsequenz aus dem Kosovo-Krieg setzt die rot-grüne Bundesregierung auf die Stär- kung der zivilen Konfliktbearbeitung. Ein Beispiel dafür ist der Stabilitätspakt für Südosteuro- pa, der noch im Juni 1999 auf Initiative des Bundesaußenministers Joschka Fischer mit dem Ziel. einer stabilen, friedlichen und rechtsstaatlichen Entwicklung der Region durch • Demokratisierung und Einhaltung der Menschenrechte • den ökonomischen Wiederaufbau und eine Wirtschaftsreform sowie • eine Verständigung in Sicherheitsfragen geschlossen wurde.Der Bundestag hat weiterhin die Gründung einer Stiftung zur Friedens- und Konfliktforschung beschlossen. Ihr Konzept sieht vor, einen zeitnahen und effizienten Transfer der Ergebnisse der Friedens- und Konfliktforschung zu den politischen Entscheidungsträgern zu gewähr- leisten.Auch der Forderung des schleswig-holsteinischen Landtages nach Erhöhung der Haus- haltsmittel für Konfliktprävention und zivile Konfliktbearbeitung ist die Bundesregierung nach- gekommen: Für 2000 stehen dafür im Einzelplan des Auswärtigen Amt 28,6 Mio. DM bereit, 20 Mio. mehr als im Vorjahr. Auch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenar- beit und Entwicklung stockt seine Mittel für zivile Friedensdienste um 10 Millionen DM auf 17,5 Millionen DM auf.Die CDU-Fraktion beklagt in ihrem Antrag wortreich die Kürzungen im Etat des BMZ. Dies ist in doppelter Hinsicht zynisch. Zum einen, weil diese schmerzhaften Einschnitte nicht nur beim BMZ, sondern in allen Ministerien unumgänglich waren, weil angesichts der 1,5 Billio- nen DM Schulden, die CDU und F.D.P. hinterlassen haben, im Haushalt 2000 bekanntlich 28 Mrd. DM eingespart werden mussten. Diese plötzlichen Krokodilstränen über Kürzungen im Entwicklungshilfeetat sind wirklich bemerkenswert. Zu Zeiten der Regierung Kohl/Kinkel führte das BMZ ein trauriges Schattendasein. Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, kennt denn noch den Namen des letzten Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit aus jener noch nicht lange vergangenen Zeit? Es war Carl-Dieter Spranger von der CSU.Seit dem Regierungswechsel ist das BMZ politisch deutlich aufgewertet worden. Heidemarie Wieczorek-Zeul war eine der InitiatorInnen des Entschuldungsabkommens von Köln, durch das den ärmsten Ländern der Welt insgesamt 70 Mrd. DM Schulden erlassen wurde. Deutschland ist daran mit 9,15 Mrd. DM beteiligt. Frau Wieczorek-Zeul hat selbstverständlich den Sitz im Bundessicherheitsrat eingenommen, der ihren Vorgänger immer verwehrt blieb. Und das Finanzministerium hat dem BMZ die Verantwortung für das wichtige Transform- Programm übertragen, das Aufbauprogramm für Osteuropa.Auch stimmen Ihre Zahlen nur bei oberflächlicher Betrachtung des Bundeshaushaltes: Sie haben übersehen, dass für die nächsten Jahre Verpflichtungsermächtigungen über insge- samt 650 Mio. DM beschlossen wurden. Damit ist gewährleistet, dass die Mittel in die laufen- den Projekte genau zu dem Zeitpunkt abfließen können, an dem sie gebraucht werden. Kein einziges Projekt muss eingestellt werden. Und wenn sie noch genauer hinsehen würden, könnten sie feststellen, dass im Einzelplan 11 des Bundeshaushaltes - das ist die Allgemeine Finanzverwaltung - weitere 300 Mio. DM für das Aufbauprogramm „Südosteuropa“ bereitste- hen. Aber wir wissen ja mittlerweile, dass die CDU sich mit Haushalten nicht so gut auskennt - weder mit dem Landeshaushalt noch mit ihrem eigenen Etat; warum sollte dies also beim Bundeshaushalt anders sein.Meine Damen und Herren, trotz der großen Einsparungen hat die rot-grüne Bundesregierung also die Haushaltsmittel für die Stärkung präventiver und ziviler Außen- und Sicherheitspolitik kräftig aufgestockt. Vor allem die Zusammenarbeit mit Nicht-Regierungsorga-nisationen kann dadurch deutlich intensiviert werden.Dies ist besonders wichtig, weil traditionelle sicherheitspolitische Mittel in gesellschaftlichen Konflikten häufig keine Wirkung mehr zeigen. Nichtregierungsorganisationen haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie wesentliche Beiträge zur Krisenprävention und friedlicher Konsolidierung leisten können. Zum einen agieren die Betroffenen oft selbst als Helfer im Rahmen präventiver Maßnahmen in der Region, zum anderen leisten sie Aufklärungsarbeit über die Region hinaus. Zudem - und dies ist mir ein ganz wichtiger Punkt – dokumentieren sie durch ihren Einsatz, dass persönliches Engagement für Frieden in Europa und in der Welt jedem Menschen möglich ist.All diese Eigenschaften vereint das bundesweite Projekt „Schüler Helfen Leben“, das erst- malig 1998 zur Beteiligung an einem „Sozialen Tag“ aufrief. Die Initiative hat im vergangenen Jahr wieder viele schleswig-holsteinische Schülerinnen und Schüler dafür gewinnen können, einen Tag zu arbeiten und den entsprechenden Verdienst von insgesamt rund 500.000 DM für den Wiederaufbau von Schulen im Kosovo zur Verfügung zu stellen. Dieses Engagement verdient großen Respekt.Es gibt noch andere Beispiele in unserem Bundesland für friedenspolitisches Engagement - ich erinnere hier nur an das Bündnis Entwicklungspolitischer Initiativen (BEI) und den Zu- sammenarbeitsausschuss für Friedensinitiativen (ZAA). Bei meinem Besuch bei der Deut- schen Minderheit in Nordschleswig vor einigen Tagen wurde ich außerdem darauf aufmerk- sam gemacht, dass die europäische Minderheitenorganisation FUEV sich darum bemüht, ge- rade auch in Krisengebieten den Gedanken einer deeskalierenden Minderheitenpolitik Nach- druck zu verleihen.Friedenspolitik bedarf immer eines Rückhaltes in der Gesellschaft. Ich würde mich freuen, wenn die Landesregierung erneut den „Sozialen Tag“, zu dem „Schüler Helfen Leben“ für den 13. Juli 2000 aufruft, nach Kräften unterstützen und den Appell an Firmen, Vereine, Ver- bände und Privatpersonen richten würde, dies auch zu tun. ***