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19.06.00 , 11:42 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel: Verdopplung der Kraft-Wärme-Kopplung bis 2010

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
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Nr. 134.00 / 19.06.2000



Verdopplung der Kraftwärmekopplung bis 2010
Die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat auf einer Expertenveranstaltung am 14. Juni das Zertifikats-Handelsmodell für Kraftwärmekopplung (KWK) der Bundes- tagsfraktion und ihre Auswirkungen auf Schleswig-Holstein vorgestellt und diskutiert.
Als Referenten sprachen der Staatssekretär für Energie, Wilfried Voigt über die Zukunft des Energiemarktes und den Stand der KWK im europäischen Vergleich, der Direktor der Stadtwerke Kiel über die Situation, Entwicklung und aktuellen Probleme der KWK- Betreiber. Karl-Martin Hentschel, energiepolischer Sprecher der Landtagsfraktion stellte das Zertifikatsmodell der Bundestagsfraktion vor.
Das KWK-Gesetz ist das vierte der fünf großen Vorhaben, die sich die Rot/Grüne Regie- rung vorgenommen hat, um die Energiepolitik neu zu ordnen:
1. Die Ökosteuer 2. Das Einspeisegesetz für erneuerbare Energien 3. Der Atomausstieg 4. Das Gesetz zum Ausbau der Kraftwärmekopplung 5. Die Energiesparverordnungs-Novelle.
Die Kraftwärmekopplung (KWK) ermöglicht durch die Kombination von Strom und Wär- meerzeugung eine Nutzung der eingesetzten Energie von 70 bis zu 90 Prozent und ist dadurch etwa doppelt so effizient wie reine Stromkraftwerke. Der Anteil der KWK liegt in Deutschland unter zwölf Prozent. Zum Vergleich: Die Vor- reiter Dänemark und Niederlande liegen bei 40, Finnland bei 35 Prozent der Stromer- zeugung.
Die bestehenden Anlagen sind durch das Strompreisdumping auf den Anbietermärkten stark gefährdet. In Deutschland gibt es Überkapazitäten von über 30 Prozent aus der Zeit der Monopolwirtschaft. Die großen Anbieter versuchen mit abgeschriebenen Groß- kraftwerken, die Stadtwerke und Kleinanlagen aus dem Markt zu drängen. Werkseigene KWK-Anlagen der Industrie werden zur Zeit in der Größenordnung von 200 MW monat- lich abgeschaltet.
Für Schleswig-Holstein hat das erhebliche Bedeutung, da Schleswig-Holstein mit über 20 Prozent Marktführer bei der Kraftwärmekopplung ist. Die beiden wichtigsten Stand- orte sind Kiel und Flensburg.
Aus diesem Grund setzen wir uns für ein Zertifikats-Handelsmodell ein, dass ab dem 1.1.2001 eingeführt werden soll.
Obwohl das Zertifikats-Modell sehr kontrovers diskutiert wurde, waren sich die meisten anwesenden Experten einig, dass dringend der Termin 1. Januar 2001 gehalten werden muss. Es muss allerdings noch an einigen Punkten verbessert werden.
Insbesondere muss eine Regelung gefunden werden, damit in Phasen sinkender Heiz- ölpreise die kleinen Blockheizkraftwerke nicht in den Ruin getrieben werden. Auch der Begriff der Kraftwärmekopplung bedarf noch einer genaueren Definition, da die soge- nannten wärmegeführten Anlagen teilweise Probleme mit der Grenze von 70 Prozent Jahresnutzungsgrad haben.



Das Zertifikats-Handelsmodell in Stichworten:

• Der Gesetzgeber bestimmt eine Quote für KWK, die jährlich ansteigt. Ziel ist den An- teil von KWK in zehn Jahren von zwölf auf 24 Prozent zu erhöhen.
• Als KWK-Anlage gilt jede Anlage, deren Nutzungsgrad mindestens 70 Prozent be- trägt. Dabei sind alle Betreiber (Industrie, Stadtwerke, Haushalte etc.) und alle Tech- nologien (Turbinenanlagen, Blockheizkraftwerk, Brennstoffzellen etc.) gleichberech- tigt. • Jeder KWK-Stromproduzent bekommt Zertifikate von der Regulierungsbehörde, die seiner jährlichen Stromproduktion entsprechen. Jeder Stromanbieter muss entspre- chend der Quote Zertifikate kaufen. Die Zertifikate sind frei handelbar. Die Preise bil- den sich nach Angebot und Nachfrage. Die Einnahmen dienen zur Deckung der noch bestehenden Wirtschaftlichkeitslücke.
• Hat ein Stromerzeuger nicht genügend Zertifikate gekauft, so kann er dies innerhalb von zwei Jahren nachholen - mit einer um zehn Prozent erhöhten Quote. Danach muss er für eine Pönale von sechs Pfennig/KWh bezahlen.
• Benötigt wird eine schlanke Regulationsbehörde (staatlich oder privat in Lizenz) mit einer elektronischen Plattform via Internet. Die Finanzierung erfolgt über Gebühren. Jeder Anlagenbetreiber muss einmal im Jahr melden: Strommenge, Wärmemenge und Verbrauch. Die Kontrolle der Anlagen kann durch anerkannte Wirtschaftsprüfe- rInnen oder Sachverständige erfolgen.
• Ausländische Stromanbieter müssen auch entsprechend der Quote Zertifikate kaufen. Eine Anrechnung von KWK-Strom im Ausland ist nicht möglich, es sei denn, dieses Land hat ein vergleichbares Zertifizierungsmodell und die Zertifikate werden gegen- seitig anerkannt. Ziel ist ein europäisches Modell.
• Das Modell ist EU-kompatibel. Der Ausbau erneuerbarer Energien und der Kraftwär- mekopplung ist sogar EU-Ziel. Der Ministerrat hat eine Verdoppelung von KWK ge- fordert und ausdrücklich seine Präferenz für ein Zertifikats-Modell bekräftigt. Es wird von der EU nicht als Beihilfe bewertet, sondern als Umweltauflage, die in die Preisbil- dung eingeht.
• Als Alternativen werden diskutiert: Bonusmodell und Einspeisegesetz. Da der KWK- Sektor ein wesentlich größerer Sektor als der der regenerativen Energien ist, sind die Auswirkungen von Preismodellen nur sehr schwer kalkulierbar, insbesondere ange- sichts von schwankenden Energiepreisen. Zu kleine Boni können wirkungslos blei- ben, so dass die Klimaziele verfehlt werden, zu große können zu massiven Neubau- ten und Einbrüchen bei den Altanlagen mit Zusammenbrüchen von Kraftwerksbetrei- bern führen.
• Deshalb erscheint das Zertifikatsmodell am geeignetsten, weil es genaue Zielvorga- ben für die Entwicklung von KWK ermöglicht. Es ist wettbewerbskonform und führt dazu, dass die effizienteste Technologie sich durchsetzt. Jeder Anbieter entscheidet selbst, ob er kauft oder in KWK investiert.
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