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12.07.00 , 10:03 Uhr
FDP

Ekkehard Klug zur Zukunft der CAU

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F.D.P. Fraktion im Nr. 129/2000 Schleswig-Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Mittwoch, 12. Juli 2000 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Sperrfrist: Redebeginn Telefax: 0431/9881497 E-Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Ekkehard Klug: Demontage der Kieler Uni bedeutet Zerstörung von Zukunftschancen für Schleswig-Holstein
In der heutigen Landtagsdebatte zum Antrag der F.D.P.- Landtagsfraktion „Entwicklung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel“ erklärte der hochschulpolitische Sprecher der Liberalen, Dr.



Presseinformation Ekkehard Klug:
„Eine Demontage der Kieler Universität bedeutet die Zerstörung von Zukunftschancen für Schleswig-Holstein.
Der Abbau von Studienfächern und Forschungsgebieten verringert die Chance unseres Landes, im Wettbewerb mit anderen Standorten wirtschaftliche Entwicklung und qualifizierte Ausbildung zu sichern.
Der im September 1991 von der Regierung Björn Engholm vorgelegte Landeshochschulplan formulierte es wie folgt: „Hochschulpolitik ist ein wesentliches Element einer zukunftsorientierten Strukturpolitik des Landes“.
Und weiter: „Saldiert mit den hier Studierenden aus anderen Bundesländern hat das Land mit knapp 30% den größten relativen ‚Studierendenexport’ von allen Bundesländern. Auf dieses Potenzial kann das Land im Interesse des Bedarfs an hochqualifiziertem Nachwuchs nicht verzichten“.
Bei den Universitätsstudiengängen liegt der schleswig-holsteinische „Studentenexport“ mittlerweile, rund 10 Jahre später, bei mehr als 34%. Zwischen der Zahl der aus Schleswig-Holstein stammenden, an deutschen Unis eingeschriebenen Studenten und der Zahl der Universitätsstudenten in Schleswig-Holstein liegt, in absoluten Zahlen, eine Differenz von rund 13.000.
Das heißt: Kein anderes Bundesland zwingt einen so großen Teil seines akademischen Nachwuchses zur ‚Auswanderung’. Mit den von Landesregierung und Kieler Uni-Rektorat geplanten, in einer Zielvereinbarung bereits im Umfang (200 Stellen) festgelegten Einschnitten würde sich diese Schlusslichtrolle unseres Landes noch weiter verstärken: 2 Unter Verantwortung der Regierung Simonis würde ‚human capital’ noch mehr als bisher zum Hauptexportgut Schleswig-Holsteins.
Nach Überzeugung der F.D.P.-Fraktion ist diese Entwicklung nicht hinnehmbar. Wir wollen, dass sich der Landtag den Strukturfragen unserer Hochschullandschaft stellt - und bei den bevorstehenden Haushaltsberatungen Farbe bekennen muss, welche landespolitischen Schwerpunkte er als Haushaltsgesetzgeber und als „oberstes Organ der politischen Willensbildung“ (Artikel 10 Landesverfassung) er zu setzen bereit und in der Lage ist.
Jede andere Entscheidung wäre eine Flucht aus der politischen Verantwortung.
Jede andere Entscheidung wäre eine hochschulpolitische Bankrotterklärung der Landtagsmehrheit.
Der von uns eingebrachte Antrag will nichts anderes erreichen, als dass die z.Zt. öffentlich diskutierten Strukturentscheidungen im Bereich der Kieler Uni mit den anstehenden Haushaltsberatungen des Landtages parallelisiert werden.
Falls die Mehrheit des Landesparlaments dies nicht will, dann leistet sie aktive Beihilfe zur Demontage der Universität und verzichtet darauf, Hochschulpolitik, wie es der Landeshoch- schulplan von 1991 formulierte, als „wesentliches Element einer zukunftsgerichteten Strukturpolitik“ zu gestalten.
Würde sich der Landtag in diese Zukunftsdebatte nicht einschalten, dann überließe er einen wesentlichen landespolitischen Gestaltungsbereich einer Absprache zwischen Wissenschafts- ministerium und Rektorat, die offenbar während der anstehenden Parlaments- und Semesterferien und vor Abschluss der Haushaltsberatungen vollendete Tatsachen schaffen wollen.
Abgeordnete, die das zulassen, würden sich zu parlamentarischem Stimmvieh degradieren lassen. Ist das etwa das Selbstverständnis der beiden Regierungsfraktionen?
Heute, meine Damen und Herren, ist jedenfalls sichtbar, dass das Wissenschaftsministerium die Öffentlichkeit monatelang über die tatsächlichen Probleme der Kieler Uni getäuscht hat.
Als im November letzten Jahres von der Universität eine Finanzierungslücke im Personalbereich in Höhe von 6,7 Mio. DM genannt wurde, erklärte das Ministerium - iehe den Artikel der „Kieler Nachrichten vom 11. 11. 1999 - dies sei eine „Phantomrechnung“.
Und in den „Kieler Nachrichten“ vom 9. Februar 2000 wird Staatssekretär Stegner mit der Aussage zitiert, die Zahlen der Universität „entbehrten jeglicher Realität“.
Jetzt ist die Finanzierungslücke der Uni, die ja nach angeblich überhaupt nicht gab, die man uns und der Öffentlichkeit als „Phantom“ präsentierte, plötzlich harte Wirklichkeit: Am 3. Juli haben Ministerin Erdsiek-Rave und der Rektor der Universität eine Zielvereinbarung unterschrieben, in der diese Wirklichkeit nun plötzlich mit folgenden Worten dargestellt wird:
„Die Universität hat in den vergangenen Jahren erhebliche Kürzungen im Haushalt hinnehmen müssen, die in zahlreichen Fächern zu Personaleinsparungen geführt haben. Um die finanzielle Ausstattung des Personalhaushaltes auszugleichen und mittelfristig Spielräume für neue innovative Profile in Forschung und Lehre zu erhalten, wird die Universität bis zum 31. 10. 2000 ein neues Strukturkonzept erarbeiten. Im Rahmen dieses Strukturkonzeptes werden ca. 100 Stellen abgebaut und weitere ca. 100 Stellen für neue innovative Konzepte umgewidmet“. 3 Die F.D.P.-Fraktion wendet sich gegen den hier von Regierung und Rektorat angekündigten Abbau, nicht jedoch gegen einen mittelfristigen Umbau universitärer Bereiche, wo dies nachvollziehbar begründet werden kann. Wir sagen ja zur Hochschulentwicklung, aber nein zur Hochschuldemontage.
Wir halten es jedoch wegen der strukturpolitischen Bedeutung der mit Umstrukturierungen verbundenen Entscheidungen für unverzichtbar, dass der Landtag als Haushaltsgesetzgeber in diesen Entscheidungsprozess einbezogen wird.
Mit anderen Worten: Wir halten es für völlig untragbar, dass das Parlament der Regierung und der Universität für solche Entscheidungen eine Blankovollmacht erteilt und sich aus der Diskussion verabschiedet.
Dies gilt um so mehr angesichts der Beliebigkeit, mit der man in den letzten Wochen mal diesen, mal jenen Wissenschaftsbereich als Opfer für eine Amputation der Kieler Universität ausersehen hat.
Zuerst kursierte im März eine Sparliste mit flächendeckenden Einschnitten von der Informatik über die Theoretische Physik bis hin zu Jura und anderen Geisteswissenschaften.
Neuerdings hat man dagegen die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät als Schlachtopfer ausgesehen.
Dazu passt freilich kaum, dass gestern Herr Wirtschaftsminister Rohwer in einem sh:z-Interview beredt für eine engere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft plädiert hat.
Wenn dies wirklich die Priorität der Landesregierung sein sollte, dann zeugt es von bemerkenswerter Betriebsblindheit, mit der Agrarfakultät ausgerechnet einen Universitätsbereich zum Abschuss freizugeben, der die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft beispielhaft praktiziert, der hohe Drittmittel einwirbt und der z.B. Stiftungsgelder für eine Professur Lebensmitteltechnologie erhalten hat. Für ein Bundesland mit vielen Unternehmen in der Ernährungswirtschaft ist das ja doch nicht unwichtig!
„Eine Besonderheit der Fakultät besteht in der starken Ausstrahlung auf die Praxis“, heißt es im „Struktur- und Entwicklungsplan 1999 – 2005“ der CAU vom April 1999 (Seite 39).
Am 28. Juni hat das Wissenschaftsministerin durch dessen Staatssekretär gegen unseren vorliegenden Antrag argumentiert, man solle der Universität nicht „in den Profilbildungsprozess dreinreden“.
Würde die Landesregierung etwa genauso argumentieren, wenn etwa die Technische Fakultät zur Disposition stünde?
Soll der Landtag Haushaltsmittel für die Universität bewilligen, ganz egal, welche Verwendungszwecke Universität und Ministerium sich dazu ausdenken?
Ist es etwa keine politische Einmischung, wenn Frau Franzen als Landwirtschaftsministerin erklärt, die Uni werde „sich warm anziehen müssen“, wenn sie eine Abkehr von den Agrarwissenschaften plane (Flensburger Tageblatt, 8. Juli 2000)?
Ist es etwa kein „Dreinreden“ in Angelegenheiten der Uni, wenn Herr Stegner auf meine Frage nach der Zukunft eines anderen Faches - so nachzulesen im Protokoll des Bildungsausschusses vom 17. Juni 1999 - „die Auffassung (bekräftigt), dass in Kiel Politikwissenschaft als eigenes Fach in der erforderlichen fachlichen Breite mit mindestens zwei Disziplinen angeboten werden müsse“? 4
Solche Beispiele zeigen, was von dem von Herrn Stegner am 28. Juni vorgetragenen Einwänden gegen unseren Antrag zu halten ist.
Strukturfragen sind, da Universitäten nun einmal Geld kosten, auch Haushaltsfragen. Und deshalb gehört die Strukturdebatte über die Kieler Uni in den Kontext der Haushaltsberatungen. Genau das will unser Antrag erreichen.
Wenn die Landespolitik es will, ist die Unterfinanzierung der Kieler Uni kein unausweichliches Schicksal und die Zerschlagung wichtiger Fachgebiete durchaus vermeidbar.
Das Personalkostendefizit von rund 7 Mio. DM könnte durch Umschichtungen und Schwerpunktsetzung in einem Landesetat von mehr als 14 Mrd. DM ohne weiteres ausgeglichen werden.
Für den mittelfristigen Investitionsbedarf bei der sächlichen Ausstattung und den baulichen Investitionen an der CAU und anderen Hochschulen gibt es eine Finanzierungsmöglichkeit durch künftig zu erreichende Vergütung für die Inanspruchnahme des Haftkapitals, das das Land der Landesbank zur Verfügung stellt. Bereits zum Haushalt 2000 hatte Finanzminister Möller ursprünglich einen von 0,6% auf 1,8% erhöhten Vergütungssatz vorgesehen.
Die dadurch erreichbaren Einnahmen von 68 Mio. DM sind jedoch in der Nachschiebeliste wieder um 40 Mio. DM reduziert worden. Diese von Herrn Möller im Haushaltsentwurf 2000 selber als vertretbar, angemessen und realisierbar angesehenen 40 Millionen möchten wir künftig als „Bildungsdividende“ aus dem Landesvermögen für Investitionen in Bildung und Wissenschaft einfordern.“

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