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28.09.00 , 12:46 Uhr
SSW

SSW: Zwischenlager dürfen nur Übergangslösung sein

PRESSEINFORMATION Kiel, d. 28.09.2000 Es gilt das gesprochene Wort

TOP 6 Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente (Drs. 15/333)
Lars Harms: "Zwischenlager dürfen nur Übergangslösung sein"

Die Große Anfrage der CDU hat wieder einmal eindeutig gezeigt, welche enormen Schwierigkeiten
und Gefahren mit der Atomenergie verbunden sind. Sie dürfte auch den letzten Zweiflern die Augen
geöffnet haben, dass wir den Atomausstieg so schnell wie möglich durchführen müssen, da wir es
hier mit einer Energieform zu tun haben, die ein sehr großes und unkontrollierbares Gefahrenpoten-
tial in sich birgt.

Wir stehen vor dem Grundproblem der Entsorgung des strahlenden Abfalls. Vorfälle in den Wie-
deraufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague haben deutlich gezeigt, dass diese Standorte nicht
gerade bekannt sind für einen sorgsamen Umgang mit den Hinterlassenschaften von Atomkraftwer-
ken. Aber abgesehen davon, ist der SSW der Auffassung, dass Deutschland hier selbst in der Ver-
antwortung steht, den eigenen Müll vernünftig und sorgsam zu behandeln. Jedoch ist die Frage einer
Endlagerung von abgebrannten Brennelementen bisher nicht gelöst. Bei den Standorten der mögli-
chen Endlager Gorleben und Schacht Konrad, die sich zur Zeit in der Erkundungsphase befinden,
muss allgemein die Frage der Eignung gestellt werden. Der derzeitige Erkenntnisstand ist bisher lei-
der unzureichend. Insofern ist der festgelegte Zeitraum von mindestens 3 Jahren bis maximal 10
Jahren, zur Klärung offener Fragen über die Tauglichkeit dieser Stätten als Endlager, durchaus rich- 2

tig und vernünftig. Die notwendigen genauen Untersuchungen zu Sicherheitsaspekten dieser Stand-
orte zeigen deutlich, dass man in eine Technologie eingestiegen ist, die man auf Jahrzehnte oder gar
Jahrhunderte hinaus nicht beherrscht. Meines Erachtens war es ein unverantwortlicher Weg, der
seinerzeit mit der Atomenergie eingeschlagen wurde. Wir haben es hier mit politischen Altlasten
der 60‘er und 70‘er Jahre zu tun, die die heutigen und die nachfolgenden Generationen ausbaden
müssen.

Daher ist jetzt Handeln gefragt. Wir stehen vor dem Dilemma, dass die Wiederaufbereitung proble-
matisch ist und die Endlagerung nicht gesichert ist. Was bleibt, ist derzeit nur die Möglichkeit der
Zwischenlagerung. Und es stellt sich hier meines Erachtens nicht die Frage ob?, sondern, wie?

In dieser Frage herrscht eigentlich auch allgemeiner Konsens. Nämlich eine Zwischenlagerung an
den AKW-Standorten. Hier kommen jedoch die nächsten Fragen auf uns zu, wie lange soll zwi-
schengelagert werden? und an welchen Standorten?

Grundsätzlich sollten meiner Meinung nach alle Standorte die Möglichkeit aufweisen können, ihren
verstrahlten Abfall zu lagern, nur so würden wir auch die gefährlichen Atomtransporte verhindern
können. Die von der Landesregierung vorgeschlagene Lösung, Lagereinrichtungen in den verschie-
denen Meilern zu schaffen, die Kapazitäten für die nächsten maximal 40 Jahre vorhalten, scheinen
meines Erachtens vernünftig, da heute davon ausgegangen wird, dass in 30 Jahren die Endlagerka-
pazitäten für den Atommüll geschaffen sein werden. Dann folgt die Einlagerung der aktuellen
Müllmengen und des in der Vergangenheit angefallenen Atommülls. Das erklärte Ziel muss von
vornherein, die Auflösung der Zwischenlager und dann die Endlagerung sein. Zwischenlager stellen
nur eine Übergangslösung dar.

Die Anträge für jetzige Zwischenlager belaufen sich jedoch auf 50 – 70 Jahre. Das lässt den Ver-
dacht aufkommen, sich nur Luft für einen zweiten, späteren Atomkonsens unter einer neuen Regie-
rung verschaffen zu wollen. Die Planungen müssen aber genau sein und auf die Laufzeit der 3

schleswig-holsteinischen Kernkraftwerke abgestimmt sein. Da wir heute jedoch nicht genau ab-
schätzen können, inwieweit sich die technischen Möglichkeiten entwickeln, ist hier höchstens ein
kleiner Spielraum für etwaige Nachverhandlungen notwendig. Eines muss klar sein, am Ende darf
es keine Alternative zum Atomausstieg geben. Ansonsten darf man nicht erwarten, dass in andere
Energieträger investiert wird und andere Energieformen erforscht werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der für den Vorrang von Zwischenlagern an den Standorten spricht,
sind die Castortransporte. Es gilt künftig die Castortransporte zu verhindern, da hierfür nicht nur ein
unverhältnismäßig hoher Aufwand betrieben wird, sondern besonders wegen dem unverhältnismä-
ßig hohen Gefährdungspotential beim Transport.

So warnt auch die Gewerkschaft der Polizei vor einer überstürzten Wiederaufnahme der Atommüll-
transporte ins Ausland und macht darauf aufmerksam, dass die Polizei mindestens sechs Monate
Vorbereitungszeit benötigt, um die Maßnahmen zur Begleitung der Transporte durchzuführen. Es
wird weiter darauf hingewiesen, dass für neue Auslandstransporte etwa 30.000 Polizeibeamte abge-
stellt werden müssten. Dies sind Fakten, die wir nicht einfach übergehen dürfen. Die durch solche
Grosseinsätze entstehenden Kosten bleiben darüber hinaus bei der öffentlichen Hand und nicht, wie
bei den Zwischenlagern, beim Betreiber. Aber letztendlich will der SSW vor allem das Gefähr-
dungspotential solcher Atomtransporte ausschließen. Es gibt also genug Gründe, die eine Zwi-
schenlagerung als das kleinere Übel erscheinen lassen.



Die Zwischenlagerung der Brennelemente stellt wahrscheinlich keine größere Gefahr als die Kern-
kraftwerke selber dar und wir wissen, dass das notwendige Know-how zur Zwischenlagerung bei
den Kernkraftwerken vorhanden ist. Das alleinige Argument für nur ein Lager wäre, dass eine höhe-
re Sicherheit durch ein größeres Lager gegeben wäre, beispielsweise weil für mehrere Lager nicht
genug adäquates Personal mit entsprechender Ausbildung vorhanden ist. Außerdem nimmt Krüm- 4

mel eine Sonderstellung ein, weil es heute schon ein Lager für atomaren Abfall in Geesthacht gibt,
der ja nicht mit dem Standort Krümmel identisch ist.

In Bezug auf die Veröffentlichung von Daten der Castortransporte hat der SSW eine andere Mei-
nung als die Landesregierung. Die Tatsache, dass ein - wie in der Antwort auf die Große Anfrage
formuliert: „exorbitant hohes Gefährdungspotential“ besteht, macht es notwendig, die Menschen
vor Ort über solche Transporte zu informieren. Es muss zwar für Sicherheit gesorgt werden, aber
die Menschen haben auch einen Anspruch auf Information. Daher ist die beste Lösung immer noch,
die Anzahl der Transporte zu minimieren oder diese zumindest Zeitweise ganz auszuschließen.



Die Große Anfrage macht überdeutlich, dass die Gefahren der Kernenergie unverhältnismäßig hoch
sind im Vergleich zu ihrem Nutzen. Deshalb muss ein schneller Ausstieg für Schleswig-Holstein o-
berste Priorität haben. Doch solange wir die Kernkraftwerke mit samt ihrem verstrahlten Abfall
noch haben, sieht der SSW die Notwendigkeit von Zwischenlagern. Dies dürfen jedoch nur Über-
gangslösungen sein. Daher gilt es, die Möglichkeiten zu nutzen und die Castortransporte auf das
unbedingte Minimum zu beschränken und hier fordern wir weiterhin, dass die Bevölkerung davon
in Kenntnis gesetzt wird, wenn schon weiterhin solche Güter durchs Land rollen.

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