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21.02.01 , 10:21 Uhr
SPD

Hermann Benker zu TOP 4 + 9: Bundeswehrstrukturreform

Sozialdemokratischer Informationsbrief


Landtag Kiel, 21.02.2001
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Hermann Benker zu TOP 4 und 9:

Bundeswehrstrukturreform und Bericht über den Abbau öffentlicher Arbeitsplätze

„Wir sind noch einmal davongekommen“ - so könnte man als Überschrift in das Ressortkonzept für die Gesamtbetrachtung Schleswig-Holsteins schreiben. Das ist ehrlich betrachtet auch tatsächlich so. Aber die Auswirkungen in den einzelnen Standor- ten sind immer ein Einbruch vor Ort, das mag man wenden wie man will.


Deshalb haben wir neben dem Berichtsantrag zu dem heutigen Thema parallel einen Antrag zu einem Konversionsprogramm des Bundes eingebracht, damit dieser Einbruch in den Kommu- nen gemildert werden kann. Wir halten es für erforderlich, dass nicht nur betriebswirtschaftliche Lösungen zu Gunsten des Bun- desverteidigungshaushaltes angewendet werden, sondern dass über das Ressort hinaus volkswirtschaftliche Überlegungen zu einer Konversionspflicht durch den Bund führen müssen.



Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Die vorliegende Reform, die eine notwendige Anpassung der Bundeswehr in ihrer Struktur an geänderte Aufgaben beinhaltet, wird grundsätzlich begrüßt. Als wir uns Anfang der neunziger Jahre zum ersten Mal in diesem Haus mit der Bundeswehrstruk- tur beschäftigt haben, gab es einen Antrag der Abgeordneten Volquartz zum Bundeswehrstandort Kiel. Diesen Antrag haben wir dann zu einem gemeinsamen Antrag formuliert und 1995 zu einer Gesamtresolution weiterentwickelt. Im wesentlichen kön- nen die Positionen von damals auch heute noch mitgetragen werden:


Ziel einer gesamteuropäischen Friedensordnung, Beteiligungs- verfahren (wie sie die Landesregierung praktiziert), geordnete Liegenschaftsüberführung und –nutzung, Altlastenbeseitigung und konkrete Einzelforderungen zu bestimmten Standorten.


Vor dem Hintergrund der Kooperationsbereitschaft, die wir als Land Schleswig-Holstein sowohl damals wie auch in der heuti- gen Stellungnahme der Regierung gegenüber dem Bundesver- teidigungsministerium gezeigt haben, ärgern mich ein paar Punk- te an dem Verfahren.


Ich habe den Verteidigungsminister hier nicht zu verteidigen, auch wenn er meiner Partei angehört, sondern ich habe als Schleswig-Holsteiner Kritik zu üben an der Art und Weise, wie der Verteidigungsminister mit den Stellungnahmen des Landes Schleswig-Holstein, mit den Stellungnahmen der Kreise und Kommunen umgegangen ist, dass er praktisch über Nacht die endgültige Entscheidung quasi abgehakt hat. Dazu gehört schon -3-



eine gewisse Kaltschnäuzigkeit. Nun wäre uns nicht gedient mit langen hinhaltenden Verzögerungsgefechten, aber die Beteili- gung war von ihm selbst eingefordert worden, und die Landesre- gierung hat sie konsequent umgesetzt. Wenn Scharping dann in seiner Antwort sagt, er hätte nichts wesentliches verändern kön- nen, sonst hätte er sich ja den Vorwurf machen lassen müssen, das Konzept nicht richtig durchdacht zu haben, dann hätte man Länder und Kommunen nicht befragen brauchen, sondern die Entscheidung per Verordnung erlassen können. Aber über fast zwei Jahre einen Entscheidungsprozess zu entwickeln und dann über Nacht zu entscheiden, das ist schon ein starkes Stück.


Und trotzdem müssen wir anerkennen, dass wir im Vergleich zu den anderen Bundesländern und im Vergleich zu dem Truppen- abbau unter Rühe 1995 heute besser weggekommen sind als befürchtet.


• Die Bundeswehr bleibt in der Fläche weitgehend erhalten, auch wenn einige Standorte geschlossen werden müssen.


• Die Unterstützung des Landes in Katastrophenfällen durch die Bundeswehr ist garantiert.


• Die Ausführungsplanungen insbesondere bei den Standort- verwaltungen lassen noch Modifizierungen zu Gunsten struk- turschwächerer Gemeinden zu. -4-



Der Verteidigungsminister irrt, wenn er glaubt, seinen strukturpo- litischen Beitrag bereits geleistet zu haben, weil er 60 unwirt- schaftliche Standorte erhalten wird. Dem ist nicht so. Es geht hier auch nicht um eine Maßnahme des Verteidigungsministeri- ums allein, sondern hier geht es darum, dass der Bund in seiner Funktion als Eigentümer dieser Grundstücke eine Verantwortung für die Vergangenheit und die Fortentwicklung seiner Grundstü- cke hat. Es bedeutet: Die Altlastensanierung ist eindeutig eine Aufgabe des Verteidigungsministeriums, und das zügige und un- komplizierte zur-Verfügung-stellen von Grundstücken für die Gemeinden ist ebenfalls eine Sache, die ausschließlich dem Ei- gentümer obliegt.


Unabhängig von dieser Aufgabe des Bundesverteidigungsminis- teriums müsste es aber hinsichtlich der Auswirkungen und der Kompensationsmaßnahmen in einer interministeriellen Arbeits- gruppe zu einem Konversionsprogramm des Bundes kommen.


Lassen Sie mich konkret 8 Punkte der Forderungen an dieses Programm darstellen:


1. Die Bereitstellung von Mitteln für Investitionen, die zu einem Ausgleich von Arbeitsplatzverlusten in besonders betroffenen Standorten und Regionen beitragen. Und das können in den aufgegebenen Standorten nicht immer nur touristische Pro- jekte sein und nicht nur finanzielle Mittel, sondern dazu ge- hört auch ein Projektmanagement.
2. Die eingesetzten Mittel und Maßnahmen müssen kompatibel sein mit EU-Förderprogrammen. Das ist schon allein deshalb -5-



wichtig, weil wir nur so mit der einen oder anderen Ergänzung durch Kombination mit Landesmaßnahmen Schwerpunkte bilden können.
3. Entscheidend ist die zügige und vereinfachte Übergabe der nicht mehr benötigten Liegenschaften, und zwar ohne dass die Kommunen immer erst groß mit Veränderungssperre dro- hen oder arbeiten müssen und in Verhandlungen mit der O- berfinanzdirektion nicht zu Potte kommen können, weil über- zogene Preisforderungen existieren.
4. Die Sanierungskosten müssen entweder vertraglich abbe- dungen werden oder vorab geleistet werden. Dabei ist die Sanierung manchmal abhängig von der Art der Anschluss- nutzungen.
5. Manchmal kann es auch nur erforderlich sein, die Anlagen zurückzubauen, weil eine andere Nutzung überhaupt nicht möglich ist, dann gehört auch dieser Rückbau zu den Pflich- ten des Eigentümers.
6. Das rechtzeitige zur-Verfügung-stellen der Liegenschaften, damit die Gemeinden mit dem Grundstück auch umgehen, planen, es anbieten können, und zwar völlig unabhängig da- von, ob bereits eine Einigung über den Wert und die Nut- zungsart zwischen Bund und Gemeinde existieren. (Die Trennung von Enteignung und Entschädigungsverfahren ist hier ein gutes Beispiel)
7. Wenn die Kommunen sich verpflichten, eine besondere Nut- zung über eine lange Zeit in dem Bereich sicherzustellen, da- zu kann z. B. auch ein Naturerlebnisraum gehören, dann muss dies honoriert werden und kann nicht zum Marktwert an die Kommune weiter gegeben werden. -6-



8. Es kann auch notwendig werden, dass Betriebe, die beson- ders betroffen sind, durch Konversionsmaßnahmen unter- stützt werden müssen. Da dies hier eine einzelbetriebliche Forderung ist, bleibt zu prüfen, inwieweit dies im Rahmen von EU-Programmen notwendig und möglich sein wird.


Eine Maßnahme, die wir auch in unserer Forderung haben, ist allerdings schon im Ressortkonzept aufgenommen. Es ist der Grundsatz, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen darf und dass eine sozialverträgliche Umsetzung aller Entscheidungen und Maßnahmen erfolgt, und zwar sowohl für Soldaten als auch für zivile Mitarbeiter.


Es versteht sich von selbst, dass das Land, ähnlich wie damals für 10 Konversionsschwerpunkte, das waren Standorte, die durch das Wirtschaftsministerium nach bestimmten Kriterien festgelegt worden sind, dass auch unter Landesgesichtspunkten ein Konversionsprogramm in der Zusammenbindung der Maß- nahmengruppen unter den Programmen ZieL, ZaL und Arbeit für Schleswig-Holstein erfolgt, aber ich halte es für falsch, dies jetzt in die zu verabschiedende Resolution einzubinden. Jetzt muss es darum gehen, in Richtung Berlin unsere Forderungen anzu- melden. Dort liegt eine Mitverantwortung. Wir wollen nicht nur, dass die Auswirkungen so gering wie möglich gehalten werden, sondern dass darüber hinaus auch Chancen für eine Weiterent- wicklung in früheren Garnisonsstädten möglich werden. In die- sem Sinne bitte ich um Zustimmung zur Resolution.

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