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22.02.01 , 17:47 Uhr
SPD

Friedrich-Carl Wodarz zu TOP 16: Soforthilfeprogramm für die Land- und Ernährungswirtschaft

Sozialdemokratischer Informationsbrief


Landtag Kiel, 22.02.2001
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Friedrich-Carl Wodarz zu TOP 16:

Soforthilfeprogramm für die Land- und Ernährungswirtschaft


Vier Anträge beschäftigen diese Landtagssitzung zum Thema BSE, sechs Anträge lie- gen noch in den Ausschüssen zur Beratung. Ich habe das Gefühl, insbesondere die Opposition glaubt, mit der Häufigkeit von Anträgen und Anfragen das verloren gegan- gene Vertrauen der Verbraucher wieder gewinnen zu können. Der Kollege Wadephul schafft es dann sogar, noch in verteidigungspolitischen Fragen auf BSE zu kommen. So wie ich bislang stets vor einer übertriebenen Hysterie gewarnt habe, so warne ich vor blindem Aktionismus.

Ich wiederhole mich, wenn ich sage, BSE stellt nicht alleine die bisherige Land- und Ernährungswirtschaft in Frage, BSE stellt sehr nachhaltig unsere Lebens- und Essge- wohnheiten in Frage und die Art und Weise, wie wir mit unserer Landschaft und unse- ren Nutztieren umgehen. Das aktuelle Schadensbegrenzungsprogramm läuft längst an. EU, Bundes- und Lan- desregierungen haben Sofortmaßnahmen ergriffen. Das muss der Opposition in die- sem Hause entgangen sein. Die Halbwertszeit der Anträge in den Ausschüssen ist meist längst abgelaufen. Ist Ihnen entgangen, dass in unserem Lande gegen die Auf- kaufaktion älterer Rinder, die Sie in Ihren Anträgen fordern, mittlerweile geklagt wer- den soll und man längst nicht mehr diskutiert, ob geschlachtet werden soll, sondern
Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



wie man das Fleisch verwertet bzw. ob man es vernichtet? Die Aufkaufaktionen wird für Betriebe in Schleswig-Holstein zu einem Gesamterlös von 40 Mio. DM führen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle anmerken, dass ich die Aufkaufaktion für notwendig erachte, dass ich aber auch erhebliche Bedenken gegen eine undifferenzierte Vernich- tung getesteten Rindfleisches habe. Ich bin allerdings auch gegen eine Zerstörung der Märkte in Entwicklungsländern, und man muss bedenken, ob ein derartiger Fleisch- konsum zu den Ernährungsgewohnheiten des betreffenden Volkes gehört.

All das zeigt, dass im Landwirtschaftsministerium schnelle und gute Arbeit geleistet wird. Neben all den BSE-Kriseninstrumenten müssen wir uns aber auch finanzielle Spielräume für eine dauerhafte Neuausrichtung der Landwirtschaft in Schleswig- Holstein erhalten. Eine faire Kostenaufteilung aller im Zusammenhang mit BSE entste- henden Kosten zwischen EU, Bund, Land, der Landwirtschaft und den Verbrauchern ist dafür notwendig. Die CDU macht es sich zu einfach, wenn das Land für alle Kosten gerade stehen soll.

Ganz in der Tradition der bisherigen Weiter-So-Anträge steht der heutige CDU-Antrag; hektisch geschrieben und unausgegoren. Ganz nach dem Motto: Viele Anträge helfen viel. Und anstatt sich endlich einmal zu einer grundsätzlichen Aussage durchzuringen, wie Sie sich denn nun die Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft und den Schutz der Verbraucher vorstellen, fordern Sie munter weitere Steuergelder ein. Insbesondere die CDU, aber auch Frau Happach-Kasan, (da möchte ich die F.D.P. nicht in Gesamthaftung nehmen), sind so sehr in ihren alten Vorstellungen von Land- wirtschaft verwurzelt, dass sie offensichtlich gar nicht merken, dass sich auch bei den Landwirten ein Bewusstseinswandel vollzogen hat. In der Tat haben die Lauten, meist Funktionäre mit CDU-Parteibuch, auf Kundgebungen und Demonstrationen das Sagen und predigen die Rezepte von gestern. Doch selbst auf solchen Veranstaltungen trifft man zunehmend Landwirte, die sich fragen, ob denn in der Vergangenheit alles so richtig gelaufen sei. -3-



Dazu muss man nicht gleich konvertieren und Ökobauer werden, wenngleich die Öko- verbände nicht nur vermehrt Beratungsanfragen, sondern auch einen Antragsschub zu verzeichnen haben. Dennoch: Zur Ökologisierung der Landwirtschaft brauchen wir alle 98 % der Betriebe, die nicht sofort von konventioneller auf ökologische Wirtschaftsform umstellen können.

Bei einem Besuch mit Ministerin Franzen auf einem konventionellen Bauernhof, der sich einer strikt artgerechten Tierhaltung verschrieben hat und dem Verband „Neuland“ angehört, konnten wir erfahren, dass allein bei diesem Verband jede Woche mindes- tens 6 Anfragen nach Umstellungsberatung eingehen. Dieser Verband würde z. Z. gern mehr Rindfleisch vermarkten. Die Landwirte können nicht so schnell liefern. Hier zeigt doch der Verbraucher, wem er vertraut.

Herr Kayenburg hat im Landtag richtig gesagt: „Ein weiter so kann es auch für die CDU nicht geben.“ Recht hat er. Nur, Herr Kayenburg, lesen Sie die Anträge Ihrer Fraktionskollegen nicht vorher? Wo ist denn der Neuanfang? Wo zeigt die CDU Per- spektiven auf?

Die SPD hat das getan. Wir haben ein umfangreiches Papier zur Diskussion vorgelegt. Kommentar von Herrn Jensen-Nissen: „Die SPD hat kein Konzept“. Und damit waren Sie durch mit dem Thema. Das ist keine Politik. Das ist blanke Orien- tierungslosigkeit. Geradezu lächerlich wird es dann, wenn die Kollegen Tengler und Ehlers gestern morgen in der Presse fordern, wir sollten doch endlich unser Programm umsetzen, und sich beklagen, dass zu wenig Umweltprogramme aufgelegt werden. Dieselben Politiker, die die rot-grüne Umweltpolitik den Landwirten als Untergangs- szenario beschreiben.

Meine Damen und Herren von der CDU, seien Sie unbesorgt, wir werden unsere Eck- punkte in Politik umsetzen, allerdings mit den betroffenen Menschen. Der Dialog dazu hat begonnen, auf allen Ebenen. Wenn die Opposition es ernst meint, würden wir sie in diesem Prozess recht herzlich begrüßen. -4-



Und was liegt uns heute an Perspektiven seitens der CDU vor? Da wird munter ein 30 Mio.-DM-Soforthilfeprogramm gefordert, ohne zu sagen, woher denn das viele Geld kommen soll. Sie machen sich nicht einmal die Mühe aufzuzei- gen, wie dieses Geld sinnvoll eingesetzt werden soll.

Weiter geht es mit der Forderung nach Übernahme sämtlicher Untersuchungskosten am Schlachtkörper und Kadaver. Wir sind da ehrlicher: Diese Kosten müssen durch kostendeckende Gebühren aufgebracht werden. Die Entsorgung der gesperrten Futtermittel wurde sogar im Vorgriff auf die Bundesre- gelung schnell und unkonventionell durchgeführt. Hier zeigt sich einmal mehr die be- reits erwähnte Halbwertszeit der CDU-Anträge. Gleiches gilt für die schnelle Auszahlung der Rindersonderprämie. Die Behörden han- deln hier schnell: Alles erledigt.

Ein aktuelles Problem sind in der Tat die Entsorgungskosten für verworfene Schlacht- chargen. Wenngleich wir hier eine Haftung des Landes ablehnen, so kann die jetzige Praxis nicht das letzte Wort sein. Ich halte es weder für gerecht, dass die Schlachthöfe z. Z. das Risiko durch privatrechtliche Verträge auf die Landwirte abwälzen, noch dass das Risiko alleine bei den Schlachthöfen bleiben soll. Der Vorschlag, die Schlachthöfe mögen sich gegen das Risiko versichern, kann nicht die endgültige Lösung sein. Hier muss ein Prozedere gefunden werden, notfalls durch andere Schlachtungsabläufe o- der Chargenbildung, auf jeden Fall ein Verfahren, das das finanzielle Risiko des Un- ternehmers minimiert oder ausschaltet.

Die Aussetzung der Superabgabe für einen begrenzten Zeitraum wird bereits von Frau Franzen verfolgt, und ich könnte mich für eine Übergangszeit damit einverstanden er- klären, doch sollte in diesem Zusammenhang ganz klar gesagt werden: Wir wollen weg von unsinnigen Anreizen zur Massenproduktion.

Die Entschädigungskosten für BSE-betroffene Betriebe werden über den Tierseuchen- fonds abgewickelt, das Land ist aber mit jeweils 50 % dabei. Warum verschweigen die -5-



CDU-Funktionäre eigentlich immer so beharrlich, dass hier auch Steuergelder einge- setzt werden?

Ein Problem, das im CDU-Antrag gar nicht angesprochen wird, ist die Möglichkeit zum kurzfristigen Verleasen von Milchquoten für Betriebe, die von BSE betroffen sind. Ich konnte diese Problematik in Stormarn bei einem Betrieb studieren und freue mich, dass hier schnell eine Lösung angestrebt wird.

In einem Gespräch mit dem Bauerverbandsvertreter aus den Kreisen Flensburg und Schleswig-Flensburg wurde gefordert, eine Steuerstundung zu ermöglichen, um die Liquidität der in Not geratenen Betriebe nicht zu gefährden.

Kollege Jensen-Nissen, ich habe mich erkundigt, im konkreten Einzelfall sind die Fi- nanzämter gehalten, in diesem Sinne behilflich zu sein. Damit komme ich zu dem F.D.P.-Antrag, der ja wesentlich zurückhaltender und realistischer auf Grund objektiver Gelegenheiten, aber nicht zustimmungsfähig ist. Frau Happach-Kasan, wir haben uns erkundigt und müssen feststellen, dass die Gewährung zinsloser Kredite und Bürg- schaften von der EU nicht genehmigt wird. (Ministerin wird das wohl genauer ausfüh- ren). Zur Steuerfrage habe ich mich geäußert. Bei Punkt 4 ist die Landesregierung der falsche Partner. Ich hoffe aber soch, dass der Bauernverband mit der Kreditwirtschaft entsprechende Verhandlungen führt.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion ist mit heißer Na- del geschrieben, lässt jede konzeptionelle Vorstellung vermissen und taugt nicht ein- mal, um aktuelle Symptome zu heilen. Wir werden ihn deshalb ablehnen und bitten um Abstimmung in der Sache.

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