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Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten zieht Bilanz
29/2001 Kiel, 07. März 2001Ein notwendiges Amt Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten zieht BilanzKiel (SHL) – Sechs Jahre lang hat Sigrid Warnicke im Sinne einer Versöhnung von Bürger und staatlichem Handeln gewirkt. Jetzt legt sie ihren sechsten und zugleich letzten Rechenschaftsbericht als Bürgerbeauftragte vor. 2462 Mal ha- ben sich im Jahr 2000 Bürgerinnen und Bürger aus Schleswig-Holstein an sie gewandt. Damit nahm die Zahl der Eingaben gegenüber 1999 wie schon in den Vorjahren wiederum zu. In den sechs Jahren der Amtszeit suchten fast 13.000 Bürgerinnen und Bürger bei ihr Unterstützung. Die Zahl der Eingaben pro Jahr stieg in diesem Zeitraum von 1718 auf 2462. In ca. 9.000 Fällen erfolgte die Kontaktaufnahme telefonisch, 1.300 Bürger trugen ihr Anliegen persönlich vor. In mehr als drei Viertel der Eingaben konnte die Bürgerbeauftragte durch Ab- änderung der Verwaltungsentscheidung oder durch Auskunft und Beratung hel- fen. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll die Notwendigkeit dieses Amtes.Aus der täglichen Arbeit der Dienststelle der Bürgerbeauftragten ergaben sich Anregungen und Forderungen an Gesetzgeber oder an Ministerien, die jedes Jahr dem Parlament im Jahresbericht unterbreitet wurden. Nicht immer wurde den Anregungen und Hinweisen gefolgt. Rückblickend ist jedoch positiv zu ver- merken, dass es einige Veränderungen gegeben hat:• Seit 1995 forderte die Bürgerbeauftragte Änderungen beim Bundeserzie- hungsgeldgesetz - hier die Härtefallregelung bei Einkommensminderung. Zum 01.01.2001 traten Änderungen dieses Gesetzes in Kraft. 2• Besonders freut es die Bürgerbeauftragte, dass auf ihre Anregung hin eine Sonderregelung für Behinderte, die das Merkzeichen „aG“ knapp verfehlt ha- ben, getroffen wurde. Die für Schleswig-Holstein geltende Sonderregelung wird nach anfänglichen Schwierigkeiten von den Betroffenen gut angenom- men und von den Ministerien und nachgeordneten Behörden unterstützt.• Durch einen Bürger wurde die Forderung, das Pflegegeld nach dem SGB XI für blinde Kinder nicht zu 50 % auf das Landesblindengeld anzurechnen, wenn Schwerstpflegebedürftigkeit vorliegt, zum Gegenstand einer Klage gemacht. Aufgrund des Gerichtsurteils, das ihre Auffassung bestätigte, traf das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales sofort eine entspre- chende Regelung durch Erlass.• Fehlbelegungsabgabe: Zusammen mit dem Eingabenausschuss setzte sie sich für eine Änderung, und zwar für eine Entschärfung der „Vermuterregelung“, ein. Das Gesetz wurde entsprechend geändert.• Auf ihre Anregung hin wurde bei der Novellierung der Vollzugs- und Vollstre- ckungskostenordnung durch den Innenminister eine Härtefallregelung einge- führt.• Im Zusammenhang mit dem vom Land geförderten „betreuten Wohnen“ gab es immer wieder Ärger mit der vorgeschriebenen Koppelung von Miet- und Betreuungsvertrag und der Bindung an ein bestimmtes Betreuungsunter- nehmen. Die Förderrichtlinien wurden inzwischen für neue Baumaßnahmen verändert.Einigen der Hinweise und Forderungen wurde nicht gefolgt:• Die wiederholte Bitte zur Änderung des Landesschulgesetzes, die Kosten- übernahme für die Betreuung behinderter Schülerinnen und Schüler durch die Schule oder den Schulträger zu regeln, wurde bisher durch das Parlament nicht weiter verfolgt. In vielen Fällen müssen diese Kosten letztendlich von den Sozialämtern nach vielen Streitigkeiten und nervenzerrüttenden Verfah- ren mit den Eltern betroffener behinderter Kinder übernommen werden. Der ständige und mit erheblichen Verwaltungskosten einhergehende Zuständigkeitsstreit ist für Eltern und Kinder nicht zumutbar und kostet dazu noch unnötigerweise viel Geld. Eine Änderung des Schulge- setzes, mit der ein Rechtsanspruch auf Leistungen zur Inte-gration begründet 3 wird und durch den die Betroffenen nicht länger in die Sozialhilfe gedrängt werden, ist überfällig.• Nach wie vor haben Behinderte - insbesondere Mobilitätsbehinderte - Schwierigkeiten, bei der Beschaffung von geeignetem Wohnraum wegen ih- res zu hohen Einkommens einen Wohnberechtigungsschein zu erhalten. Die Freibetragsregelung für Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung unter 100, die nicht gleichzeitig pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversiche- rungsgesetzes sind, wurde abgeschafft. Hier trat für den betroffenen Perso- nenkreis eine Verschlechterung ein.• Eigenes Antragsrecht für beihilfeberechtigte Angehörige von Beamten: Hier teilte das Finanzministerium mit, dass eine Ausweitung der Antragsberech- tigung auch für beihilfeberechtigte Angehörige von Beamten nicht zu erwar- ten sei. Es wird auf die Möglichkeit der einzelfallbezogenen gerichtlichen Auseinandersetzung mit den Unterhaltsverpflichteten hingewiesen.Die an die Bürgerbeauftragte herangetragenen Beschwerden sind zwar Ein- zelfälle, deren Mehrung zeigt allerdings oft allgemeine Tendenzen auf, zum Bei- spiel bei Leistungsverweigerungen.Sigrid Warnicke: „Obwohl es Aufgabe der Sozialhilfe ist, dort zu helfen, wo andere Sicherungs- systeme nicht greifen, fällt mir auf, dass häufiger als zu früherer Zeit Hilfe ver- sagt wird, obwohl die Betroffenen mittellos sind. Der allgemeine Sparzwang hat sich während meiner gesamten Amtszeit zunehmend leistungshemmend und - mindernd ausgewirkt. Er sollte jedoch nicht zum Abbau von Bürgerrechten und Menschenwürde führen.“Hinweis für die Presse: Der Bericht der Bürgerbeauftragten kann unter der Telefonnum- mer: 988-1163 angefordert oder in der Karoline Zimmer 220 A abgeholt werden.