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Lothar Hay zu TOP 2, 28, 30: Regierungserklärung zur Situation nach BSE
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 22.03.01,Lothar Hay Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktionzu TOP 2: Regierungserklärung zur Situation nach BSEzu TOP 28: Lebensmittel- und Futtermittelkontrollenzu TOP 30: Vorsorgemaßnahmen zur Verminderung weiterer BSE-ErkrankungenSperrfrist: Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Die BSE-Krise hat die Bevölkerung in Deutschland verunsichert und wachgerüttelt. Die Märkte in der Land- und Ernährungswirtschaft sind eingebrochen, viele Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen sind stark gefährdet. Wir haben daher mehr als genug An- lass, über unser Verhältnis zur landwirtschaftlichen Produktion nachzudenken und nach Kräften umzusteuern. Geld mehr für ein Umsteuern in der Agrarpolitik vorhanden Wir sind mitten in einem langfristigen Prozess zur Neuorientierung in der Landwirt- schaft. Dabei sind nahezu alle Bürgerinnen und Bürger – zumindest als Verbrauche- rinnen und Verbraucher – beteiligt. Wie sonst ließe sich erklären, dass schon seit Wo- chen nahezu alle Medien auf den Titelseiten und in den ersten Meldungen über BSE, MKS und Agrarpolitik berichten. Ich will mich nicht in die überzogene Medienschelte des Bauernverbandes einreihen, aber bitte herzlich die Medienvertreter vor allem um schonenden Umgang mit den von Seuchen betroffenen Höfen. Von Pressevertretern umzingelte Höfe schon bei Verdachtsfällen sollten der Vergangenheit angehören. Die existenzbedrohende Situation auf den Höfen darf nicht noch durch die Berichterstat- tung verschärft werden.An dieser Stelle möchte ich mich klar für eine zukunftsfähige Landwirtschaft in Schleswig-Holstein aussprechen. Wir müssen durch verstärkte Kontrollen in allen Be- reichen die Landwirtschaft sicherer machen und dem Verbraucher die Sicherheit ge- sunder Lebensmittel aus Schleswig-Holstein gewährleisten. Wir brauchen existierende und existenzsichere Betriebe als Partner für eine Neuorientierung der gesamten Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. Der Verbraucherschutz ist hierbei oberste Ma- xime. Lebensmittel aus Schleswig-Holstein müssen Garant sein für gesunde Ernäh- rung.Der Landesregierung ist für das Krisenmanagement zu BSE ein Lob auszusprechen. Aus dem Stand ist eine Hot-Line für besorgte Bürgerinnen und Bürger eingerichtet worden. Den von BSE-betroffenen Betrieben ist schnell mit direkten Ansprechpartnern im MLR geholfen worden. Als erstes Bundesland hat Schleswig-Holstein bereits früh zu Beginn der BSE-Folgendiskussion konkrete Haushaltsmittel in Höhe von jährlich 17 -3-Millionen Mark in der Gemeinschaftsaufgabe eingestellt. Dies sollte die CDU zur Kenntnis nehmen und nicht gebetsmühlenartig die Forderung nach einem 30 Millionen Programm wiederholen.Auch durch die heute präsentierte Schwachstellenanalyse zu Handlungsdefiziten vor und infolge der BSE-Krise leistet die Landesregierung Pionierarbeit und stellt sich als erste Landesregierung den Anforderungen an eine moderne Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik: Bei uns in Schleswig-Holstein wird nicht lange geredet und viel versprochen, sondern gehandelt.Wir müssen uns angesichts der bestehenden und auf uns zuwachsenden finanziellen Anforderungen ein realistisches Bild von den zur Verfügung stehenden Mitteln im Ag- rarbereich und für die ländlichen Räume insgesamt machen. Auch den begehrlichen Blicken seitens unseres Koalitionspartners muss deutlich entgegnet werden: Eine ein- genommene Mark kann nur einmal ausgegeben werden.Auf der Gemeinschaftsaufgabe und den Programmen ZAL und Ziel lasten wichtige Aufgaben. Der Küstenschutz muss angesichts des in der Beratung befindlichen neuen Generalplanes Küstenschutz mit Priorität finanziert werden. Aus den fast überall in Schleswig-Holstein laufenden LSE wachsen viele Leitprojekte mit Schubwirkung für die ländlichen Räume, die nur bis 2006 finanziert werden können. Wir werden viele Konversionsprojekte fördern müssen, um die Standorte nicht wirtschaftlich ausbluten zu lassen. Wir alle haben in den vergangenen Jahren gelernt, welche Potentiale an wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Entwicklung in unseren ländlichen Räumen vorhanden sind. Daran haben wir unsere Politik für die Entwicklung der ländlichen Räume angepasst. Es wäre mehr als kurzsichtig, wenn wir unsere Politik für die ländli- chen Räume unter dem Eindruck der aktuellen Probleme zu einer reinen Agrarförde- rung zurückentwickeln würden.Das alles soll nicht bedeuten, dass wir nichts tun werden. Ganz im Gegenteil: Die ge- samtgesellschaftliche Diskussion über die Zukunft der Agrarpolitik öffnet uns Chancen -4-umzusteuern, die wir angehen werden. Aber nicht alles muss gleich mit öffentlichen Geldern bewirkt werden und nicht alles geht sofort. Den Umbruch im Verbraucherver- halten mit einer Nachfrage nach ökologischen Produkten, die zur Zeit gar nicht voll bedient werden kann zeigt ein wirkungsvolles Mittel: Die veränderte Verbrauchernach- frage mit ihrer großen Marktmacht. Dies müssen wir aufgreifen und den Bürgerinnen und Bürgern durch eindeutige Zeichen auf den Lebensmitteln und wirkungsvolle staat- liche Kontrollen mit einer gläsernen landwirtschaftlichen Produktion vom Stall bis zur Ladentheke untermauern.Die Landesregierung ist aufgefordert und hat dies zugesagt, die staatlichen Kontrollen zu verstärken und effektiver zu erledigen. Dabei setzen wir auf die Selbstverantwor- tung und Selbstkontrollen der Land- und Ernährungswirtschaft. Hierfür werden Stan- dards in „Qualitätstoren“ definiert, die in den verschiedenen Produktionsstufen durch- laufen werden müssen. Dies ist zukunftsgerichtet und entspricht unserem Verständnis eines modernen Staats- und Gesellschaftswesens.Wir müssen aber auch berücksichtigen, dass die Landwirtschaft natürliche Produkti- onszeiten beim Umsteuern einhalten muss und nicht auf Knopfdruck wie eine Fabrik- produktion umgelenkt werden kann. Auch binden uns die Vereinbarungen in der ge- meinsamen EU-Agrarpolitik. Dies müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern ehrlich sagen und nicht unerfüllbare Forderungen aufstellen. Die wie kein anderer Politikbe- reich in der EU geregelte Agrarpolitik kann nur – wie ein Tankschiff – langsam den Kurs ändern: Aber das Ziel wollen wir gemeinsam neu bestimmen. Bei dem anstehen- den Monitoring über die Folgen der AGENDA 2000 und der Neuausrichtung der ge- meinsamen EU-Agrarpolitik ab 2006 für ein größeres Europa werden wir uns engagiert beteiligen. So wünschenswert die ökologische Landwirtschaft als Leitidee für den Ag- rarbereich auch ist, so wenig hilfreich sind Prozentangaben als Zielvorstellungen. Vielmehr wollen wir die gesamte Landwirtschaft ökologisieren und Vorgaben an eine Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung, sozialer und umweltgerechter Ausrichtung stellen. Gräben zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft wollen wir -5-zuschütten und gemeinsam mit allen Betrieben in der Landwirtschaft zusammen arbei- ten.Allerdings müssen wir uns neu über regionale Kreisläufe und Wertschöpfungsketten in Schleswig-Holstein verständigen. Hier sind Ansätze wie das von unserer Fraktion seit längerem und nun auch von Ministerin Künast geplante Verbot von Lebend- Tiertransporten über vier Stunden der richtige Ansatz. Die bedrohende Situation in der Maul- und Klauenseuche zeigt uns deutlich die Gefahren, die aus einem unbegrenzten und teilweise unkontrollierten Transport über Ländergrenzen hinweg erwachsen kön- nen. Die MKS Viren kennen keine Ländergrenzen und lassen sich offensichtlich durch keine Sicherheitsmaßnahmen 100-prozentig fernhalten. Die Schäden, die durch die MKS entstehen können, sind noch gar nicht absehbar und können die Folgen von BSE noch übersteigen. Bisher sind wir in Schleswig-Holstein von der MKS-Seuche verschont geblieben, aber die brennenden Kadaverberge in England und Frankreich mahnen uns für die nächsten Jahre zur Vorsicht.