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Irene Fröhlich: CDU und FDP handeln in blinder Technikgläubigkeit verantwortungslos
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Zu TOP 3 – „Grüne" Gentechnik - Telefax: 0431/988-1501 erklärt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 Irene Fröhlich: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de Nr. 082.01 / 22.03.2001 CDU und F.D.P. handeln in blinder Technikgläubigkeit verantwortungslosDer Einsatz gentechnischer Methoden und Produkte in der Landwirtschaft muss insbe- sondere unter den Kriterien des Verbraucher- und Umweltschutzes betrachtet werden. Es ist nicht Aufgabe der Politik, neuen Produkten der Gentechnik bei der Markteinführung zu helfen, Frau Schmitz-Hübsch, auch wenn Sie sich selbst eher als Vertreterin solcher Pro- dukte denn als Volksvertreterin zu verstehen scheinen. Es ist auch nicht Aufgabe der Po- litik, den Nutzen gentechnischer Produkte in der Landwirtschaft nachzuweisen.Unsere Aufgabe ist es, zum Wohle der Allgemeinheit die Rahmenbedingungen für eine gefahrlose und umweltverträgliche Nutzung der Gentechnik festzulegen. Technikfolgen- abschätzung und Risikominimierung müssen dabei oberste Priorität genießen.Gentechnisch veränderte Pflanzen fragen für gewöhnlich nicht nach einem Visum, bevor sie die Grenzen passieren. Deshalb dürfen wir in Schleswig-Holstein oder der Bundesre- publik keine Alleingänge machen, sondern das Prinzip der Risikominimierung muss euro- paweit verfolgt werden.• Das erforderte eine Novelle der EU-Freisetzungsrichtlinie, wie sie vor einigen Wochen erfolgte.• Das erfordert eine fundierte Technikfolgenabschätzung wie das grenzüberschreitende Monitoring für freigesetzte gentechnisch veränderte Organismen, das zur Zeit als eu- ropäisches Projekt im schleswig-holsteinischen Umweltministerium erprobt wird.• Das erfordert aber auch eine parallele Entwicklung der nationalen und internationalen Kontrollbehörden, die dringend einen Katalog mit Ausschlusskriterien für die Freiset- zung von gentechnisch veränderten Organismen erarbeiten müssen. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse belegen, dass gerade der in unseren Breiten in- tensiv angebaute Raps auf Wildpflanzen auskreuzt und dass von gentechnisch verän- dertem Raps offenbar Genmaterial nicht nur auf benachbarte Rapsfelder und auf ver- wandte Wildpflanzen, sondern auch auf Bakterien und Hefen im Darm von Bienen ü- bertragen werden kann. Dies mahnt zur Vorsicht. Um so wichtiger ist es, dass die gentechnisch übertragenen Eigenschaften im Labor und vor der Freisetzung umfassend auf ihre Wechselwirkungen innerhalb der Pflanze und auf die in der Nahrungskette folgenden Organismen untersucht werden. Einmal in die Umwelt entlassene gentechnisch veränderte Pflanzen lassen sich nicht durch eine Rückrufaktion wieder einfangen, auch wenn sie nur von wissenschaftlichen Versuchs- flächen stammen sollten.Sowohl die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch die Pflanzenzüchter haben ein Sicherheitsinteresse im Umgang mit gentechnischen Produkten in der Landwirtschaft. Mal ganz abgesehen davon, dass nach wie vor eine Mehrheit der Menschen im Land keinen Bedarf für gentechnisch veränderte landwirtschaftliche Erzeugnisse sehen, gehören zur Befriedigung des Sicherheitsinteresses mehr als nur die vollmundigen Bekenntnisse der CDU zur „grünen“ Gentechnik. Eine eindeutige Kennzeichnungspflicht für gentechnische Erzeugnisse ist erforderlich, die sich an den derzeit empfindlichsten wissenschaftlichen Nachweismethoden orientiert.Eine klare Haftungsregelung im Schadensfall wie z. B. der Vermischung von Saatgut oder der Verbreitung von gentechnisch veränderte Organismen auf benachbarte Felder ist zwingend notwendig. Und auch eine europäische Regelung zum Export gentechnischer Produkte in Drittstaaten muss erst abgeschlossen werden, sonst bleiben die von der CDU so gerne angeführten Arbeitplätze in der Pflanzenzucht nichts als heiße Luft.Jedoch weder die Fragen der Rückverfolgbarkeit noch der Kennzeichnungspflicht, weder die Haftung für durch Freisetzungen verursachte Schäden noch Regelungen zum Export von gentechnisch veränderte Organismen an Drittländer sind bisher auf EU-Ebene hinrei- chend durch Gesetze geregelt worden. Solange dies nicht geschehen ist, ist es unver- antwortlich, das de-facto-Moratorium für Freisetzungen auf EU-Ebene zu durchbrechen und in Schleswig-Holstein weitere gentechnisch veränderte Organismen auf die Äcker zu bringen, auch zu Forschungszwecken.Wer ernsthaft anstrebt, dass die Nutzung der Gentechnik in der Landwirtschaft eine Zu- kunft haben soll, der muss auch bereit sein, die notwendige Zeit für ökologische Risiko- vorsorge und europaweite Richtlinienentwicklung einzuplanen. Diese Bereitschaft ver- misse ich bei der CDU und FDP. Wer jedoch in blinder Technikgläubigkeit den Herstel- lern von gentechnischen Produkten der Landwirtschaft das Wort redet, der handelt schlichtweg verantwortungslos. ***