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22.03.01 , 17:39 Uhr
SPD

Klaus-Dieter Müller zu TOP 17: Schaustellergewerbe fördern

Sozialdemokratischer Informationsbrief


Landtag Kiel, 22.03.2001
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Klaus-Dieter Müller zu TOP 17:

Schaustellergewerbe fördern

Die Sorge um unsere Volksfeste und die Sicherung des Markt- und Reisegewerbes in Deutschland hat schon den Deutschen Bundestag (Bundestagsdrucksache 14/3786) beschäftigt und ist heute Thema unserer Plenarsitzung. Warum?

Das Schaustellergewerbe und der Markthandel sind immer wieder unterschätzte Ge- werbe. Dies gilt sowohl für ihre Bedeutung für den Erhalt unserer Volksfeste als Kul- turgut und wichtigem Beitrag zum Städtetourismus als nachfragestärkstem Segment des Deutschlandtourismus, als auch für ihr volkswirtschaftliches Gewicht. Im Markt- und Reisegewerbe sind in Deutschland 1,2 Millionen Menschen in 320.000 Betrieben tätig. Allein 200 Schaustellerbetriebe haben in Schleswig-Holstein ihren Sitz, im Markt- handel sind es deutlich mehr.

Auch die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten von Schaustellerbetrieben werden allzu häufig unterschätzt. Ich habe viele Bilanzen von Unternehmen dieser Art in mei- ner Eigenschaft als Berater und Vorsitzender des Gewerbe- und Rechtsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Schausteller und Marktkaufleute (BSM) gesehen. Diese Funktion habe ich seit 10 Jahren inne. Ein Fahrgeschäft kostet nicht selten 4-8 Millionen DM und mehr. Schausteller müssen sich um jeden Standplatz zu jedem Markt neu bewerben. Hohe Investitionen bei unsicheren Einnahmeperspektiven kenn- zeichnen diese Branche. Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Zunehmend sehen sich die Schaustellerbetriebe zwei für sie bedrohlichen Entwicklun- gen gegenüber: In einer Zeit virtueller Welten verliert insbesondere das Volksfest auf dem Lande für jüngere Menschen immer mehr an Zugkraft. Sie sind Großevents ge- wohnt mit technologisch anspruchsvollen Fahrgeschäften, die gerade kleine Märkte nicht zu bieten haben. Zum anderen werden traditionelle Volksfeste und Jahrmärkte mehr und mehr privatisiert. Der damit verbundene Übergang vom Kostendeckungs- prinzip zum Prinzip der Gewinnmaximierung führt bei den Schaustellern zu enormen Kostensteigerungen, die nur teilweise über Preiserhöhungen aufgefangen werden können.

Sicher, wir alle in diesem Hause sind davon überzeugt, die Kommunen sollen sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Wenn aber Plätze meistbietend versteigert werden, wird der Kostendruck an die Betreiber weitergegeben. Nicht selten trauen sich seriös rechnende Unternehmer die Teilnahme an solchen Veranstaltungen nicht mehr zu und überlassen das Feld den gastronomischen Eintagsfliegen, von denen es gerade in der Branche leider mehr als genug gibt.

Darüber hinaus unterliegen die Schaustellerbetriebe einer Reihe nicht mehr aufrecht zu erhaltender Restriktionen und Behinderungen, die wir mit dem vorliegenden Antrag aufheben helfen wollen.

Im Mittelpunkt des Anliegens stehen zwei Forderungen:

- Während jeder Gastwirt nur ein einziges Mal eine Gaststättenerlaubnis benötigt, und wir wissen, wie wenig Sachkenntnis dafür dem Antragsteller abgefordert wird, muss der Schausteller nicht nur jedes Mal um seinen Standplatz kämpfen und eine Fülle von Überprüfungen auf jedem Markt über sich ergehen lassen, die in stationä- ren Gastwirtschaften nicht annähernd praktiziert werden, nein, sie müssen auch je- de Woche neu eine Gaststättenerlaubnis beantragen und bezahlen. Dies wider- spricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Im übrigen decken die so erzielten -3-



Einnahmen nur selten den Verwaltungsaufwand. Hier gilt es, durch eine klare Be- schlussfassung eine ungerechtfertigte Benachteiligung beseitigen zu helfen.

- Ein großes Problem für Schaustellerfamilien ist die Schulausbildung ihrer Kinder. Nicht selten besuchen Schülerinnen und Schüler aus Schaustellerfamilien 10 bis 20 verschiedene Schulen auf der Reise, wie die Saison genannt wird. Die Ergeb- nisse einer so strukturierten Schulausbildung können Sie sich vorstellen. Seit vielen Jahren versuchen die Schaustellerverbände qualifizierten Blockunterricht in den Wintermonaten durchzusetzen. Dankenswerterweise hat das Landesbildungsminis- terium erstmals im Februar dieses Jahres an der Theodor-Litt-Schule in Neumüns- ter den ersten Lehrgang organisiert. Der Antrag soll festlegen, dass dieser Weg ei- ner qualifizierten Berufsschulausbildung für Schaustellerkinder weiter gewährleistet ist.

Ich freue mich, dass dieses Haus auch in Zeiten rasanter technologischer Entwicklun- gen und Problemstellungen einem Gewerbezweig Aufmerksamkeit schenkt, der zu den traditionellen Berufszweigen gehört, deren ungebrochene Bedeutung für Gesell- schaft und Volkswirtschaft häufig unterschätzt werden.

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