Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

23.03.01 , 12:36 Uhr
FDP

Heiner Garg: "Alles Gute, Frau Warnicke"

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F.D.P. Fraktion im Nr. 111/2001 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Freitag, den 23.03. 2001 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Heiner Garg: „Alles Gute, Frau Warnicke“
In seinem Debattenbeitrag zu TOP 25 (6. Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig- Holstein), sagte der sozialpolitische Sprecher der F.D.P.- Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:



Presseinformation „Der sechste Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten macht wieder deutlich, dass die praktischen Auswirkungen von Gesetzen und Verordnungen nicht immer so sind, wie es sich der Gesetzgeber vorgestellt hat. Auch wir als maßgeblich Beteiligte am Gesetzgebungsverfahren tragen nicht immer dazu bei, dass Gesetze klar und nachvollziehbar ausgestalten sind.
Herr Hay, an Ihrem polemischen Zwischenruf anlässlich der Debatte zum fünften Tätigkeitsbericht ist ja durchaus etwas dran, „am besten gar keine Gesetze mehr zu machen“. Wir sollten die vorhandenen Gesetze und Verordnungen einmal gründlich durchforsten und ausmisten, um den Bürgern und den Anwendern in der Verwaltung einen besseren Durchblick zu verschaffen.
Die Materie, die geregelt werden muss, ist oftmals gerade im Bereich der sozialen Absicherung sehr komplex. Die Wunschvorstellung, alles, was in der Realität auch nur auf uns zukommen kann, gründlich regeln zu müssen, kann dann nur zu immer undurchsichtigeren Regelungen führen. Die Regelungsdetails überfordern dann nicht nur den einzelnen Bürger, sondern auch die Verwaltungen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter auf die Probleme eingehen, die beispielsweise bei der Umsetzung des neunten Sozialgesetzbuches auf uns zukommen werden.
Sicher ist nur: Die Durchsetzung der im Gesetz formulierten Ansprüche werden in der Praxis noch zu einigen Ungereimtheiten führen. Ein weniger kann in diesem Fall oft auch ein mehr bedeuten! 2 Sehr konsequent und bürgerfreundlich ist deshalb für mich, dass Hessen es geschafft hat, innerhalb der letzten zwei Jahre 39% seiner Verwaltungsvorschriften und 15% seiner Rechtsverordnungen außer Kraft zu setzen – Insoweit werte ich Ihren damaligen Zwischenruf, Herr Hay, als einen wichtigen Beitrag der SPD zum Abbau von Bürokratismus. Mal sehen, was daraus wird, Herr Hay! Insgesamt wurden in Hessen rund 3500 Regelungen gestrichen. Eine Lichtung dieses Dschungels würde auch Schleswig-Holstein ganz gut tun.
In dem sechsten Bericht der Bürgerbeauftragten wird ganz deutlich herausgestellt, dass oftmals gesetzliche Bestimmungen in der Praxis zu sozialen Ungerechtigkeiten führen können, wenn sie zwar getreu der Gesetzesbuchstaben umgesetzt, die eigentlichen Ziele des Gesetzes aber nicht erkannt werden.
Dass Sie, Frau Birk, darüber hinaus in zunehmender Tendenz das Schwinden der sozialen Gerechtigkeit in politischen Entscheidungen beklagen, gibt mir aber doch zu denken.
Ob das bei Ihrem Koalitionspartner auch so gesehen wird? In diesem Zusammenhang frage ich mich, Frau Birk, ob ein gemeinsames Bürgerbüro wirklich die richtige Lösung ist?
Es ist doch traurig, wenn es einer unabhängigen Institution bedarf, um der Landesregierung den Gedanken der sozialen Gerechtigkeit wieder nahe zu bringen. Es wird in dem vorliegenden Bericht wird ganz besonders deutlich, wie die Nähe zum Bürger durch niederschwellige Angebote gefunden werden kann.
Hier gebührt Frau Warnicke mein ganz besonderer Dank, dass sie durch großes Engagement und Ausdauer gezeigt hat, wie man als „Institution“ wieder bürgernah in Form von Sprechstunden, Dienstleistungsabenden, Außensprechtage arbeiten kann. Öffentliche Veranstaltungen und die Nutzung neuer Kommunikationsformen erleichtern darüber hinaus den Ratsuchenden den direkten Kontakt zu „seiner“ Bürgerbeauftragten. Von daher wäre es wünschenswert, wenn ein verbesserter Internetauftritt der Bürgerbeauftragten geschaffen würde. So gibt es zwar eine Internetseite der Bürgerbeauftragten, doch per e-mail ist sie nicht zu erreichen. Schon die Tatsache, dass die Internetseite schwierig zu finden ist, wäre für die Zukunft verbesserungswürdig.
Hier muss in Zukunft angesetzt werden: Dem Bürger muss es möglich sein, schnell und unkonventionell auch mit seiner Behörde in Kontakt treten zu können.
Liebe Frau Warnicke, ich kann mir gut vorstellen, dass die bürgernahe Arbeit nicht immer besonders „prickelnd“ war, insbesondere dann, wenn die Krankenkassen mal wieder ganz besonders – um es drastisch zu formulieren – „quergeschossen“ haben.
Es ist schon erstaunlich, wie Krankenkassen unter dem Deckmantel der Wirtschaftlichkeit den Gedanken an Menschwürde mit den Füßen treten, obwohl es sich hier um die eigenen Beitragszahler handelt: also diejenigen, die einen Anspruch auf eine solche Versicherungsleistung durch ihre Beiträge erworben haben! 3
Da wird einem Heimbewohner ein Rollstuhl verweigert. Die Begründung der Kasse lautet, dass der Versicherungsnehmer sowieso nicht mehr in der Lage sei, am täglichen Leben teilzunehmen.
Bei einer solchen zynischen Begründung kann ich nur noch provokant zurückfragen: Die Eskimos haben ihre Alten auf eine Eisscholle ausgesetzt, wenn sie den rauen Bedingungen des Alltags nicht mehr gewachsen waren – ist unser Handeln in diesen Fällen etwa humaner?
Der Pflege- und Betreuungsbedarf eines Menschen lässt sich schwer mittels Stoppuhr feststellen. Nach dem gesetzlichen Grundsatz, dass derjenige pflegebedürftig ist, „wer wegen einer körperlichen Krankheit für die gewöhnlichen Verrichtungen des täglichen Lebens auf Dauer der Hilfe bedarf“ sollte auch gehandelt werden.
So ist es völlig inakzeptabel, dass man die juristischen Abgrenzungsprobleme zwischen Leistungen des fünften Sozialgesetzbuches – also bei der häuslichen Krankenpflege – und dem elften Sozialgesetzbuch – also Pflegeversicherungen – auf dem Rücken der Patienten und Pflegebedürftigen austrägt. Die vertragswidrige und einseitige Absenkung der Pauschale für Leistungen in der häuslichen Krankenpflege durch die Krankenkassen ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Machtspielchen auf dem Rücken der Betroffenen ausgefochten werden.
Ob man das nun juristisch „Ermessensspielraum“ nennt oder aber untechnisch als „sensiblen Umgang mit Betroffenen“ bezeichnet, kann dann dahingestellt bleiben, wenn man immer wieder den Eindruck bekommt, dass soziale Hilfe gerade dann versagt wird, wenn sie besonders schnell und im Rahmen von Ermessensentscheidungen erbracht werden sollte.
Offene Regelungen bedürfen einer vertraglichen Grundlage mit den verschiedenen Institutionen. Es darf nicht passieren, dass offene Regelungen in einem kleinlichen „Hick-Hack“ auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden, wie dies beispielsweise bei der Kostentragung für die Fehlfahrten von Rettungsdiensten geschehen ist.
Liebe Frau Warnicke, dass über 82% der Rat- und Hilfesuchenden geholfen werden konnte, ist ein Beleg für die Qualität der Arbeit und ihr Engagement. Dafür möchte ich mich für die F.D.P.-Fraktion ganz herzlich bedanken. Meine Fraktion hat zwar nie ein Hehl daraus gemacht, dass wir uns eine andere Struktur der Beratung und Hilfe für die Bürger wünschen, doch ist dies keineswegs als eine Geringschätzung ihrer Arbeit zu sehen. Im Gegenteil, Sie haben gezeigt, dass durch niederschwellige Angebote der Bürger erreicht werden kann und die Meßlatte dafür angesetzt, wie eine künftige Institution – in welcher Form auch immer – zu arbeiten hat!
Für uns alle kann es letztlich nur darum gehen, dass Verwaltungshandeln so wenig wie möglich Anlass zu Beschwerden gibt. Nicht die jährlich steigende Anzahl von Eingaben ist der Beleg für eine bürgerfreundliche Politik, sondern genau das Gegenteil.
Frau Warnicke, im Namen der F.D.P.-Fraktion wünsche ich Ihnen für die Zukunft alles Gute.“

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen