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02.04.01 , 14:57 Uhr
SPD

Dr. Gabriele Kötschau: Ein Jahr Putin - live-Chat im Internet

Sozialdemokratischer Informationsbrief
Kiel, 02.04.2001, Nr.: 075/2001

Gabriele Kötschau:

Ein Jahr Putin – live-Chat im Internet

„Ein Jahr Putin: Der neue Mann im Kreml – eine feste Größe?“ ist der Titel einer öffent- lichen Internet-Konferenz am 4. April 2001, an der als Expertin auch die SPD- Landtagsabgeordnete Dr. Gabriele Kötschau teilnimmt. Der Chat zwischen Journalis- ten und Politikern findet auf Initiative der Aurora Medieninitiative und des Deutsch- Russischen Forums statt. Neben der Russland-Expertin Kötschau nehmen an der Dis- kussion die Journalisten Kai Ehlers (Publizist), Anne Gellinek (ZDF-Korrespondentin in Moskau), Gisbert Mrozek (Korrespondent der Berliner Zeitung in Moskau) und Markus Wehner (Korrespondent der FAZ in Moskau) teil. Zudem kann jede/r Interessierte am Mittwoch, dem 4. April, zwischen 15 und 17 Uhr, an der Internet-Konferenz teilnehmen und live Textbeiträge senden. Die Adresse ist www.asa.de/aurora/konf6 .

In dem Chat geht es um das Verhalten und die Wahrnehmung Russlands zum Westen hin, speziell nach Deutschland, aber auch um die Entwicklung in Russland selbst.

Gabriele Kötschau hat zu dem Thema folgende Einschätzung:

„Seit dem Zerfall der Sowjetunion machen alle neuen Staaten auf ihrem Gebiet einen gewaltigen Transformationsprozess durch. Auch die Russische Föderation hat diesen Prozess nicht abgeschlossen: ‚Früher hatten wir ein System; es war schlecht, aber wir hatten eines; heute haben wir keines’, sagte mir vor einigen Jahren ein junger Unter- nehmer aus Moskau.

Noch weit entfernt von einer wirtschaftlichen und innenpolitischen Konsolidierung Russlands, hat Putin seinen Bürgern doch eines wieder gegeben: ein neues Selbst- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



bewusstsein! Von Beginn seiner Präsidentschaft an gab er seinem Volk das Gefühl, einer Nation anzugehören, die sich nicht erpressen lässt, die eine Annäherung an die übrigen GUS-Staaten sucht sowie die Kontakte zu ihren traditionellen Partnern fort- setzt. Er sucht einen eigenen, einen russischen Weg, dessen Richtung bisher jedoch nicht deutlich erkennbar ist; doch eines scheint sicher: Es wird weder eine Rückkehr zur alten Sowjetunion geben noch eine schnelle Wandlung in ein Land westlicher Prä- gung.

Nach dem Motto ‚Alle Macht dem Kreml’ zentriert Putin die Macht wieder und führt die Föderalisierung Russlands und damit den Machtverfall des Moskauer Zentrums zu- rück. Dazu gehört, dass die Gouverneure und regionalen Eliten in ihrer Autonomie eingeschränkt werden. Diese Zentralisierung der Macht erschwert zunehmend die sich im europäischen Raum entwickelnde grenzüberschreitende regionale Kooperation un- ter Einbeziehung russischer Regionen. Das gilt vor allem für den Ostseeraum – hier gibt es die konkrete Chance, durch eine vernetzte Zusammenarbeit der EU- und der Beitrittsstaaten mit den russischen Ostseeanrainerregionen die Auswirkungen der EU- Osterweiterung auf das benachbarte Russland abzufedern: Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen.

Putin hält die ‚Privatisierung des Staates’ seitens einiger Finanz- und Wirtschaftsoli- garchen auf, die sich staatliche Machtbefugnisse aneigneten und sich ihre eigenen Gesetze schufen. Die Oligarchen werden aus dem Zentrum der Macht entfernt – je- denfalls jene Oligarchen, die sich nicht mit Reichtum begnügen, sondern Teilhabe an der Macht fordern. Inwieweit er sich auf Dauer gegen sie durchsetzen und eigene Un- abhängigkeit erreichen wird, bleibt abzuwarten.

Der Absicherung seiner Macht dienen Einschränkungen der Befugnisse weiterer Kon- trollinstrumente und Verfassungsorgane: - Die Medien – dies gilt in erster Linie für die elektronischen Medien – sollen wieder staatlicher Kontrolle unterworfen werden und entfallen so als ‚Kontrollinstanz’. -3-



- Auch das Kontrollorgan Duma, die Legislative, ist zu einem gehorsamen Instrument der Präsidialadministration geworden; der Föderationsrat – die zweite Kammer des Parlaments – ist zu einer Art Gesandtenkongress degradiert worden. - Die Bedeutung der politischen Parteien ist weiter rückläufig. Wie beliebig Parteien entstehen, war sichtbar geworden anhand der Gründung der Partei „Edinstwo“, die eigens gegründet worden war, um Putins Kandidatur zu unterstützen; sie tritt seit- her kaum noch in Erscheinung. Jene Gruppen und politischen Bewegungen, die sich 1999 anschickten, einen Machtwechsel gegen Jelzin herbeizuführen – wie „O- tetschestwo“ – sind marginalisiert. Das gleiche gilt für liberale und demokratische Kräfte, die zwar in der Duma vertreten sind, auf die politischen Richtungsentschei- dungen jedoch keinen Einfluss haben.

Bei aller Vorsicht im Umgang mit Russland sind wir gut beraten, Russland als Partner in Europa anzuerkennen und auf allen Ebenen eine engere Kooperation anzustreben. Nur so können wir zur Stabilisierung des Landes beitragen und damit zur Sicherheit in Europa – zumal Putin die Zusammenarbeit mit dem Westen sucht.“ (SIB)

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