Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Wolfgang Baasch zu TOP 10: Rechte und Pflichten von Arbeitslosten
Sozialdemokratischer InformationsbriefLandtag Kiel, 10.05.2001aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: RedebeginnWolfgang Baasch zu TOP 10:Rechte und Pflichten von ArbeitslosenMit der heutigen Debatte beteiligt sich der schleswig-holsteinische Landtag an einer Diskussion, die schwierig einzuordnen ist. Es ist eine Diskussion, bei der es um die Rechte und Pflichten von Arbeitslosen geht, in der aber leicht übersehen wird, dass wir in unserem Land noch nicht allen Arbeitssuchenden auch Arbeit, Erwerbsarbeit, anbie- ten. 3,8 Mio. registrierte Arbeitslose sind Menschen, die auf Arbeit warten, und die er- warten, dass ihr Recht, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu bestreiten, auch umgesetzt wird.Es ist festzuhalten, dass sich unsere Arbeitsgesellschaft im Umbruch befindet und dass die herkömmlichen Strukturen unserer Arbeits- und Sozialpolitik sich an neue Gegebenheiten anpassen müssen. Diese tiefgreifenden Veränderungen beziehen sich zum Beispiel auf die sich ändernde Verteilung von Berufs- und Familienpflichten zwi- schen Männern und Frauen, die wachsende Erwerbsbeteiligung von Frauen und die Veränderung im Bereich des familiären Zusammenlebens. Weiter wird der Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft oder Dienstleistungswirtschaft disku- tiert. Auch dies muss sich in unserer Arbeits- und Sozialpolitik widerspiegeln.Flexibilisierung, Globalisierung, Innovation sind Stichworte, die für eine weitere Verän- derung in unserer Arbeitsgesellschaft stehen. Die zunehmende Bedeutung von Quali- fikation und Wissen wie auch die Individualisierung erfordern von den Einzelnen eige- ne, individuelle Antworten. All dies macht deutlich: Unsere Arbeits- und Sozialpolitik ist Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-im Umbruch; die Zukunft von Erwerbsarbeit ist im Umbruch. Hier nun zu verlangen, dass die Arbeitslosen sich auf diese Bedingungen individuell einstellen, heißt, viele Menschen zu überfordern. Die Arbeit suchenden Menschen brauchen Unterstützung, sie brauchen Beratung und sie brauchen Qualifikation. Für diese Maßnahmen steht die Bundesanstalt für Arbeit, für diesen Weg stehen viele kommunale Beschäftigungsge- sellschaften, für diesen Weg stehen viele freie Träger, die den Menschen Unterstüt- zung und Hilfe in Form von Qualifikation und Ausbildung geben.Mit dem Programm ASH 2000 hat die schleswig-holsteinische Landesregierung ein er- folgreiches Modell fortgeschrieben und der heute notwendigen Förderung von erwerbslosen Menschen und Sozialhilfeberechtigten angepasst. In der Mehrzahl der Förderprogramme wird die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt großgeschrieben, aber Qualifikation und Heranführung an Arbeitsstrukturen, Stärkung von Selbstbe- wusstsein und Souveränität bleiben ebenso auf der Agenda, um die Einzelnen fit für den ersten Arbeitsmarkt bzw. fit für den Wettbewerb mit anderen um Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu machen. Der Antrag der Abgeordneten des SSW „Rechte und Pflichten von Arbeitslosen“ stellt, wie ich finde richtig, fest, dass die überwiegende Mehrzahl der Arbeitslosen ihre Situation verändern will und gewillt ist, sich den neuen Herausforderungen der Arbeitsgesellschaft anzupassen.Was ich natürlich auch richtig finde, ist noch einmal der Hinweis darauf, dass der ein- geschlagene Weg der Landesregierung der richtige Weg ist, eine aktive Arbeitsmarkt- politik zu betreiben, die dazu führt, Arbeitssuchende zu qualifizieren und über Arbeits- maßnahmen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.Zum zweiten Absatz des Antrages haben wir allerdings eine veränderte Formulierung vorgeschlagen: Eine Formulierung, die darauf beruht, dass das Sozialgesetzbuch III, das Arbeitsförderungsrecht, sich ebenfalls den beschriebenen Veränderungen der Ar- beitsgesellschaft anpassen muss. Mit unserer Änderung bzw. Präzisierung werden wir dem Antrag der Abgeordneten des SSW zustimmen. -3-Lassen Sie mich abschließend noch einmal in einigen Punkten festhalten, wohin sich die Diskussion um die Zukunft der Arbeit entwickeln muss. Eine Diskussion, die ich für viel sinnvoller halte als das Gerede darüber, ob der einzelne Arbeitssuchende Rechte oder Pflichten vernachlässigt. Für mich bleibt festzuhalten: Auch in Zukunft werden wir in einer Erwerbsgesellschaft leben, und die Einzelnen werden sich durch Erwerbsar- beit in dieser Gesellschaft wiederfinden. Die Erwerbsquote von Frauen wird steigen, ohne dass die Quote der Männer in Erwerbsarbeit abnehmen wird. Dies wird zu einer kontinuierlichen Umverteilung der Arbeit führen, zu einer Umverteilung von Männern zu Frauen. Ein Trend, in dem Deutschland viele andere Industrienationen, gerade auch die skandinavischen, weit voraus sind. Die durchschnittliche Wochen-Arbeitszeit wird sinken. Ohne jetzt über 35- oder 30-Stunden-Woche diskutieren zu wollen, ist eins deutlich: Teilzeitarbeit wird zunehmen, und damit wird in der Zukunft die durch- schnittliche Arbeitszeit der Erwerbstätigen zwangsläufig sinken. Das normale Er- werbsarbeitsverhältnis wird auch weiterhin bestehen, aber Selbständigkeit und Teil- zeitbeschäftigung werden zunehmen und in einem weitaus größeren Umfang als bis- her auch ihren Platz in unseren sozialen Sicherungssystemen finden müssen.Allerdings werden auch neue Risiken die Zukunft der Erwerbsarbeit mitbestimmen. Ri- siken wie z. B. eine hohe Abhängigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Entscheidungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber etwa in gewerkschafts- oder mitbestimmungsfreien Zonen. Um so wichtiger ist in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Entwicklung hin zu einem neuen Betriebsverfassungsgesetz.Kurz zusammengefasst bedeutet das für mich: Rechte und Pflichten von Arbeitssu- chenden einzufordern, heißt, auch als Staat und Gesetzgeber Verantwortung zu über- nehmen. Verantwortung zu übernehmen, damit Arbeitslosigkeit abgebaut wird, damit ein Bündnis für Arbeit, für die Entwicklung neuer Arbeit, neuer Tarifstrukturen erfolg- reich arbeiten kann. Solche Erfolge sind das Sofortprogramm zum Abbau der Jugend- arbeitslosigkeit; Programme, mit denen bestimmten gesellschaftlichen Gruppen gehol- fen und Unterstützung zugesagt wird. Der Kündigungsschutz muss auch in kleinen Be- trieben erhalten bleiben, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall muss erhalten bleiben, das -4-Schlechtwettergeld für Bauarbeiter muss weiter bestehen, illegale Beschäftigung muss schärfer und strenger kontrolliert werden, der Missbrauch von geringfügigen Beschäf- tigungsverhältnissen muss ausgeschlossen werden und auch Schwerbehinderte müs- sen, wie zum Beispiel durch das neue SGB IX, die Möglichkeit haben, ihren Platz in der Arbeitgesellschaft zu finden.All dies macht deutlich: Es gibt nicht nur Rechte und Pflichten von Arbeitssuchenden, sondern es geht um einen gesellschaftlichen Prozess, der Erwerbsarbeit auf möglichst viele Schultern verteilt. Die Bundesregierung wie auch die schleswig-holsteinische Landesregierung leisten dazu einen hervorragenden Beitrag, und insofern empfinden wir die heutige Diskussion als Unterstützung unserer bisherigen erfolgreichen Politik.