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10.05.01 , 12:52 Uhr
SPD

Günter Neugebauer zu TOP 18: Eine Reform der Erbschaftssteuer ist notwendig

Sozialdemokratischer Informationsbrief


Landtag Kiel, 10.05.2001
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Günter Neugebauer zu TOP 18:

Eine Reform der Erbschaftssteuer ist notwendig

Auch uns in der SPD-Landtagsfraktion ist die Zurückhaltung des Bundeskanzlers und anderer Ministerpräsidenten bei der Reform der Erbschaftssteuer nicht entgangen. Ich halte diese Verzagtheit für einen politischen Fehler. Er ist auch vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts und der Beschlüsse des Bundesparteitags der SPD unverständlich. Deshalb unterstützen wir weiterhin die Bundesratsinitiative der Landesregierung.

Trotz der unsachlichen Kritik der CDU bleiben die Fakten unstrittig: Eine Reform der Erbschaftssteuer dient der Steuergerechtigkeit, Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, Sicherung von Steuereinnahmen und damit staatlichem Handeln.

Und außerhalb des Protokolls füge ich hinzu: Eine Reform setzt auch Beschlüsse der SPD auf Bundes- und Landesebene um.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1995 zu Recht die Verfassungswidrigkeit der un- terschiedlichen Bewertung von Immobilienbesitz mit den Einheitswerten und dem sonstigen Vermögen mit den Verkehrswerten festgestellt. Es hat deshalb zurecht den Gesetzgeber zur Korrektur aufgefordert. Und der Gesetzgeber muss bis Ende dieses Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Jahres handeln, wenn er nicht ab 2002 auf bedeutende Steuereinnahmen bei der Erb- schafts- und Schenkungssteuer verzichten will. Zur Erinnerung: Allein in diesem Jahr erwarten wir in Schleswig-Holstein 184 Mio. DM aus der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen.

Bei einem Wegfall ist nicht nur die finanzielle Gestaltungsfähigkeit der Länder gefähr- det, denen diese Steuern zustehen. Es geht um die Frage, wie ernst wir es mit dem Auftrag der Verfassung nehmen, die Steuern entsprechend der jeweiligen Leistungs- fähigkeit der Steuerzahler zu erheben. Die Steuergerechtigkeit steht auf dem Spiel und damit ein Eckstein des sozialen Rechtsstaats.

Der jüngst von der Bundesregierung vorgelegte Armuts- und Reichtumsbericht hat verdeutlicht, welches Ausmaß die ungerechte Verteilung von Vermögen in der Zeit der CDU/F.D.P.-Koalition genommen hat. 42 % des privaten Vermögens sind im Westen Deutschlands auf 10 % der reichsten Haushalte konzentriert. Diese Vermögensschere würde weiter geöffnet werden, wenn das Bewertungsgesetz nicht reformiert, wenn das Erbschaftssteuergesetz nicht geändert und das Immobilienvermögen mit aktuelleren Verkehrswerten erfasst werden würde.

Ihnen ist bekannt, dass derzeit die seit 1996 im Ertragswertverfahren ermittelten Grundstückswerte im Durchschnitt nur 51 % der Verkehrswerte erreichen, während unbebaute Grundstücke mit rund 72 % bewertet werden. Diese Ungleichbehandlung innerhalb des Grundvermögens ist ungerechtfertigt und im Verhältnis zum sonstigen Vermögen wie z.B. Kapitalvermögen verfassungswidrig. In der Initiative der Landesre- gierung geht es zu Recht darum, dass Grundstücke künftig zum Besteuerungszeit- punkt mit aktuellen Wertverhältnissen bewertet werden. Es gibt in der seriösen Steuer- rechtsliteratur niemanden, der diese Notwendigkeit in Frage stellt. Und es dürfte auch niemanden geben, der nach dem Prinzip der Steuerpflicht gemäß der steuerlichen Leistungsfähigkeit die Abschöpfung leistungsloser Gewinne in Frage stellt, die durch glückliche Erbschaften oder Schenkungen entstehen. -3-



Zurecht kommentierte die Frankfurter Rundschau am Dienstag dieser Woche die Zu- rückhaltung des Kanzlers mit den Worten: „Bei Erbschaften handelt es sich um Ein- kommen, denen keine Leistung der Erben gegenüber steht. Verglichen mit dem kraft- vollen Zugriff des Fiskus auf Löhne und Gewinne, wirkt die niedrige Besteuerung von Erbschaften grotesk.“

Erarbeitetes und versteuertes Vermögen kann nicht für die nachfolgenden Generatio- nen steuerfrei sein. Die Erbschaftssteuer ist nicht eine Steuer des Erblassers, sondern des Erben.

Die Kampagne der CDU und – das füge ich absichtsvoll hinzu – die Verzagtheit des Bundeskanzlers sind unbegründet. Sie wissen, dass „Oma ihr klein Häuschen....“ nicht in Gefahr ist. Die FAZ schrieb am 29.03. dieses Jahres: „Wer heimlich darauf hofft, im Testament mit Omas Häuschen bedacht zu werden, braucht sich vor der Gesetzesini- tiative nicht zu fürchten. Die allermeisten Immobilien können auch weiterhin ohne Steuer an Ehegatten, Kinder und Enkel weitergereicht werden.“

Die von der Opposition kritisierte Reform ist doch in Wirklichkeit nur ein Reförmchen. Ich wage sogar zu bezweifeln, ob die vorgesehene Bewertung des bebauten und un- bebauten Grundbesitzes mit nur 72 % des Verkehrswertes den Auflagen des Bundes- verfassungsgerichts über die gleichwertige Erfassung von Vermögen gerecht wird.

Ich bedauere, dass – wie zu hören ist – der Bundeskanzler und auch einige Minister- präsidenten nicht mehr Mut haben, nicht einmal diesen bescheidenen Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit zu leisten.

Ich schließe mit einigen Sätzen, die William Gates, Vater des wohl reichsten Mannes der Welt, Bill Gates, zusammen mit 500 weiteren Multimillionären in den USA letztes Jahr dem Präsidenten Bill Clinton geschrieben hat, weil der einen Antrag der Republi- kaner zur Abschaffung der Erbschaftssteuer auf dem Tisch liegen hatte. Gates warnt u.a. vor einer neuen Aristokratie des Reichtums in den USA, weil sich – ähnlich wie bei -4-



uns – in den letzten 20 Jahren der Anteil des privaten Vermögens, den die Reichsten besitzen, auf 40 % verdoppelt hat. Und er stellt fest: „Niemand aber sollte per Geburt an der Startlinie ein paar hundert Meter Vorsprung haben.“

In diesem Sinne, aber auch im Interesse der öffentlichen Finanzen und unter Berufung auf die Auflagen des Verfassungsgerichts erwarten wir von unserer Landesregierung, dass sie trotz aller Bedenken des Bundeskanzlers an ihrer Bundesratsinitiative fest- hält.

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